Essen. In Essen heißen Kinder Tyson, Elvis oder Rocky. 2022 wählten Eltern aber auch Babynamen wie Hans und Franz, Hedwig, Hildegard oder Gerda.
Essener Eltern benennen ihre Kinder schon mal nach der Altkanzlerin, nach Fußballstars oder Gottheiten: Diese Jungen und Mädchen haben ein Alleinstellungsmerkmal. Auch altmodische Namen wie Günther oder Elfriede werden selten vergeben.
Gleichzeitig gibt es Modenamen, die jahrelang dutzendfach gewählt werden. Auf der Namensliste mit den Babynamen, die im Jahr 2022 in Essen vergeben wurden, belegen Sophie und Adam die Spitzenplätze. Marie, die über viele Jahre und auch noch 2021 den ersten Platz bei den Mädchen errang, wurde verdrängt. Bei den Jungen landete Noah, der Spitzenreiter von 2021, diesmal auf Platz 2.
Bundesweit belegt Noah übrigens weiter den Spitzenplatz. Auf der Hitliste, die der Vornamensexperte Knud Bielefeld Jahr für Jahr erstellt, liegt bei den Mädchen im Jahr 2022 Emilia auf dem ersten Platz.
Mohammed findet sich in vielen Schreibweisen
In Essen finden sich in den Top Ten viele schon länger populäre Namen wie Mia, Ella oder Charlotte bei den Mädchen und Paul, Alexander und Elias bei den Jungen. Auch Ali landete mit Platz 5 diesmal wieder auf einem vorderen Rang. Zehn Jahre ist es her, dass die Allianz Essener Türken die Namensliste der Stadt infrage gestellt hatte, weil nicht nur Ali, sondern auch Mohammed nicht in die Top Ten gelangt war. Das Standesamt reagierte, indem es nun immer sämtliche in Essen vergebene Vornamen veröffentlicht, nicht nur die ersten zehn.
Seither findet man auf den hinteren Rängen verschiedene Schreibweisen des bei Muslimen beliebten Namens – so auch in diesem Jahr: Addiert man Mohammad (15-mal vergeben), Mohammed (13), Mohamed (10), Muhammed (5) und Muhammad (4), kommt man auf 47. Damit läge der Name vor dem Spitzenreiter Adam, der 42-mal vergeben wurde.
Die überwiegende Zahl der 2022 geborenen Babys – nämlich 3269 – erhielt nach Angaben der Stadt nur einen Vornamen. Das Standesamt beurkundete aber immerhin 1294 Kinder mit zwei sowie weitere 97 mit drei Vornamen. In elf Fällen entschieden sich die Eltern sogar für mehr als drei Vornamen.
In Essen leben Flavius-Viorel und Alexandra-Spyridoul
Beliebt sind offenbar ungewöhnliche Bindestrich-Namen. Gab es in der (Groß-)Eltern-Generation noch Marie-Luise und Karl-Heinz, heißen die Mädchen vom Jahrgang 2022 zum Beispiel: Freya-Eylül, Flavia-Silica, Fidan-Aleyna, Fernanda-Paulina, Estera-Delya, Eva-Anais, Alexandra-Spyridoul, Anastasia-Reyana, Angelie-Lia, Divine-Yemisi, Chimamanda-Ziva, Marta-Genesa, Michaela-Paraskevi oder Ukinebo-Melody.
Ähnlich klangvoll fallen die Jungennamen aus: Gerard-Stefan, Simon-Elisei, Silas-Maximilian, Samuel-Dominic, Francesco-Samoel, Eymen-Ahad, Flavius-Viorel, Mirac-Besim, Liyan-Nedim, Linus-Paul, Kylian-Samuel, Kevin-Matias, Efraim-Isaia-Zmântâ oder Abdel-Hafes.
Der Bindestrich-Name Hermann-Josef schlägt schon die Brücke zu den eher altmodischen Namen, die durchaus auch noch vergeben werden. Da finden sich etwa Ulrich, Günther und Günter, Hans und Franz, Rolf, Kurt, Jörg, Manfred, Friedrich und Wilhelm. Sowie Annemarie, Elfriede, Gerda, Ingrid, Mechthild, Hedwig und Hildegard.
Eltern nennen ihre Kinder Harmony und Angel
Sie werden in der Kita auf Kinder mit englischen Namen treffen, die wohl für die Wünsche der Eltern stehen: Da heißen Mädchen Hope (Hoffnung), Harmony oder Heaven (Himmel), da werden Jungen Angel (Engel), Victory (Sieg) oder Wealth (Wohlstand) genannt. Und Prince wird eines Tages vielleicht mit Princess in der Schulbank sitzen.
Die Namen der Essener Kinder erzählen von einer multikulturellen Stadt, in der Riad, Medina und Tennessee ebenso zu Hause sind wie Benito, Elvis, Lotus, Wotan, Artemis und Aladin. In der Rocky und Tyson leben, Sherif, Tchoko und Ihechukwu. In der ein Junge Maria heißt und ein anderer Laura. In der das Standesamt lange Namen einträgt wie Oleksandrovych und ganz kurze von An, Anh, Al, Alp, Ata, über Bùi, Cio, Dea, Ece, Eto, Fee, Fox, Iwo, Jul, Kim, Nil, Pio, Sai, Son, Sue, Su, Tit bis zu Via, Yaa und Zin.
Langzeit-Kanzlerin ist Namenspatin
Wer durch die Liste scrollt, stellt fest, dass man Kinder heute Fanta und Diamand nennt, Kausser oder Schmölz. Und manchmal wird auch der Nachname einer Berühmtheit zum Vornamen umgewidmet: So bekam in Essen im vergangenen Jahr ein Mädchen den Kanzlerinnennamen „Merkel“ als Rufnamen. Beim kleinen Jungen namens Beckham könnte der britische Fußballstar David Beckham Pate gestanden haben.