Essen. Nach einem Einbruch in Velbert kann eine Frau ein entwendetes Smartphone in einem Flüchtlingsheim orten. Warum die Polizei wenig tun kann.
- Bei einer Frau aus Velbert ist eingebrochen worden. Der oder die Täter entwendeten neben Schmuck und anderen Dingen ein iPhone.
- Über ihre Smartwatch konnte die 64-Jährige das Gerät orten: in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge am Overhammshof in Essen-Fischlaken.
- Die Polizei durfte die Räumlichkeiten aber nicht durchsuchen. Die Familie des Einbruchsopfers fühlt sich „im Stich gelassen“, freut sich aber über den Einsatz des Leiters der Flüchtlingsunterkunft.
Was darf die Polizei, wenn sie einem Einbruchsopfer helfen könnte, dafür aber den Schutz der Wohnung missachten müsste? Offenbar nicht viel. Das zeigt ein Fall, der sich jüngst rund um die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge am Overhammshof in Essen-Fischlaken abspielte. Dort war ein gestohlenes iPhone entdeckt worden, das aus einem Wohnungseinbruch in Essens Nachbarstadt Velbert stammt. Das Einbruchsopfer, eine 64-Jährige Frau, konnte das Gerät Anfang vergangener Woche mit Hilfe ihrer Smartwatch zweifelsfrei orten. Was danach passierte, lässt ihre Familie aber am Rechtsstaat und der Polizei zweifeln. „Wir fühlen uns im Stich gelassen – das kann und darf doch nicht sein“, sagt Laura Hildebrandt, die Tochter der Frau, im Gespräch mit unserer Redaktion. Was war geschehen?
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Am Nachmittag nach dem Einbruch, bei dem teurer Schmuck – darunter auch Erbstücke mit emotionalem Wert –, eine hochwertige Handtasche, und eben das iPhone gestohlen worden waren, fuhr Hildebrandt nach Essen: An die Adresse, an der die Apple-Watch der Mutter das iPhone ortete. „Ich bin sofort losgefahren“, so die Tochter, die dann vor der Flüchtlingsunterkunft Overhammshof stand. Laura Hildebrandt alarmierte dann die Polizei, die auch kam: Auf dem Gelände näherte man sich immer weiter dem Handy an – bis die Uhr eine Entfernung von null Metern anzeigte.
Familie des Velberter Einbruchsopfers zeigt sich frustriert
Laut Hildebrandt seien nur noch zwei Gebäudekomplexe in Frage gekommen, in denen das iPhone hätte liegen können. Dann aber hätten die Polizisten ihr mitgeteilt, dass sie die Räumlichkeiten nicht durchsuchen dürften. „Das war sehr frustrierend und hat mich fassungslos gemacht“, so die Tochter. Hinnehmen wollte sie die Situation nicht. Am nächsten Tag sei sie deswegen erneut nach Essen-Fischlaken gefahren und habe mit dem Leiter der Einrichtung gesprochen.
Dieser sei sehr hilfsbereit gewesen und zusammen mit dem privaten Sicherheitsdienst durch einige gemeinschaftlich genutzte Räume gegangen, berichtet Laura Hildebrandt. Der Leiter der Einrichtung verwies auf Anfrage unserer Redaktion auf das Vorgehen auf die für die Einrichtung zuständige Bezirksregierung Düsseldorf. Von dort heißt es lediglich, dass man zu dem Vorfall „keine Angaben“ machen könne.
Nach Angaben von Laura Hildebrandt wurde das iPhone ihrer Mutter dann hinter einer Deckenplatte eines Sanitärbereichs gefunden, von dem Rest der Beute fehlte aber jede Spur. Erneut sei die Polizei gerufen und über den Fund des gestohlenen Smartphones informiert worden.
Von dieser hieß es laut Hildebrandt, dass auch das aufgetauchte Gerät für die Erstellung eines Durchsuchungsbeschlusses nicht ausreichen würde. „Das ist doch kein Umgang mit Opfern von Kriminalität“, ärgert sie sich. „Man hat das Gefühl, dass da wenig Interesse besteht, die Täter zu ermitteln“. Eine Beamtin habe ihr dann auch noch gesagt, dass das doch die Hausratversicherung regulieren werde: „Aber es geht dabei doch nicht nur um Geld!“, so Hildebrandt. Ihrer Mutter gehe es auch Tage nach dem Einbruch überhaupt nicht gut.
Polizeisprecherin: „Wir als Polizei wollen keinen Täter schützen...“
Die 64-Jährige hatte Anfang vergangener Woche nach dem Aufstehen das Wohnzimmer betreten und festgestellt, dass Einbrecher im Haus waren – während sie geschlafen hatte. Mehrere Schubladen waren geöffnet – und als sie die Tür zum Garten öffnen wollte, war diese verschlossen. Der Schlüssel: verschwunden. Tochter Laura Hildebrandt erzählt, dass ihre Mutter kaum schlafen könne und Angst habe – „zudem fühlen wir uns einfach missachtet“, sagt sie über das Vorgehen der Polizei in Fischlaken.
Von der Pressesprecherin der für den Fall zuständigen Kreispolizeibehörde Mettmann, Diane Dulischewski, heißt es: „Ich kann die Emotionen der Frau absolut verstehen – zu 100 Prozent. „Und wir als Polizei arbeiten ja für die Geschädigten und wollen keinen Täter schützen.“ Aber: „Wir als Polizei müssen uns einfach an die Gesetze halten“, so Dulischewski.
Polizei sieht sich machtlos: Schutz der Wohnung gehe juristisch in solchen Fällen vor
Aus ihrer Erfahrung heraus würde kein Richter in solch einem Fall einen Beschluss unterschreiben, wenn die persönlichen Lebensbereiche von zahlreichen Unschuldigen durchsucht werden müssten. „Es besteht in dem Moment keine Gefahr für Leib und Leben“, so die Polizistin. Und Artikel 13 des Grundgesetzes regele sehr klar: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ Für Durchsuchungen gelten strenge, klar definierte Regeln.
So schön es sei, Diebesgut mittlerweile immer häufiger orten zu können: Die Polizei stoße dabei auch immer wieder an Grenzen, berichtet Dulischewski etwa von einem Fall, als ein gestohlenes hochwertiges Fahrrad im Keller eines Mehrfamilienhauses geortet werden konnte. Da dann aber mehrere private Kellerabteile hätten durchsucht werden müssen, gab es dafür keinen entsprechenden gerichtlichen Beschluss.
Die Gesetzgebung müsste hier angepasst werden, findet die Polizistin – Detailfragen seien aber schwierig zu beantworten: „Wo will man da Grenzen ziehen? Ist es noch in Ordnung, wenn zwei oder drei Wohnungen von unschuldigen Personen, die mit der Tat nichts zu tun haben, durchsucht werden? Oder nur eine?“
Polizei Mettmann: Beschwerde wird nachgegangen
Für den konkreten Fall, sichert Dulischewski zu, werde der Beschwerde des Einbruchsopfers aus Velbert natürlich nachgegangen. Der 64-Jährigen wünscht die Polizistin, dass sie die Tat möglichst bald und möglichst gut verkraftet. Ein Einbruch ins persönliche Lebensumfeld, so Dulischewski, ist sehr belastend. Der polizeiliche Opferschutz werde versuchen, hier zu unterstützen, so die Polizeisprecherin.
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