Essen-Kettwig. Zustand der Charlottenhofstraße in Kettwig: Warum ein Pkw-Fahrer mit der Stadt Essen im Clinch liegt und was der Mängelmelder damit zu tun hat.
So hatte sich Mike K. (Name ist der Redaktion bekannt) den Heiligabend 2022 nicht vorgestellt: Mit dem Auto war er unterwegs nach Hause auf der Charlottenhofstraße in Richtung Heiligenhaus, als ihn auf Höhe der Fachklinik Rhein/Ruhr ein Schlagloch kräftig durchrüttelte. „Ausweichen war nicht möglich“, erzählt er, während er die Stelle einige Wochen später noch einmal inspiziert, „es kamen schließlich Fahrzeuge entgegen. Wäre ich um das Loch herumgefahren, hätte es auch einen Unfall geben können“. Ganz vermeiden konnte er einen Unfall jedoch nicht: Immerhin war das Schlagloch so tief, dass der Reifen defekt war und K. nicht weiterfahren konnte.
Straßenschäden und Mängelmelder
Im vergangenen Jahr wurden laut Angaben der Stadt insgesamt rund 22.000 Schlaglöcher im Essener Stadtgebiet „geflickt“. Die Erkenntnisse über Standorte gehen zurück auf Kontrollen sowie auf Meldungen aus der Bürgerschaft.
Bürgerinnen und Bürger können Schlaglöcher direkt über die Verkehrsleitstelle des Amtes für Straßen und Verkehr (0201 88-66766) oder über den Mängelmelder melden (direkt per App oder online unter www.essen.de/maengelmelder).
Von November 2021 bis Oktober 2022 gab es insgesamt 36.595 Meldungen – also durchschnittlich etwa 100 Meldungen pro Tag. Die Bearbeitungsdauer der gemeldeten Anliegen liegt laut Stadt im Schnitt aktuell bei sieben bis acht Tagen. Pressereferent Patrick Betthaus: „Werden Schlaglöcher gemeldet, erfolgt eine zeitnahe Bearbeitung. Geht von der Stelle eine unmittelbare Gefahr aus, erfolgt die Reparatur sofort.“
„Während ich am Straßenrand stand und auf den ADAC wartete, habe ich ein paar Fotos gemacht und der Stadt Essen eine Mail geschrieben, in der ich einen Schadenersatzanspruch geltend gemacht habe.“ Seine Begründung: Die Straße sei nicht verkehrssicher und die Stadt Essen dafür verantwortlich. K.: „Durch die Verkehrssicherungspflicht müssen Städte und Kommunen dafür Sorge tragen, dass sich die Straßen in einem genügenden Zustand befinden. Sie sind auch grundsätzlich verpflichtet, auf Gefahrenquellen aufmerksam zu machen. Ich habe entsprechende Fotos vom Unfallort, die belegen, dass es hier keine Warnschilder gab.“
Pkw-Fahrer fordert 1.034 Euro
K.s Forderung für einen Ersatzreifen und eine neue Felge inklusive Montage sowie zwölf Tage Nutzungsausfall: insgesamt 1.034 Euro. Die Reaktion der Stadt: Das Rechtsamt lehnte die Haftung ab. Begründung: Am 22. Dezember, also zwei Tage vor dem Vorfall, sei die Straße kontrolliert worden, dabei habe man keine Schäden dieser Art feststellen können. Somit habe die Stadt erst mit der Meldung durch K. Kenntnis vom Zustand der Straße erhalten. Das Schlagloch sei dann sofort nach Weihnachten ausgebessert worden.
K. widerspricht: Die Stadt habe bereits zuvor vom schlechten Zustand der Straße gewusst. Denn bereits im November 2022 habe eine Nachbarin über den so genannten Mängelmelder genau darauf aufmerksam gemacht. Und die Stadt Essen hatte sogar geantwortet. In einer Mail an die Nachbarin heißt es: „Ihre Beschwerde über den schlechten Zustand der Charlottenhofstraße können wir nachvollziehen. Es war geplant, dieses Teilstück provisorisch großflächig zu asphaltieren, leider können wir wegen der schlechten Witterung dieses nicht mehr umsetzen. Sobald es die Temperaturen im nächsten Jahr zulassen, werden wir hier tätig werden.“ K. wandte sich mit dieser Aussage erneut ans Rechtsamt. Der Mann ist vom Fach: K. arbeitet in einer KFZ-Schadenabteilung.
Gesamtsanierung der Straße ist geplant
Das Presseamt der Stadt hat gegenüber dieser Zeitung bestätigt, dass eine „Gesamtsanierung“ der Charlottenhofstraße geplant sei. Derzeit würden „Erkundungsbohrungen im Bereich der Steilrampe zwischen Einmündung Werdener Straße und dem Beginn der Serpentinen durchgeführt“, so Pressereferent Patrick Betthaus. „Hintergrund sind festgestellte Straßenschäden, deren Ursache möglicherweise auf den dortigen Untergrund sowie die besonderen topografischen Verhältnisse der Hanglage zurückzuführen sind.“ Die Bohrungen dauerten voraussichtlich noch bis Ende des Monats an. Mit den Ergebnissen sei frühestens im Mai zu rechnen. Zudem seien geologische Untersuchungen des Untergrundes in Auftrag gegeben worden. Betthaus: „In der Zwischenzeit wurden Ende Januar, Anfang Februar in bestimmten Bereichen der Charlottenhofstraße Fahrbahninstandsetzungen durchgeführt.“ Für die Abwicklung der gesamten Baumaßnahme sei eine Bauzeit von voraussichtlich zwölf Monaten vorgesehen.
Damit gehen die Angaben der Stadt über bereits bekannte Fakten nicht hinaus. Eine Aussage vom Rechtsamt zu diesem konkreten Fall war bislang nicht zu bekommen. Für K. indes ist die Sache klar: „Es geht mir ja gar nicht so sehr um das Geld, obwohl auch das natürlich extrem ärgerlich ist“, sagt er. „Die Stadt Essen hat der Verkehrssicherungspflicht nicht genüge getan. Ich habe Recht - und dieses Recht will ich auch durchsetzen.“ Immerhin: Das Rechtsamt hat K. gegenüber schriftlich bestätigt, dass erneut Ermittlungen aufgenommen wurden.