Essen. Das Gefühl täuscht nicht: Essen hat einen der nassesten März-Monate überhaupt erlebt. So ordnet ein Diplom-Meteorologe die Wassermassen ein.

Dauerregen, starke Gewitter, kaum Sonnenschein: Die letzten Wochen sind in Essen wahrlich nichts für Sonnenanbeter gewesen. Im Gegenteil. Regelmäßig warnte die Nina-App vor Blitz und Donner, dunkle Wolkentürme ragten in den Himmel. Es scheint: So viel Regen wie in den vergangenen Wochen gen Erde niederprasselte, gab es selten.

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Und das subjektive Gefühl vieler Essenerinnen und Essener täuscht nicht. „Der März war absolut nass, sehr nass. Einer der nassesten Märzmonate“, macht Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) klar. Der Diplom-Meteorologe geht sogar soweit zu sagen, dass es „mit der nasseste März seit 90 Jahren“ war, der nun hinter uns liegt. Ähnlich hohe Niederschlagsmengen habe es im Vergleichszeitraum nur im Jahr 1988 gegeben. Damals waren 157 mm verzeichnet worden. „Der März 2023 wird mit rund 160 mm Niederschlag an der DWD-Station in Essen-Bredeney in die Klimastatistik eingehen“, so Kesseler-Lauterkorn, der auch stellvertretender Leiter des Regionalen Klimabüros in Essen ist.

Nassester März seit 90 Jahren? Am 1. April weiß es der DWD genau

Der genaue Wert wird erst am Samstagmorgen, 1. April, feststehen, doch viel spricht dafür, dass der bisherige Rekord von 1988 gebrochen wird. Schließlich regnete es auch am Freitag aus dem wolkenverhangenen Himmel in Strömen.

Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD): „Der März war absolut nass, sehr nass. Einer der nassesten Märzmonate.“
Thomas Kesseler-Lauterkorn vom Deutschen Wetterdienst (DWD): „Der März war absolut nass, sehr nass. Einer der nassesten Märzmonate.“ © FUNKE Foto Services | Thomas Goedde

Wie muss man sich die Menge von 160 mm vorstellen? Diese Angabe bedeutet nichts anderes, als dass es pro Quadratmeter im letzten Monat 160 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gegeben hat. Um es noch anschaulicher zumachen: Das sind 160 1-Liter-Flaschen Wasser auf einem Quadratmeter. Versuchen Sie die mal, auf einer so kleinen Fläche zu stapeln...

Die 160 mm Niederschlag sind nicht normal. „Normal“, so Kesseler-Lauterkorn, seien im langjährigen Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020) an der Messstation in Bredeney im März knapp 66 mm: „Damit gab es in diesem März mehr als doppelt so viel Niederschlag wie im Schnitt.“ Und nicht nur der März war nass. Durchschnittlich fallen nach Angaben des Meteorologen im ersten Quartal rund 220 mm Niederschlag. „In diesem Jahr waren es bereits über 330 mm.“ Kein Wunder, dass in den letzten Wochen auch kaum die Sonne geschienen hat. „Der Sonnenschein war unterirdisch“, so Kesseler-Lauterkorn.

Ist der Klimawandel also nur ein Hirngespinst?

Immer wieder hört man in Anbetracht von großen Niederschlagsmengen und wenigen Sonnenstunden von einigen: Was ist denn mit dem Klimawandel? Ist der doch nur ein Hirngespinst? Schließlich regnet es doch – und das in rauen Mengen. Mitnichten heißt es dazu auf Nachfrage von Kesseler-Lauterkorn. Wetter, respektive Witterung sei ein Einzelereignis, sagt er. Da können sogar auch mal hohe Jahresniederschlagswerte verzeichnet werden. Das Klima sei über einen sehr viel größeren Zeitraum zu beobachten, wenn man Rückschlüsse auf dessen Wandel ziehen wolle. Da fällt auch dieser „absolut nasse März“ nicht so sehr ins Gewicht, so der Diplom-Meteorologe.

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Anders argumentiert er im Fall der letzten Silvesternacht. Man erinnere sich an die milden Temperaturen: Gar ein Hitzerekord war in der Nacht mit 17 Grad in Essen aufgestellt worden – T-Shirt-Wetter zum Jahreswechsel. Dieser Wert sei laut Kesseler-Lauterkorn so ungewöhnlich hoch gewesen, dass er nicht mit einem Wetterereignis erklärt werden könne. „So eine Qualität? Das kann man nur durch gewechseltes Klima erklären.“

Es gibt in Essen trotz des nassen März ein „Niederschlagsdefizit“

Aber zurück zum Niederschlag. Trotz der großen Wassermengen, die im März vom Himmel gekommen sind, gibt es weiter ein Niederschlagsdefizit in Essen. Kesseler-Lauterkorn bezieht sich an der Stelle auf die Jahre 2018 bis 2022. Zusammengerechnet seien in diesen Jahren an der Station in Bredeney gut 4200 mm Niederschlag registriert worden. „Legen wir das langjährige Jahresmittel von 922 mm zugrunde, müssten es in diesem Zeitraum für ‘normale Verhältnisse’ 4610 mm gewesen sein. Dieses Defizit seit 2018 konnte also in den ersten drei Monaten noch bei weitem nicht ausgeglichen werden.“

Dennoch könne man die Entwicklung der Trockenheitssituation im Ruhrgebiet für das kommende Sommerhalbjahr erstmal entspannt angehen. Kein Wunder.

>>> INFO: Talsperren gut gefüllt

  • Der Ruhrverband – der die Wasserversorgung in der Region sicherstellt – meldete bereits vor einem Monat, dass die Talsperren gut gefüllt sind – für diese Jahreszeit überdurchschnittlich gut.
  • Für den Fall einer kommenden Trockenperiode sehe man sich „gut vorbereitet“. Der nasse März wird das nicht geändert haben, ganz im Gegenteil.

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