Essen. Im Essener Grillo-Theater sorgt ein Kostümverkauf zur fünften Jahreszeit für lange Schlangen. Welche Schätze dort zu ergattern sind.
Wer mit einem besonderen Kostüm in die Karnevalszeit starten möchte, hatte am Wochenende die Chance, etwas aus dem Theaterfundus zu ergattern. Die Kostümabteilung der Theater und Philharmonie Essen (TUP) hatte zum Verkauf ins Café Central im Grillo-Theater eingeladen – was für eine große Nachfrage sorgte.
Samstagmorgen, kurz vor 10 Uhr. Auf dem Vorplatz des Grillo-Theaters hat sich eine lange Schlange gebildet. Als eine der ersten steht Rica Böckmann vor der Tür. Sie ist Kostümdesignerin und deshalb auch von Berufswegen auf der Suche nach interessanten Stücken. Frieder Kornfeld aus Gladbeck hat sogar einen kleinen Koffer mitgebracht: Als Amateurschauspieler sucht er vor allem Kostüme für seine Aufführungen. „Letzte Woche habe ich in Gelsenkirchen bereits einige schöne Fräcke gekauft“, sagt er. Ein freudiges Raunen geht durch die Schlange, als sich pünktlich die Türen des Theaters öffnen.
Eine erste Gruppe wird hineingebeten und bald darauf kommen die ersten Besucher schon mit ihren Schätzen wieder heraus. Marije van der Ende hat eine große Tüte voller Blusen, Jacken und Kleider für insgesamt 35 Euro dabei. Sie ist Sängerin, Kostümdesignerin und Fotografin und will ihre Fundstücke als Basis für ihre Kostüme verwenden. Auch Frieder Kornfeld mit dem Koffer ist fündig geworden. Stolz zeigt er ein beigefarbenes Dinnerjacket und einen blauen Hut.
Auch Kostüme im Essener Theater unterliegen Trends
Im Eingangsbereich des Theaters bittet Kostümdirektor Ulrich Lott nach und nach weitere Wartende in das gut gefüllte Café Central. In der Regel einmal pro Spielzeit veranstaltet er den Kostümverkauf, oft kurz vor Karneval. „Um die 1000 Kostüme haben wir heute im Verkauf“, sagt er. „Einige sind bereits seit über 50 Jahren im Einsatz, und so ist es Zeit, sich von dem einen oder anderen Stück zu trennen, immerhin haben wir sechs Kilometer Ware im Fundus“. Wie in der Mode gebe es auch bei Theaterkostümen gewisse Trends. Einige Farben und Muster seien nach so vielen Jahren einfach nicht mehr zeitgemäß, erklärt er.
Zwischen den Kleiderständern herrscht heitere Betriebsamkeit. Es wird gestöbert, anprobiert und viel gelacht. Es ist genau diese Stimmung, die Ulrich Lott am Kostümverkauf so sehr gefällt. „Die Begeisterung der Leute, die Freude, einzigartige Stücke zu erwerben und das Theater buchstäblich hautnah zu erleben – das ist es, was den Kostümverkauf so besonders macht“, schwärmt er. Neben schlichten Gewändern finden sich auffällige Stücke wie bestickte Blusen, ausgefallene Hüte oder reich verzierte Schuhe. Auch Kuriositäten wie ein Hexenbuckel sind im Theaterfundus zum Vorschein gekommen.
Neue Gewänder für Karneval und Star-Wars-Event
Im Gang probiert Ralf-Jörg Raber ein Chorgewand aus Puccinis Oper Turandot an. Er hat soeben sein Kostüm für den bevorstehenden Karneval gefunden. Ein paar Schritte weiter trägt Melanie Rank ein schwarz-weißes Gewand, das sie auf einer Star Wars-Convention tragen möchte. Sie näht gerne und freut sich schon darauf, das besondere Stück passend umzuarbeiten. Etwas Besonderes hat auch Autorin Gesine Schulz gefunden. Sie hält einen weiten Seidenrock in den Händen, der einmal zum Kostüm einer Hexe in einem Tetley-Ballett gehörte.
Nach gut drei Stunden Trubel sitzt Kostümdirektor Lott entspannt zwischen den letzten verbliebenen Kostümen. „Jetzt kehrt wieder Ruhe ein – bis zum nächsten Mal“ lacht er. Die letzten Kostümfans packen ihre Schätze in die Taschen. Sogar der Hexenbuckel hat noch einen Abnehmer gefunden – ein kleines Mädchen wird ihn im Karneval zu ihrem Hexenkostüm tragen. Wie alle Besucher nimmt auch sie heute ein kleines Stück Theater mit nach Hause.