Essen-Horst. Einst mussten sie männlich und katholisch sein: Horster Ritter. Was sich in 75 Jahren bei den Karnevalisten geändert hat und was Tradition hat.
Drei Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges taten sich Mitglieder des Kirchenchores St. Joseph und der Kolpingfamilie zusammen, um nach den Entbehrungen des Krieges den Horster Pfarrkarneval wieder ins Leben zu rufen. 75 Jahre später feiert die „KG Horster Ritter 1948“ bei Wirt Edin Smaka in der traditionsreichen Gaststätte „Zur Krone“ an der Dahlhauser Straße eine dreitägige Sause.
Eigentlich sollte es nach der Coronapause schon 2022 wieder losgehen, so der der 54-jährige Vorsitzende Oliver Neu. Aber dann kam der Krieg in der Ukraine: „Da waren wir so perplex, dass wir nicht groß feiern mochten.“
Mangels Nachwuchs hatte der Verein vor gut zwölf Jahren sogar schon vor dem Aus gestanden, sagt der 2018 gewählte Neu: „Einige Gleichgesinnte meines Alters wollten den Club nicht sterben lassen. Da haben wir uns halt engagiert.“ Der Generationenwechsel gelang, inzwischen gibt es wieder über 50 Ritter und Burgfrauen.
So einiges ist neu hier in Horst: Auf der extrem schmalen Bank des Elferrates nimmt nun auch die holde Weiblichkeit Platz. Der Vorsitzende ist evangelisch. Was einen der Club-Senioren schmunzeln lässt. Hubert Schulte-Oversohl blickt zurück: „Da hätten unsere Vorväter keinen Spaß verstanden. Katholisch musste sein. Und Frauen im Elferrat? Undenkbar.“
Der 74-jährige Schulte-Oversohl steht für närrische Konstanz: „Mein Vater war schon dabei, meine Tochter ist inzwischen unsere Zeremonienmeisterin und meine Enkelkinder tanzen im Verein.“ Friedhelm Gundlach ist sogar ein wenig älter als die Karnevalsgesellschaft und seit 1967 bei den Horster Rittern: „Ich hatte schon seit Anfang der 1960er mitgefeiert und war dann plötzlich im Verein, später auch im Elferrat. Einmal habe ich sogar in der Bütt gestanden. Aber dann habe ich doch lieber die Technik übernommen, Lautsprecher, Mikrophon und so Sachen.“
Den Horster Rittern ist es gelungen, das Festhalten an Traditionen mit stetigen Neuerungen zu kombinieren. Die Bühne wurde verändert, die Akteure stehen nun nicht mehr auf einem Gestell aus Stempel, Kanthölzern und Gerüstbohlen. Als eine neue Bütt hermusste, haben sie dafür an der Mosel ein 1000-Liter-Weinfass entdeckt. Nach ein paar Tagen Umbau war die Bütt fertig und konnte die Bühne verschönern. Mit einfachster Ausstattung, aber mit zündenden Ideen war es 1948 in die erste Sitzung gegangen. Gefeiert wurde seitdem in den Gaststätten Rettgen in Eiberg oder Bonsiepen im „Grauen Esel“ auf dem Kanarienberg.
Ungezwungen sollte Karneval gefeiert werden, die Pfarrer immer vorneweg in der Bütt. Volle Säle, selbst auf den Fensterbänken saßen Zuschauer, das zeichnete den Horster Karneval aus. Höhepunkte wie der „Alte Germane“ von Theo Thull, Theo Korte als seine eigene Frau oder Willi Siedner mit „...und ich war doch schon so nass“ gaben dem Pfarrkarneval schon damals immer wieder einen besonderen Reiz.
Anfang der 1980er begann der Club damit, besonders verdiente Mitglieder zu „Ehrenrittern“ zu schlagen. Der Erste war Pfarrer Carl Sobietzky. Da im Jahre 1999 kein Saal zur Verfügung stand, entschloss man sich spontan zum Bau eines Festwagens, der am Umzug der Freisenbrucher Gänsereiter teilnahm. Über zwei Monate werkelten die Karnevalisten in liebevoller Kleinarbeit an einem Gebilde, welches schließlich die Form der Horster Burg annahm. Und weiterhin wurde geblödelt, quergeschlagen und auch schon mal Politisches närrisch vorgetragen.
Restkarten für Karnevalsfeier der Horster Ritter
Wer spontan noch mitfeiern möchte im Lokal „Zur Krone“ an der Dahlhauser Straße, kann vielleicht noch Restkarten erobern. Der Samstag ist ausverkauft, aber für die Veranstaltungen am Freitag, 17. Februar, ab 20 Uhr, und Sonntag, 19. Februar, ab 18 Uhr, sind noch einige Tickets zum Preis von 15 Euro erhältlich. Einlass ist 90 Minuten vorher.
Nach vierstündigen Programm und großem Finale geht es mit Musik und Tanz bis in die Nacht weiter. Kartenbestellungen sind unter 85 35 804 oder auf www.kg-horsterritter.de möglich.
Nun soll es wieder drei bunte Abende lang rund gehen, verspricht der Vorsitzende Oliver Neu: „Alle Künstler kommen aus eigenen Reihen.“ Der „Schutzmann“ Thomas Wollweber hat im Laufe des vergangenen Jahres einiges in seinem schwarzen Notizbuch protokolliert. Die vereinseigene gemischte Tanzgruppe im Alter von zehn Jahren bis Mitte 50 möchte begeistern und die Musikanten Martin und Winfried wollen sicherlich wieder den Elferrat aufs Korn nehmen.
Die Burgsänger geben Stimmungslieder zum Besten. Büttenredner sollen die Bühne rocken. Der Vorsitzende hebt hervor: „Wir geben auch dem Nachwuchs eine Chance. Erstmals wird Christian Führer in der Bütt stehen.“ Der 24-Jährige schmunzelt: „Wir möchten mal ausprobieren, ob auch die Witze der jüngeren Generation zünden.“ Auch er ist ein gelungenes Beispiel karnevalesker Kontinuität: „Schon mein Uropa Anton war mit dabei. Meine Mutter und meine Tante treten als Trudchen und Klärchen auf.“
Nach drei Tagen Sitzungskarneval nehmen die Horster Ritter dann am Rosenmontag als Fußgruppe am Kupferdreher Zug teil. Am Veilchendienstag feiern sie gemeinsam mit den „Horster Schnittchen“ der kfd St. Joseph der Kehraus und um Mitternacht wird der Bacchus verbrannt. Bald gelte der Blick dann bereits der Session 2023/2024, so Oliver Neu: „Am 11. November wird bei den Eiberger Hobby-Bierbrauern in deren HEU-Bude der Auftakt der fünften Jahreszeit gefeiert, wenn unser Hoppeditz Thomas Wollweber erwacht.“