Essen. Die syrischen Christen in Essen sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft nach dem Erdbeben. Gebraucht werden Geldspenden für den Transport.
Pullover, Schals und Schuhe, Decken, Jacken und Windelpakete - auf dem Vorplatz der Pax-Christi-Kirche in Bergerhausen stapeln sich die Kartons und blauen Säcke. „Wir sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft“, sagt Pfarrer Elias Esber von der orthodoxen Gemeinde des Heiligen Josef von Damaskus. Am Wochenende kümmerten sich Dutzende Helferinnen und Helfer darum, die gespendete Kleidung zu sortieren, neu zu verpacken und zu beschriften.
Schnell wird allen klar: Die Mengen an Spenden sind kaum zu bewältigen. In der Pax-Christi-Kirche stapeln sich die Kartons im hinteren Gebäudeteil, die Kinderkleidung lagert rechts vom Altar. Im Vorraum und im Pfadfinder-Heim wird an langen Tischen sortiert: Frauen-, Männer-, Kinderkleidung. Schnell ein Etikett auf Arabisch aufgeklebt, schon wird der nächste Sack ausgeschüttet.
Den syrischen Christen ist es ein Bedürfnis, in Syrien zu helfen, nicht in der Türkei. Denn die Türkei ist mit dem Flugzeug und Lkws gut zu erreichen. Im vom Bürgerkrieg zerstörten und mit Sanktionen belegten Syrien sieht das ganz anders aus. Die Caritas Flüchtlingshilfe Essen hat es immerhin am Freitag geschafft, 13 Lkws mit Hilfsgütern über die türkisch-syrische Grenze zu bekommen. Sie sind für die Menschen in der Region Afrin bestimmt, dort soll in der syrischen Kleinstadt Dschindires in Kürze eine Küche eingerichtet werden.
Ziel ist die Hafenstadt Latakia
Aber die syrischen Gebiete, die unter der Kontrolle der Assad-Regierung stehen, können nicht oder nur mühsam über die Türkei erreicht werden. Was bleibt, ist der Seeweg. Das Ziel der Essener Hilfsaktion ist die syrische Hafenstadt Latakia. „Es ist eine große Herausforderung“, sagt Diakon Efrem Kuckhoff. Es seien auch viele Gerüchte im Umlauf, was an der türkischen Grenze möglich ist und was nicht.
Pfarrer Elias Esber hat einen Übersee-Container organisiert, in dem die gespendeten Hilfsgüter übers Mittelmeer gebracht werden sollen. Angesichts der Spendenflut ist es allerdings schon früh am Wochenende fraglich, ob ein Container mit den Maßen 12x3x3 Meter ausreichen wird. Die Autos, die vor der Pax-Christi-Kirche ausgeladen werden, kommen aus Dortmund und Münster, aus Köln und sogar aus Belgien. „Es ist genug. Sachspenden nehmen wir ab sofort nicht mehr an“, heißt es am Nachmittag.
Geld wird dringend benötigt
Am Montag ist deutlich: Es muss einen zweiten Container geben. Elias Esber will nun Kontakt zu einer Spedition aufzunehmen. „In Latakia gibt es ein Komitee von allen christlichen Kirchen vor Ort. Sie werden die Hilfsgüter in Empfang nehmen und auf die Katastrophengebiete verteilen“, so der Pfarrer.
Um die nun nötige Logistik finanzieren zu können, bittet die orthodoxe Essener Gemeinde dringend um Geldspenden. Die beiden Container kosten pro Stück 3000 Euro. Die syrischen Gemeindemitglieder haben bereits Geld gespendet, sie wollen, dass zusätzlich zu den Sachspenden auch Geld an die Opfer fließt.
Menschen schlafen auf der Straße
Dass der Container erst nach vielen Wochen in Syrien ankommen wird, sieht Efrem Kuckhoff nicht als Problem an. „Man kann die Zerstörung in den Erdbebengebieten vergleichen mit der Zerstörung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen haben kaum Chancen, irgendwo unterzukommen. Viele schlafen auf der Straße.“ Noch lange werde Hilfe benötigt.
Elias Alassafeen, der auf dem Vorplatz Säcke annimmt, erinnert sich angesichts der Bilder an den Krieg, den er in Syrien erlebt hat. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn alle Gebäude zerstört sind“, sagt er. „Es ist unfassbar, was dort passiert ist.“
Das Spendenkonto:
Gespendet werden kann an: Gemeinde St. Josef von Damaskus, IBAN DE37 3605 0105 0001 1239 42, Verwendungszweck: Erdbeben Syrien. Es können Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.
Die Pax-Christi-Kirche
Die syrischen Christen der rum-orthodoxen Gemeinde des Heiligen Josef von Damaskus nutzen seit Oktober 2020 das Kirchengebäude, das zu St. Laurentius gehört. Zugleich haben die katholischen Christen die Unterkirche als Gottesdienst- und Gedenkstätte behalten. Die Pax-Christi-Kirche wurde zwischen 1950 und 1958 erbaut. Die Besonderheit sind die Gedenksteine, die an Opfer von Gewalt erinnern. Rund 1800 Namensteine sind in den Boden eingelassen, dazu noch besondere Daten und Ortsnamen, die für Krieg und Tod stehen.