Essen-Haarzopf. Gnadenbrot für Legehennen: Nicole Urbantat aus Essen rettet aussortierte Nutztiere vor dem Schlachter. Wie sie sich um die Hühner kümmert.

  • Osterzeit ist Eierzeit: Tierschützer haben dabei auch das Schicksal von Legehennen im Blick.
  • Ein 2020 gegründeter Verein rettet Hühner vor dem Schlachter und vermittelt sie an Tierfreunde.
  • Auch eine Essenerin engagiert sich dort.

Bunt gefärbte Eier gehören für viele Menschen zum Osterfest dazu. Doch was passiert mit den Hennen, wenn sie zur gewerblichen Eierproduktion nicht mehr gebraucht werden? Seit 2020 kümmert sich der Verein Hühnerrettung NRW um Legehennen, die von Landwirten aussortiert und eigentlich zur Schlachtung bestimmt sind. Warum sich die Essenerin Nicole Urbantat für den Verein engagiert.

Die Vereinsmitglieder haben es sich zur Aufgabe gemacht, wenigstens einige der Tiere zu retten, ihnen noch eine schöne Zeit zu bieten und gleichzeitig für das Thema Tierleid zu sensibilisieren. Die Verteilung der geretteten Hühner in Essen erfolgt über Nicole Urbantat, die einen alten Kotten an der Stadtgrenze Essen-Haarzopf/Mülheim bewohnt.

Von Essen aus werden ehemalige Legehennen zu Tierfreunden vermittelt

Die Arbeit des noch jungen Vereins sei sehr gut angelaufen. Nicole Urbantat hat ihr Herz für Hühner schon früh entdeckt, doch seit der Coronapandemie hat ihr Engagement eine neue Dimension angenommen. „Hühner haben durchaus Haustier-Qualitäten, sind lustig und werden schnell zahm.“ Die 53-Jährige ist von Beruf Tanzpädagogin. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für den Tierschutz und kümmert sich dabei besonders um das Schicksal der Nutztiere, hat nach eigenen Angaben diverse Tiertransporte begleitet.

Diese Gruppe von Hühnern hat ein neues Zuhause mit viel Auslauf gefunden.
Diese Gruppe von Hühnern hat ein neues Zuhause mit viel Auslauf gefunden. © Urbantat

Jetzt lebt sie mit Schafen, Hühnern, Puten und Kleintieren in einem alten Kotten. Von dort aus werden die geretteten Hühner verteilt. Die nächste Aktion ist für Samstag, 22. April, geplant. Dann können die sogenannten Adoptoren, Familien oder Einzelpersonen, die den Hennen ein neues Zuhause bieten wollen, die Tiere in entsprechenden Transportboxen mitnehmen – gegen eine freiwillige Spende an den Verein.

„Hühner kann man durchaus in der Stadt halten. Aber zehn Quadratmeter Garten pro Huhn sollte man schon rechnen. Als Mieter sollte man sich mit dem Vermieter absprechen und ansonsten vielleicht den Kontakt zu den Nachbarn suchen. Aber die lassen sich meist durch ein paar Eier positiv stimmen“, hat Nicole Urbantat Tipps für Hühnerfreunde parat. Wer Hühner halten wolle, müsse das zudem bei der Tierseuchenkasse und dem örtlichen Veterinäramt anmelden.

So sah Huhn Urmel bei der Ankunft im neuen Zuhause aus . . .
So sah Huhn Urmel bei der Ankunft im neuen Zuhause aus . . . © Urbantat

„Man kann das Gnadenbrot oder auch Seniorenresidenz nennen“, sagt Nicole Urbantat und lacht. Bisher sei man mit den Erfolgen zufrieden. Der Verein agiere an mehreren Orten in NRW und rette jedes Jahr über 2000 Hühner, schätzt die Tierschützerin. Das sei angesichts von rund 45 Millionen Legehennen in Deutschland nicht viel, aber immerhin ein Anfang.

Schutzvertrag verbietet die Schlachtung

An mehreren Terminen im Jahr rette man jeweils Hunderte von Hühnern und gebe sie an Menschen weiter, die sich vorher beworben hätten. Die Tierfreunde müssten dokumentieren, wo sie die Hühner halten können und einen Schutzvertrag unterschreiben, dass sie sie nicht schlachten. „Wir wollen ja nicht, dass die Hennen vom Regen in die Traufe kommen“,sagt Nicole Urbantat. Immer mehr Menschen wollten ein paar Hühner halten, ihnen ein schönes Leben ermöglichen und die Eier selbst nutzen, beobachtet die Tierschützerin.

Viele Landwirte stünden unter Preisdruck, wollten oft ihre Legehennen schon nach einem bis anderthalb Jahren loswerden, wenn sie zum Beispiel in der Mauser gerade keine Eier legten. Dann würden sie in der Regel geschlachtet – aber nicht, um verzehrt zu werden, so Nicole Urbantat. „Die sind ausgelaugt und haben wenig Fleisch, landen höchstens in der Suppe. Es sind ja Legehennen und keine Masthühner, die genetisch so verändert sind, dass sie mehr Fleisch haben“, sagt Nicole Urbantat.

Der Verein arbeitet mit Landwirten in der Umgebung zusammen

Für die Landwirte, die mit dem Verein Hühnerrettung zusammenarbeiten, sei es in der Regel kein finanzieller Verlust. „Die müssen sogar oft noch draufzahlen, wenn die Tiere zum Schlachter transportiert werden“, so das Vorstandsmitglied. Allenfalls bei kleineren Betrieben, die Eier und Fleisch direkt vermarkteten, sei das anders. Längst nicht alle Betriebe arbeiteten mit dem Verein zusammen. „Einige stehen uns Tierschützern sehr kritisch gegenüber“, weiß Nicole Urbantat.

. . .  und so nach dem Aufpäppeln.
. . . und so nach dem Aufpäppeln. © Urbantat

Sie bezeichnet sich selbst als „Fast-Veganerin“: „Ich esse kein Fleisch, aber die Eier meiner Hühner“, sagt sie. Den österlichen Eier-Hype sieht sie mit sehr gemischten Gefühlen. Die Herkunft der vielen bunt bemalten Eier im Handel sei oft nicht eindeutig nachzuvollziehen. „Und Bodenhaltung ist manchmal auch nicht viel besser als Käfighaltung. Oft sehen die Tiere nie Tageslicht, können nicht scharren“, kritisiert die Tierschützerin.

Um so glücklicher seien die Hühner nach der Rettung, wenn sie draußen auf der Wiese zum ersten Mal Sonnenlicht und Sandbäder genießen könnten. „Die leben oft richtig auf und wissen genau, was gut für sie ist, auch wenn sie das nie zuvor erlebt haben. Und das wiederum wärmt die Herzen der neuen Besitzer, so dass es für alle ein Gewinn ist“, weiß die 53-Jährige aus Erfahrung.

Während Hühner eigentlich eine Lebenserwartung von bis zu 15 Jahren hätten, würden die geretteten Legehennen meist nur bis zu drei Jahre alt. „Die hatten halt keinen guten Start ins Leben.“ Bei guter Pflege erholten sie sich in der Regel schnell, doch die Lebenserwartung bleibe vergleichsweise gering.

Auch Patenschaften für Tiere sind möglich

Wer kein Tier aufnehmen kann oder möchte, sich aber trotzdem engagieren will, kann entweder förderndes Mitglied werden oder eine Patenschaft für Hühner übernehmen. Sie kostet ab fünf Euro im Monat. Die Paten erhalten Bilder und Informationen über „ihr“ Tier. Auch Patenschaften für Puten und Gänse sind möglich.

Der Verein Hühnerrettung sucht noch Tierfreundinnen und -freunde, auch zum 22. April, die Tiere aufnehmen wollen. Sie können sich über die Homepage www.huehnerrettung.de informieren oder per E-Mail melden: