Essen. . Muhamed-Ali, Thor und Pascha, Princess und King, Yi und Ya kamen 2017 in Essen zur Welt. Die beliebtesten Namen sind aber Sophie und Alexander.
Erstmals seit 2009 belegte Marie im vergangenen Jahr nicht den ersten Rang auf der Liste der beliebtesten Vornamen – sondern Sophie. Und Elias musste seinen Spitzenplatz nach 2015 und 2016 an Alexander geben. Doch während Modenamen wie Mia, Ben, Paul oder Emma bei den Essenern unverändert beliebt sind, beweisen einige Eltern eine mitunter grenzwertige Kreativität. „Bei uns gibt’s immer ‘was zu lachen“, sagt Anette Werner, die das Sachgebiet Geburten im Standesamt leitet.
Gelacht werde natürlich nicht in Gegenwart der Eltern, die hierzulande in der Namenswahl grundsätzlich frei seien. Der Stammhalter soll Fridolin Ferdinand Faxe heißen? „Wenn’s gewünscht wird, beurkunden wir das“, sagt Anette Werner. Rechtliche Einwände gebe es auch nicht gegen Moncherie Louisiana, Moncherie habe man per Internetrecherche geprüft. 6039 Geburten – 87 mehr als 2016 – haben Werner und ihr Team im vergangenen Jahr beurkundet: 1616 Mädchen- und 1601 Jungennamen, die die Internationalität der Stadt und die neue Lässigkeit der Standesämter zeigen.
Kinder dürfen Bentley, Fleur oder Awesome heißen
„Früher musste sich aus dem Namen noch eindeutig ergeben, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelt“, sagt Werner und es klingt so, als sei dieses Früher mindestens 100 Jahre her. Längst trägt das Essener Standesamt Fleur (französisch: Blume), Bentley oder Awesome (englisch: großartig) ein.
Die beliebtesten Mädchennamen 2017 in Essen
Bei aller Offenheit gegenüber neuen Moden und fremden Kulturen, gibt es aber auch heute Fallstricke bei der Namensgebung. Wer keinen deutschen Ausweis hat, ist auch in Essen oft dem Recht des Heimatlandes unterworfen. „Staaten wie Marokko haben offizielle Listen mit Namen, die vergeben werden dürfen. Weichen wir davon ab, stellt das Konsulat womöglich keinen Pass aus.“
„Stellen Sie sich Bienchen mit 40 Jahren und 80 Kilo vor“
Nach deutschem Recht sei übrigens das Kindeswohl das entscheidende Kriterium. Ob das beeinträchtigt ist, können Eltern notfalls vor dem Amtsgericht klären lassen. Doch meist versuche man es mit Überredung, sagt Anette Werner: „Viele Menschen haben ja nur ihr Baby vor Augen. Die wollen ihre Tochter dann zum Beispiel Bienchen taufen. Da sage ich: ,Stellen Sie sich Bienchen mal mit 40 Jahren und 80 Kilo vor.’ Das Kind soll doch keine Lachnummer werden.“
Anderen sei nicht klar, welche Einladung zum Spott ein Name sein könne: „Die denken an den Fußballstar Messi und können sich nicht vorstellen, dass Messie ein Schimpfwort sein kann.“ Für Irritationen im Amt sorgte ein Paar, dass sein Kind Dämon nennen wollte – gemeint war der englische Vorname Damon. Wenn Eltern auf einer falschen Schreibweise bestünden, lasse man sich das unterschreiben: „Nicht, dass sich Eltern oder das Kind später bei uns beschweren.“
„Manche Eltern machen ihr Kind zur Leinwand“
An eine Klage kann sich Anette Werner nicht erinnern, aber wenn jemand auf Trump als Vornamen bestehen sollte, würde sie das gerichtlich prüfen lassen. „Che ist heute out, aber Eltern, die ihr Kind nach weltanschaulichen Aspekten benennen und zur Leinwand machen, gibt es noch immer.“
Die beliebtesten Jungennamen 2017 in Essen
Mancher Name klinge nur hierzulande gewollt originell: Queen etwa sei bei vielen Afrikanern beliebt, Elvis bei Sinti. Einige Flüchtlinge hätten ihre Töchter als Dank an die Kanzlerin Angela genannt. Mehr als fünf Vornamen würde nur in Adelskreisen vergeben: „Wir haben hier eher den Kevinismus mit populären englischen Namen.“
Das Standesamt hat auch einen Sicherheitsdienst
Dass sich Eltern auf dem Amt über den Namen streiten, komme fast nie vor. Dass Männer – vor allem aus dem arabischen Kulturkreis – alleine erscheinen, dagegen häufig. „Da betreiben wir kulturelle Aufklärung und erklären, dass sie hier mit ihrer Frau wiederkommen müssen.“ Nicht immer sei die Einsicht da, manchen Vater müsse man hinausbegleiten: „Es ist kein Geheimnis, dass das Standesamt einen Sicherheitsdienst hat.“
>>>Wo Porntippa auf Ümmügülsüm und Sheriff trifft
Die städtische Liste mit den beliebtesten Vornamen erfasst sämtliche 6039 Geburten, die im vergangenen Jahr in Essen beurkundet wurden. Und Kenner wissen, dass es auf den hinteren Plätzen richtig interessant wird. Da trifft Muhamed-Ali auf Pascha und Sheriff, die alle einzigartig sind – in der Kita aber womöglich den drei Knirpsen mit Namen Thor begegnen. Da können die beiden Mädchen namens Princess jeweils einen King kennenlernen, und Kuba schließt vielleicht Freundschaft mit Paris.
Melody wird hoffentlich musikalisch, Peace friedvoll, Success möge Erfolg haben und Blessing gesegnet sein. Werden alle Kinder verstehen, dass Gift ein Geschenk ist? Werden Naomi, Chloé, Zara und Valentino über Mode plaudern? Wird Heavenlypraise eines Tages die beste Freundin von Hedwig?
Ja, auch deutsche Namen sind zurück: Annemarie, Anneliese und Annegret, Effi, Margot, Traudl genauso wie Dietmar, Heinrich, Fridolin, Friedrich, Gottfried, Günter, Heinz, Kurt. Eines Tages sitzen sie mit Porntippa und Ümmügülsüm im Klassenzimmer. Dort wird auch mancher Doppelname die Lehrer fordern: Alessio-Thiago, Alesija-Mina, Aiden-Connor, Armani-Chinedu, Djultena-Joena, Dewrim-Baris, Jax-Finnegan oder Valentino-Angelo. Zum Ausgleich gibt es: Lin, Lio, Til, Tyr, Vy, Ya und Yi.