Essen. Essen: Snowdance Filmfestival zeigt sich international. Boxfilm aus Kanada endet dramatisch. Und eine Komödie blickt hinter die Festival-Kulissen
Wer in diesen Tagen sehen möchte, wie ein Filmfestival so abläuft, wenn es mal richtig „groß“ ist, der schaut sich „Schlussklappe“ an. Einer der vielen Filme auf dem ersten Essener Snowdance Independent Film Festival, aber auch ein Film über ein längst etabliertes Festival, nämlich das Max-Ophüls-Festivals in Saarbrücken.
Filmemacher Niclas Mehne erzählt darin mit Witz und Insider-Wissen von dem Treiben hinter den Kulissen. Sein Film spiegelt auf vergnügliche Weise das Faszinosum dieser umtriebigen, aber im Vergleich zu Hollywood doch recht unglamourösen Festival-Welt, inszeniert mit sympathischem Augenzwinkern das Buhlen um Wahrnehmung in dieser Künstler-Blase und die Mühen der Kontaktanbahnung auf Premieren-Partys. Mehne greift aber auch die persönlichen Fragen auf, die kreative Menschen seiner Generation so mit sich rumschleppen: Verträgt sich Kinderkriegen mit Kinomachen, verrät man seine Lebensträume, wenn man am Ende doch auf den sicheren Lehrerjob setzt? Und ist man mit Mitte 40 schon zu alt für den Job?
Mehnes angenehm klischeefreier und gut besetzter Spielfilm reflektiert die Situation junger Filmschaffender auf unterhaltsame Weise, hat präsente Darsteller, gescheite Dialoge und ist auf vielen Festivals der Republik momentan gerngesehen. In dieser Woche präsentiert ihn Mehne auch beim Snowdance in Essen.
Die Regisseure sind neugierig auf die Reaktionen des Publikums
Dass man persönlich vorbeischaut, um sein Werk vorzustellen, versteht sich für die meisten Filmemacher. Schließlich geht es ja ums Treffen, Vernetzen und auch darum, Publikumsreaktionen zu erspüren. Mehne ist nicht alleine nach Essen gekommen. Schauspieler Nikolaus Sternfeld und Produzent und Darsteller Andreas Berg sind dabei, erzählen nach dem Abspann in Astra-Kino vom langen Weg bis zur „Schlussklappe“: Den Förderanträgen, den Absagen von Fernsehsendern und der Risikobereitschaft, finanziell selber in Vorleistung zu gehen, um nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf Fördermitteln warten zu müssen „Es gibt so viele Regisseure, die ewig von ihrem Debütfilm träumen“, weiß Andreas Berg, der seinen Einstieg als Filmproduzent nicht bereut, auch wenn es eine durchaus kostspielige Erfahrung war.
Das Engagement dürfte sich am Ende für alle Beteiligten hoffentlich gelohnt haben. Ein Verleih und auch ein Fernsehsender haben nach Auskunft der Filmemacher inzwischen Interesse angemeldet. („Schlussklappe“ läuft noch am 1. Februar, 15 Uhr im Sabu und am 5. Februar, 20 Uhr, im Astra)
Wie viel Idealismus und Herzblut in den Produktionen steckt, wird man in dieser Festival-Woche immer wieder hören können. Etwa von dem kanadischen Filmemacher Peter Thomas Hunt, der für die Snowdance-Premiere seines Boxerfilms „The Fight Machine“ eigens nach Essen gereist ist.
Hunts Film basiert auf dem Roman „The Fighter“ von Craig Davidson und erzählt von zwei jungen Männern, die ihren Platz im Leben suchen und dabei aus ganz unterschiedlichen Motivationen im Ring landen.
Hunts knochenharter Film führt schonungslos in die Welt des Schmerzes, wo man sich K.O.-Sex nachts im Boxring erkauft und der gnaden- und regellose Faustkampf in irgendwelchen finsteren Hinterwäldler-Scheunen seinen Akteuren beides beschert: Schuld und Sühne.
Schuld und Sühne in einer finsteren Hinterwäldler-Scheune
Denn wie so mancher Streifen aus dem Boxfilm-Genre zielt auch Hunts Film mit der Faust aufs Herz. Nach einem brutalen Kampf landet einer der Underground-Boxer im Koma. Und hinterlässt zwei junge Kontrahenten, die nicht anders können, als sich den Lebenszorn mit Wucht aus den Leibern zu prügeln.
Zehn Jahre habe er am Thema gearbeitet, um „The Fight Machine“ schließlich in 18 Tagen abzudrehen erzählt Hunt in Essen. Die beiden Hauptdarsteller, Greg Hovanessian und Dempsey Bryk hätten dabei als Martial-Art-Kämpfer und Boxer genügend Kampfsporterfahrung mitgebracht, um die beinharten und blutigen Kampfszenen in nur vier Tagen im Kasten zu haben. Ins Schwitzen gekommen sei dabei vor allem die Maske, die blaue Augen und blutige Cuts im Dutzend zu schminken hatte.
(The Fight Machine, 3. Februar, 20 Uhr, und 4. Februar, 15 Uhr, im Astra, Teichstraße)