Essen. Die Würfel sind gefallen: Die Bezirksvertretung I in Essen hat mit großer Mehrheit eine Entscheidung zur Hundewiese am Moltkeplatz gefällt.
Das erbitterte Ringen um die Zukunft der Hundewiese auf dem Moltkeplatz hat zwei Wochen lang hohe Wellen geschlagen – weit über das Essener Südostviertel hinaus. Am Dienstagnachmittag (28. März) schließlich endete die Auseinandersetzung mit dem zu erwartenden klaren Votum der Politik: Die Bezirksvertretung (BV) I sprach sich mit deutlicher Mehrheit dafür aus, die Hundewiese auf dem Moltkeplatz endgültig aufzugeben. Damit wird die Grünanlage gleichzeitig als Skulpturenpark aufgewertet – exakt so, wie es der Verein „Kunst am Moltkeplatz“ mit seinem Vorstoß beabsichtigt hatte.
Sitzungen der Bezirksvertretungen stoßen für gewöhnlich auf ein mäßiges öffentliches Interesse. Das war an diesem Dienstag völlig anders. Mehr als fünfzig Zuschauer wollten die Aussprache verfolgen, sogar ein Fernsehteam war zugegen.
Sicherheitsleute des Kommunalen Ordnungsdienstes zeigen Präsenz
Weil von vornherein klar war, dass der ursprünglich vorgesehene Saal Sunderland aus allen Nähten platzen würde, hatte Bezirksbürgermeister Peter Valerius (CDU) bereits vor einer Woche den Umzug in den großen Ratssaal verfügt. Trotz aller Emotionalität im Vorfeld blieben die Debattenbeiträge in der fast zweistündigen Aussprache sachlich. Und auch die Zuschauer – darunter wenige Kunst- und ein Vielfaches an Hundefreunden – hatten sich im Griff. Es gab keine Störer und keine Zwischenfälle. Und so erlebten die eigens abgestellten uniformierten Sicherheitsleute des Kommunalen Ordnungsdienstes einen ruhigen Nachmittag.
Hund und/oder Kunst – darüber wird am Moltkeplatz schon seit langem kontrovers diskutiert. Ein erster Versuch, die Hundewiese aufzugeben, war vor 13 Jahren gescheitert. Doch der Verein „Kunst am Moltkeplatz“ (KaM), der sich um Pflege, Reinigung und Erhalt der öffentlichen Skulpturenwiese kümmert und sich seit jeher über freilaufende Hunde beschwert, ließ nie locker.
Anfang des Jahres brachte der Vorsitzende Volker Wagenitz den Stein erneut ins Rollen. In einem ausführlichen Schreiben („KaM bittet um Ihre Hilfe“) konfrontierte er Politik und Verwaltung mit einer Fülle von Missständen auf dem Moltkeplatz – allesamt mutmaßlich verursacht durch Hunde und ihre Halter. Es ist eine lange Mängelliste, die er auch im Ratssaal in Folien auf die Leinwand warf. Der Tenor: „Kunstwerke werden verdreckt, beschädigt und gefährdet.“ Die Bilder zeigen Tretminen, „durchgebuddelte Flächen“, gefüllte Hundekot-Beutel auf Kunstwerken und als „Hunde-Spielgerät missbrauchte“ Kunstwerke. Heute, so sein Resümee gleiche die Wiese einem „Truppenübungsplatz“.
Kunstfreundin wettert gegen Hunde: „Der Platz ist vergammelt und eine Schande“
Auch seine Mitstreiterin Gitta Koch nutzte das Rederecht, um sich zu empören. „Ich mag Hunde, aber keine Halter, deren Hunde mich anspringen“, sagte sie. Überhaupt nehme die Zahl der Hunde, die sich zwischen den Kunstwerken tummelten, seit Jahren zu. Sie vermisse den Respekt vor der Kunst und schimpfte: „Der Platz ist vergammelt und eine Schande.“
Für die Hundefreunde trat Klaus Lawrenz ans Rednerpult und beklagte sich darüber, dass die Hundefreunde nicht miteinbezogen gewesen seien. „Ich empfinde das hier als Strafverfahren, in dem wir Hundehalter auf der Anklagebank sitzen.“ Inständig warb er für ein Miteinander von Hund und Kunst und beteuerte: „Unsere Wiese auf dem Moltkeplatz ist eine der saubersten in der ganzen Stadt, denn sie wird sauber gehalten von ihren Nutzern.“
Hund und Mensch, so fügte er hinzu, belebten das Viertel. „Deshalb lassen wir uns unsere Hundefreilaufwiese nicht nehmen.“ Viel Beifall erhielt Lawrenz für das Zitat eines Künstlers, der über die Skulpturenwiese gesagt hatte: „Kunst im öffentlichen Raum muss es aushalten, angepinkelt zu werden.“ Lawrenz wetterte in Richtung Kunstverein KaM gegen „künstlerischen Fanatismus“ und sagte: „Sie erheben die Kunst zur Heiligkeit.“ Seine eindringliche Bitte an die Bezirksvertretung lautete, den Punkt Hundewiese von der Tagesordnung zu nehmen und nach einer Bürgerbeteiligung in einem halben Jahr abzustimmen.
Hundefreunde wollen Protest fortsetzen und sich im Verein organisieren
In den anschließenden Wortmeldungen der Politiker überraschten lediglich die Grünen, die den gemeinsamen Antrag zur Aufgabe der Hundewiese mit CDU, SPD und EBB/FDP in die BV I eingebracht hatten. Doch Fraktionssprecher Burkhard Dedy stellte sich plötzlich hinter den Plan der Hundefreunde, Beratung und Abstimmung zu vertagen. CDU, SPD, EBB/FDP sowie Teile seiner eigenen Fraktion hielten aber Kurs und sorgten in der Abstimmung für eine klare Mehrheit zur Abschaffung der Hundewiese.
Ob mit dieser Entscheidung Ruhe am Moltkeplatz einkehren wird, ist ungewiss. Die Hundefreunde, die auf eine Liste mit 500 Unterschriften hinweisen und ihren Protest fortsetzen wollen, kündigten an, sich nun in einem Verein zusammenschließen zu wollen.
Der Beschluss vom Dienstag sieht vor, dass die kleine Hundewiese an der vielbefahrenen Richard-Wagner-Straße auf der anderen Seite des Bahndammes von Grün & Gruga eingezäunt und ertüchtigt wird. Die Hundefreunde sollen an der Gestaltung zwar beteiligt werden. Dabei war aber im Vorfeld bereits massive Kritik an dieser Hundewiese laut geworden.
Zufriedene Gesichter gab es nach der Abstimmung bei den Mitgliedern des Kunstvereins, die den Ratssaal als Sieger verließen. Der Vorsitzende präsentierte eine vorbereitete Presseerklärung, in der er die getroffenen Regelungen ausdrücklich begrüßt und „allen Beteiligten für die Entscheidung dankt“.
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