Essen. Essens Innenstadt wird einem großangelegten Frühjahrsputz unterzogen. Damit reagiert die Stadtverwaltung auf harsche Kritik an deren Sauberkeit.
Man traut seinen Augen kaum: So sauber wie jetzt ist es in der Essener Innenstadt schon lange nicht mehr gewesen. Die neue Reinlichkeit kommt nicht von ungefähr. Seit einigen Tagen läuft der Frühjahrsputz in der City: Reinigungstrupps sind unterwegs, Hochdruckreiniger rauschen über verdreckte Flächen, Dreckecken werden wieder vorzeigbar gemacht. Der Stadtkern soll schließlich „auf Hochglanz“ gebracht werden, wie die Verwaltung jüngst ankündigte.
Allem Anschein nach gibt man sich tatsächlich viel Mühe. Schmier in den Ecken, Taubenkot auf Bänken, mit Aufklebern versehene Werbetafeln, mit Kippenstummeln gefülltes Kopfsteinpflaster: All diesen ekligen Dingen wird der Kampf angesagt.
Saubere Essener Innenstadt ist eine Sisyphusarbeit
Offensichtlich hat die Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger Eindruck bei den Verantwortlichen im Rathaus hinterlassen. Auch eine Umfrage unserer Redaktion hatte im vergangenen Jahr aufgezeigt: Die Essener sind ungern in ihrer Innenstadt. Vor allem die Aufenthaltsqualität wurde bemängelt. Dazu zählt zweifelsohne die Sauberkeit. In dieser Kategorie gaben rund 10.000 Menschen der Innenstadt nur die Note 4,4 – ausreichend mit Tendenz zu mangelhaft. Bei der Debattenreihe im FUNKE Media Office zur Essener Innenstadt wurde Oberbürgermeister Thomas Kufen mit der Forderung konfrontiert, doch die Innenstadt einmal gründlich zu „kärchern“ – und der OB kündigte diese wenig später tatsächlich an.
Bleibt zu hoffen, dass die saubere Innenstadt keine Momentaufnahme bleibt. Das weiß auch der OB. Beim Ortstermin in der Innenstadt sagt Kufen am Donnerstagvormittag: „Man muss da dranbleiben.“ Die Innenstadt sauber zu halten, das ist tatsächlich eine Sisyphusarbeit. Das zeigt sich bereits während des laufenden Frühjahrsputzes.
Beispiel Mülltonnen: Diese waren etwa auf der oberen Kettwiger Straße mitunter in einem erbärmlichen Zustand. Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe (EBE) haben sie kürzlich gereinigt. Lange hielt der Tipptopp-Zustand nicht. In einer Guerilla-Aktion haben Aktivisten der sogenannten „Letzten Generation“ nur kurz darauf DIN-A 4-große Plakate auf die Eimer geklebt; im zufällig gleichen Orange, wie die Jacke, die Karsten Woidtke am Donnerstagvormittag trägt. Während er eines der Plakate abzieht, zusammenknüllt und in die Tonne wirft, sagt der EBE-Geschäftsführer: „Mit dem neuen Grafitti-Schutz geht so etwas gut ab.“
U-Bahn-Zugang ist nicht wiederzuerkennen
Apropos Graffiti-Schutz: Dieser wird nicht nur auf Mülltonnen, sondern auch auf Stromkästen und anderen Flächen aufgetragen. Nicht wiederzuerkennen ist jetzt der Zugang zur U-Bahn direkt neben dem Handelshof. Dieser war derart durch Schmierfinken verunstaltet worden, dass die eigentlich graue Wand nicht zu erkennen war. Das ist mit dem Frühjahrsputz passé. Die Wand hinter der Marktkirche ist zuletzt ebenfalls ein optisches Ärgernis gewesen. Damit ist auch Schluss. Ein Mitarbeiter der RGE Servicegesellschaft befreit unter ohrenbetäubendem Lärm die Wand am Donnerstagvormittag von Graffiti. Eine sogenannte „Niederdruckstrahlanlage“ – ein großer Hochdruckreiniger – fegt die Farbreste von der Mauer.
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Einsätze wie diese erfolgten übrigens regelmäßig im ganzen Stadtgebiet, berichtet Marcel Meißner von der RGE. Täglich sei er mit Birgit Papenstein von der Stadt in Essen dazu im Austausch. Diese ist bei der Verwaltung mit „besonderen Aufgaben zur Sauberkeit“ betraut. Zusammen mit Meißner priorisiert sie Einsätze der vor einem Jahr gegründeten „Task-Force“ in Sachen Graffiti. „Radikale, sexistische und rassistische Dinge müssen sofort weg“, sagt Birgit Papenstein.
Bänke voller Taubenkot: „Auf sowas setzt sich doch keiner“
Papenstein führt am Donnerstag durch die Innenstadt, um zu präsentieren, was noch so angegangen wird: Am Kardinal-Hengsbach-Platz etwa werden Bodenplatten erneuert, die Gedenkstätte „Schwarze Poth 13“ mit Hochdruck von Dreck befreit (Bleche gegen Tauben sollen folgen), Blumenbeete an der Kettwiger Straße gesäubert und instandgesetzt. Selbst auf den Bänken kann man wieder Platz nehmen! Das bemerkt auch OB Kufen, der sich ein kleines Päuschen auf einer Bank gegenüber des Burgplatzes gönnt. Üblicherweise sind die Sitzgelegenheiten dort voller Taubenkot – was auch an deren Platzierung direkt unter den Kronen der Platanen liegen dürfte. Kufen über dreckige Bänke: „Auf sowas setzt sich doch keiner.“
Doch wie will man nun dafür sorgen, dass die Innenstadt nicht bald wieder komplett versifft ist? „Wir brauchen ein Konzept für Nachhaltigkeit“, sagt der OB zu Birgit Papenstein. Die hat den Auftrag vernommen. Der OB könnte sich vorstellen, dass es jährlich nicht beim Frühjahrsputz bleibt, sondern es bis zu vier solcher Großreinemachaktionen geben könne. Praktikerin Papenstein will lieber intensiver regelmäßig für Sauberkeit sorgen. „Es muss sich verstetigen“, sagt sie.
Man darf gespannt sein, wie lange die Innenstadt noch so glänzt wie im Moment.
>>> INFO: Obere Limbecker Straße ein Problem
- Etliche Hausfassaden sind auch jetzt noch mit Farbe beschmiert und mit Aufklebern verunstaltet, zum Beispiel an der oberen Limbecker Straße. Die Immobilienbesitzer müssen auch mitmachen, heißt es von den Verantwortlichen am Donnerstag immer wieder.
- Positivbeispiele gebe es aber. So habe ein Ladenmieter jüngst Blumenkästen vor seinem Geschäft installiert – der dafür sogar Fördermittel abrufen konnte, berichtet Birgit Papenstein.
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