Essen-Burgaltendorf. Mit dem Wohnmobil in die Welt: Das macht ein Paar aus Burgaltendorf und wundert sich, warum es in Essen keine Stellplätze gibt. Ideen haben sie.
Claudia Schäfer und ihr Mann Anthony Christopher wohnen in Burgaltendorf. Mit ihrem Wohnmobil „Fuzzy III“ sind der im südenglischen Bornemouth geborene 84-Jährige und die elf Jahre jüngere Gattin in der Welt unterwegs. Sie sind da nicht allein, diese Form des Urlaubs boomt. Die Freiheit, immer woanders zu nächtigen und doch Bett und Küche dabei zu haben, gefällt immer mehr Menschen. Die Zahl der in Essen zugelassenen Wohnmobile hat sich seit 2019 auf ungefähr 2200 verdoppelt.
Das Ehepaar kommt gerade zurück von einer dreiwöchigen Tour. Diesmal waren die beiden in Schottland und haben viel zu berichten. Sie ärgern sich aber über die Stellplatznot in Essen und machen Verbesserungsvorschläge. Aufgefallen waren den beiden Aussagen in einem Bericht unserer Redaktion, in dem sich Anwohner der Karnaper Lohwiese über vor ihrer Haustür parkende Wohnmobile beschwert hatten. Für die Essener Marketing Gesellschaft hatte Sprecher Florian Hecker erklärt: „Reine Stellplätze ohne Versorgung wären schon ein erster Schritt und deutlicher Gewinn.“
Abstellplätze sind etwa eingezäunte Flächen ohne Wasser oder Strom
Zunächst einmal müsse man wohl die Begrifflichkeiten klären, sagt Anthony Christopher seine Ansicht dazu: „Stellplätze sind keine Abstellplätze, sondern in der Regel speziell eingerichtete, meist gebührenpflichtige Flächen für Übernachtungen im Wohnmobil. Dazu gehören oftmals Frisch- und Abwasser sowie kostenpflichtige Stromanschlüsse. Dagegen sind Abstellplätze beispielsweise von Bauern oder Campingplatzbetreibern eingezäunte Flächen ohne Wasser oder Strom. Dort wird kostenpflichtig überwintert.“
Die Ansammlungen von Caravans und Wohnmobilen, die man überall im Stadtgebiet am Straßenrand finde, stünden auf Parkplätzen, die so blockiert würden. Die Besitzer hätten zwar das Recht, ihre Wohnmobile im öffentlichen Raum zu parken, doch das sei keine gute Lösung. Dazu kämen auch Touristen, die nicht wissen, wohin mit den oft sehr großen Gefährten.
Plätze mit der App finden
In Essen gibt es fünf offiziell für Wohnmobile ausgewiesene Stellplätze an der Baedeckerstraße, in Nähe der Philharmonie. Mit Parkschein dürfen die Gefährte dort für drei Tage stehen. Es gibt auch einen kostenpflichtigen Stromanschluss.
Kommerzielle Anbieter sind unter anderem der Knaus-Campingpark in Werden und der Campingplatz Cammerzell in Kettwig.
Stellplätze findet man unter anderem mit den Apps „park4night“ und „Promobil“. In England gibt es „Brit Stops“, wo auch Bauernhöfe und Kneipen Stellplätze anbieten.
Claudia Schäfer und Anthony Christopher fragen sich: „Wieso ist es in Essen nicht möglich, Verhältnisse wie in anderen Ländern zu schaffen? Dort funktioniert Park&Ride hervorragend. Fast überall kann man für wenig Geld vom Stellplatz am Stadtrand mit einem Ticket in die City hin- und zurückfahren. Das wäre doch auch was für Essen. Jeder Besucher bringt doch Geld in die Stadt.“
Ehepaar reist seit 16 Jahren leidenschaftlich gerne mit dem Wohnmobil
Vor 18 Jahren lernten sich die beiden Verwitweten kennen und lieben. Claudia Schäfer war immer abenteuerlustig: „Je exotischer, desto besser. Ich war zum Trekking in Nepal, auch in Tibet, Thailand, Burma, Grönland, Indien.“ Ihr Gatte lächelt: „Ich war bei der Royal Air Force angestellt und habe dadurch die ganze Welt kennengelernt. Letztlich bin ich in Deutschland hängen geblieben.“ Das Ehepaar reist seit 16 Jahren leidenschaftlich gerne mit dem Wohnmobil durch die Lande: „Unser erstes Gefährt war ein 5,80 Meter langer Frankia, nun fahren wir einen 6,40 Meter langen Pössl. Mit Anhänger, der unsere E-Trikes transportiert.“
Der allererste Trip ging schief: „Wir waren blutige Laien und haben aber auch alles falsch gemacht. Im Januar waren wir die einzigen auf dem Platz und die Toiletten waren geschlossen. Dann ging uns noch das Gas aus. Aber wir haben schnell dazugelernt.“ Nachdem ihnen in Maastricht die Fenster aufgehebelt wurden, besorgten sie ihrem Wohnmobil „Fuzzy III“ einbruchsichere Fensterrahmen. Einmal ging es 65 Tage lang durch Frankreich, Spanien und Portugal.
In England lernten die Essener Vorzeige-Stellplätze kennen
Sehr eindrucksvoll war die Tour ins Baltikum: „Das steht fürs kommende Jahr wieder auf unserem Plan.“ Es ging schon nach Tschechien, Schweden, Dänemark. Sehr beeindruckend fand das Ehepaar Island und Marokko. Und auch England, Irland und Schottland. Zuletzt wollten sie dort die Nordlichter bestaunen, hatten aber Pech mit dem Wetter: „Es regnete und stürmte, irgendwann haben wir aufgegeben und sind ins südliche Schottland gefahren.“ Dort im Schatten von Stirling Castle wurde das Paar einem offiziellen Vertreter der englischen Krone als „very special guests“ vorgestellt und mussten mit auf ein Erinnerungsfoto.
In England lernten sie Vorzeige-Stellplätze kennen: „In Canterbury zahlten wir vier Pfund am Tag. Da war aber ein Ticket für gleich sechs Personen für den Shuttlebus in die City enthalten. Die Busse fuhren alle acht Minuten. Ein Superservice für Touristen.“ In Perth war der Platz sogar kostenfrei für drei Nächte, allerdings nicht der Shuttlebus: „Aber der war nicht teuer.“ Nicht nur in Deutschland fänden sich Stellplätze oft an Bädern oder Kurparks, häufig mit Toiletten, Duschen und Stromanschluss: „Teilweise für bis zu 50 Wohnmobile, selbst in kleineren Gemeinden.“
Die Stadt Essen soll sich von den vielen positiven Beispielen inspirieren lassen
Der ruhigste Stellplatz sei neben einem Krematorium gewesen, sagt Claudia Schäfer: „Friedhöfe sind immer gut, da gibt es Wasser.“ Ehemann Anthony grinst: „Der mit Abstand lauteste war im schottischen Inverness.“ Und in Leer sei der Marktplatz vorgesehen, aber immer anderweitig belegt. Doch die Stadt Essen solle sich lieber von den vielen positiven Beispielen inspirieren lassen. Reichlich Platz sei doch zum Beispiel auf dem selten genutzten Messeparkplatz am Flughafen Essen-Mülheim.
Und warum auf Zollverein kein Platz sein solle für Wohnmobile, will dem Paar auch nicht einleuchten: „Das wäre doch ideal an den ÖPNV angeschlossen.“ Ihren „Fuzzy III“ werden die Christophers nun nach Bochum ins Winterquartier bringen: „Bisher war das in Wattenscheid, in einer riesigen Halle für bis zu 700 Wohnmobile. Doch das gibt es nicht mehr und wir probieren einen neuen Abstellplatz.“