Essen. Essen vor 40 Jahren: Immer wieder werfen Besucher Münzen ins Seehundbecken. Bei einem verendeten Tier findet sich unfassbar hohe Zahl im Magen.

Trauer um „Kessy“: Das Seehundweibchen, das im Grugapark zu Hause war, verendet vor 40 Jahren an den vielen Metallgegenständen in ihrem Magen, die unvernünftige Parkbesucher in das Becken geworden hatten.

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Dabei ist der Aufwand zu ihrer Rettung denkbar groß: Zwei Humanmediziner und ein Tierarzt versuchen unter großer Anteilnahme vieler Tier- und Grugapark-Freunde in einer Rüttenscheider Tierklinik, Kessy zu retten, doch am Ende bleiben alle ärztlichen Bemühungen vergeblich.

Seehunde im Essener Grugapark schlucken Gegenstände und verenden dann qualvoll

Das Seehundbecken im Grugapark ist eine Massenattraktion, doch die possierlichen Tiere müssen den Andrang oft mit ihrem Leben bezahlen. Denn immer wieder können es Menschen nicht lassen, Geldmünzen, Kronkorken, Plastiktüten und vieles andere ins Becken zu werfen. Die Tiere schlucken die Gegenstände und verenden dann irgendwann qualvoll, wenn ihr Verdauungssystem kollabiert.

Seehunde im Grugapark bei der Fütterung durch einen Tierpfleger.
Seehunde im Grugapark bei der Fütterung durch einen Tierpfleger. © Stadt Essen

Kessy ist bereits der achte Seehund des Grugaparks mit diesem Schicksal. Bei Seehund Biggy fand man sage und schreibe 137 Münzen im Magen, bei Charly und Sissi gab der Verdauungstrakt nach ihrem Tod Handschuhe, Ohrclips und Tüten frei. Alle Bemühungen des Pflegepersonals sowie Hinweisschilder „Bitte nichts ins Becken werfen, wir füttern selbst“ nützten nichts. Nach Kessys Verenden schwimmt im Becken nur noch Seehundmännchen Robby, „der sichtlich ratlos seiner Gefährtin nachtrauerte“, schreibt gefühlvoll Felicitas Kapteina, damals Reporterin dieser Zeitung.

Auch Virus-Erkrankungen machten den Robben zu schaffen

Zwischen 1971 und 1974 hatte es zudem Viruserkrankungen gegeben, die insgesamt fünf Seehunde dahin rafften. Offenbar waren auch dafür Besucher verantwortlich, da sie die Robben angesteckt hatten. „Es kann sein, dass Viren, an denen Menschen nicht erkranken, für die Tiere tödlich sind“, so Paul Stötzel, der damalige Chef des Botanischen Gartens. Trotz sofortiger Behandlung mit Penizillin waren die kranken Tiere nicht zu retten, neue wollte Stötzel eigentlich nicht mehr anschaffen.

So einfach ließ sich das aber nicht machen. Schon seit dem Jahr 1957 gab es Seehunde im Grugapark, wegen ihres putzigen Aussehens und ihrer Verspieltheit waren sie immer Lieblinge der Parkbesucher. Folglich fiel es nicht leicht, diese Tradition aufzugeben.

Stadt erwägt zunächst Zäune und Glasscheiben, um die Tiere besser zu schützen

Doch Kessys Tod ändert nun alles, zumal die Sensibilität für den Tierschutz größer wurde. Der zuständige Grugapark-Dezernent Karl Gabriel erwägt Zäune und Glaswände, um die Seehunde vor den Münz- und Müllwürfen zu schützen, aber auch um unabsichtliche Verluste von Gegenständen zu verhindern. Denn gerade Kinder beugen sich gerne weit über die niedrige Brüstung, um die Seehunde besser sehen zu können. Doch werden die Erfolgsaussichten dieser baulichen Maßnahmen als zu gering eingeschätzt.

Schließlich fällt die Entscheidung, das Becken zu schließen, zumal Gabriel ohnehin einen großen Umbau des Grugaparks mit vielen Abrissen plant. Noch im Jahr 1983 ist dann Schluss. Vor allem die Essener Kinder vermissen aber noch lange das Seehundbecken, das sich an der Stelle befand, wo heute der rechte Teil der Orangerie ist, bis heute gibt es gelegentlich wehmütige Erinnerungen. Für die Tiere allerdings dürfte es die richtige Entscheidung gewesen sein.

  • Alles Wissenswerte zum Grugapark finden Sie hier.

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