Essen. Beim Ausbau des Radverkehrs hinkt die Stadt den eigenen Zielen hinterher. Das kritisiert der „Radentscheid Essen“. Was 2023 geplant ist.
Der „Radentscheid Essen“ hat es ins Rollen gebracht: Rund zwölf Millionen Euro wird die Stadt Essen im kommenden Jahr investieren, damit das Fahrradfahrern zwischen Karnap und Kettwig attraktiver und vor allem sicherer wird. 220 Millionen sollen es bis zum Ende des Jahrzehnts werden. Das ist ein Haufen Geld, doch die Umsetzung des Bürgerentscheids zum Ausbau des Radverkehrs, dem sich der Rat der Stadt vor mehr als zwei Jahren angeschlossen hat, gestaltet sich in der Praxis als zäh und schwierig. Das Fazit der Initiatoren des „Radentscheids“ fällt gar verheerend aus: Die Stadt habe bislang schlichtweg versagt.
Den zuständigen Ämtern der Stadtverwaltung sei es nicht gelungen, selbst planerisch und baulich weniger aufwändige Ziele innerhalb eines Jahres umzusetzen, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative. Ein Beispiel: Für sperrige Lastenräder sollten zwölf Abstellplätze eingerichtet werden, realisiert wurde aber nur einer.
Beim Bau von Radwegen würden Mindeststandards nicht eingehalten
„Die Liste der unzureichenden Maßnahmen lässt sich beliebig fortsetzen“, beklagt „Radentscheid Essen“ und nennt den Ausbau von Radwegen. Es lasse sich nicht erkennen, dass die Verwaltung bei der Planung neuer Radwege wichtige Strecken priorisiere oder Lücken um Radwegenetz gezielt schließe. Technische Standards wie Mindestbreiten würden nicht eingehalten, wie beispielsweise an der Wickenburg. Statt eines 2,50 Meter breiten Radfahrstreifens sei dort nur ein 0,50 bis 0,75 Meter schmaler Sicherheitsstreifen vorgesehen. Auch bei den Planungen für die Kupferdreher Straße und für die Heiligenhauser Straße/Ringstraße würden Mindeststandards nicht eingehalten.
Das klingt nach starkem Tobak. Aber Fakt ist: Die Stadt hinkt den selbstgesteckten Zielen hinterher. Das hat auch personelle Gründe. Die Verwaltung hatte einige Schwierigkeiten, die für die Umsetzung des Radentscheides erforderlichen zusätzlichen Stellen, zu besetzen. In 18 von 22 Fällen sei dies inzwischen gelungen. Ein Großteil des Personals konnte jedoch nur durch interne Wechsel gewonnen werden, es fehlt also an anderer Stelle. Dünn sei die Personaldecke nur im Bereich Planung, was Auswirkungen auf Ausschreibungen um Umsetzung der Projekte habe.
Für 2023 stehen mehrere Vorhaben auf der To-do-Liste der Verwaltung, die eigentlich schon in diesem Jahr an der Reihe waren: Der Bau von Fahrradstraßen oder Radwegen an der Norbertstraße, an der Huyssenallee, an der Wittekindstraße, am Stauseebogen, Im Staat, am Imkerweg und an der Altenessener Straße. Weitere sind geplant in Katernberg, in Huttrop zwischen Werden und Velbert und entlang der Wittenbergstraße, wo der dort vorhandene Radfahrstreifen regelmäßig von Autofahrern ignoriert wird.
Fahrräder sollen an Bahnhöfen, Schulen und in Quartieren mehr Stellplätze bekommen
250 Fahrräder sollen in neuen Fahrradparkhäusern oder Fahrradboxen Platz finden, weitere 120 an S-Bahnhöfen. 260 neue Fahrradstellplätze will die Stadt im kommenden Jahr an Schulen und in Wohnquartieren einrichten. Auch Lastenräder sollen ihren Platz bekommen, 23 Stellplätze sind geplant.
Aufseiten von „Radentscheid Essen“ herrscht Skepsis vor. Die Stadtverwaltung soll sich zunächst den einfach zu realisierenden Zielen widmen, die keinen großen Planungsaufwand verlangen. Und weiter heißt es: „Grundsätzlich sind Maßnahmen anzustreben, die eine schnelle Umsetzung ermöglichen.“ Damit der Radentscheid nicht auf der Strecke bleibt.