Essen. Die Stadt treibt den Ausbau von Kitaplätzen massiv voran. Doch im Sommer werden es immer noch 1000 Plätze zu wenig sein.

Die Kitaplatz-Misere in Essen, seit Jahren ein massives Problem für Eltern von Kindern zwischen null und sechs Jahren, wird auch im kommenden Sommer anhalten. Im nächsten Kindergartenjahr, das im August 2023 beginnt, werden nach Berechnungen der Stadt noch rund 1000 Plätze fehlen. Das geht aus einer aktuellen Planungsvorlage des Jugendamtes hervor, die am 14. Februar dem Jugendhilfeausschuss vorgelegt wird. Die Stadt spricht von „anhaltenden, enormen Herausforderungen“ angesichts einer steigenden Zahl von Kindern, die in Essen leben.

Zahl der Kinder wächst beständig seit neun Jahren

Seit dem Jahr 2014 wachse die Zahl der Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter in Essen beständig. Mittlerweile lebten mehr als 36.000 Jungen und Mädchen zwischen null und sechs Jahren im Stadtgebiet. Diese Zahl wuchs zwischen September 2021 und September 2022 zuletzt um knapp 400.

Auch die Zahl der Betreuungsplätze in Einrichtungen oder bei Tagesmüttern und -vätern wachse, reicht jedoch immer noch nicht aus: Im laufenden Kindergartenjahr gebe es rund 1700 Plätze zu wenig, konstatiert die Stadtverwaltung. Fast alle fehlenden Plätze – rund 1650 – werden ausgemacht im Bereich der „Ü3-Betreuung“, das heißt: Der Mangel trifft fast ausschließlich die Jungen und Mädchen ab drei Jahren.

Kitaplatz-Zahl wächst vor allem im Westen und im Norden

Die enorme Lücke der fehlenden Plätze von derzeit fast 1700 soll also bis zum Sommer, wenn das neue Kindergartenjahr beginnt, schrumpfen auf 1000 fehlende Plätze – der Ausbau wird vor allem durch Kita-Neubauten realisiert. Große Bauprojekte stehen zum Beispiel im Stadtteil Haarzopf (Fulerumer Straße, 63 Plätze), in Stoppenberg (Essener Straße, 58 Plätze) und Kupferdreh (Dilldorfer Allee, 74 Plätze) vor der Vollendung. Insgesamt wächst die Zahl der Kitaplätze demnächst dort, wo die Not derzeit besonders groß ist – zum Beispiel im Essener Westen (Bezirk 3, plus 135 Plätze) und rund um Zollverein (Bezirk 6, plus 114 Plätze).

Während der Mangel der Kitaplätze vor allem durch bauliche Maßnahmen gelindert werden soll, unternimmt die Stadt derzeit Anstrengungen, um mehr Männer und Frauen zu „Kindertagespflegepersonen“ auszubilden. Die Tagesmütter und -väter, stellt die Stadt fest, stellen längst einen „gleichrangigen Bestandteil bei der Versorgung der Kinder mit einem Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung“ dar. Etwa ein Siebtel der bestehenden Betreuungsplätze in Essen besteht in Einrichtungen der Tagespflege – entweder in Wohnungen der Tagesmütter und -väter oder in sogenannten „Großtagespflege-Einrichtungen“. Das sind häufig gemietete Wohnungen oder frühere Ladenlokale, für deren Betrieb als Tagespflege sich mehrere Protagonisten zusammentun.

Versorgungsquote Ü3 weiter weit unter 100 Prozent

„Mit Gebäuden allein kann man den Kitaplatz-Mangel nicht beheben“, gibt Kristina Charlow zu bedenken, die Vorsitzende des Jugendamtselternbeirat (JAEB). Das Gremium versteht sich als Sprachrohr der Eltern von Kita-Kindern in Essen. Die Situation sei seit Jahren eine „Katastrophe für Eltern und Kinder“. Selbst, wenn baulich genug getan werde für neue Kitaplätze, bestehe weiter das Problem des Fachkräftemangels. „Es wird politisch auf allen Ebenen zu wenig getan, um die Ausbildung zum Erzieher für junge Leute interessant zu machen“, sagt Kristina Charlow.

Wenn der Ausbau wie geplant klappt, steigt die so genannte „Versorgungsquote“ bei den Kindern unter drei Jahren von 39,8 Prozent auf 41,3 Prozent. Ab einer Quote von 40 Prozent spricht man von Vollversorgung, weil erfahrungsgemäß Kinder in den ersten zwölf Monaten noch nicht in eine Kita oder zu einer Tagesmutter gegeben werden.

Bei den älteren Kindern (drei bis sechs Jahre) ist die Quote niedriger: Derzeit liegt sie bei 91,2 Prozent, sie wird wachsen auf 94,2 Prozent. Hier strebt die Stadt Essen weiter 100 Prozent an – sie muss es sogar, denn schließlich gibt es einen Rechtsanspruch.