Essen. Essener Ärzte tragen Mittwoch (21. 12.) schwarze Armbinden. Sie zeigen Solidarität mit den Protesten im Iran: als Teil einer bundesweiten Aktion.

Mit einer plakativen Aktion, zeigen Ärzte und andere Angehörige von Heilberufen jetzt Solidarität mit den Protesten im Iran: Am Mittwoch, 21. Dezember, tragen sie an ihren Arbeitsplätzen eine schwarze Armbinde und fordern ein Ende der Gewalt im Iran. „Wir legen eine Art Schweigeminute in unserem Alltag ein und lenken die Aufmerksamkeit auf die Ereignisse im Iran“, sagt die Essener HNO-Ärztin Shabnam Fahimi-Weber.

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Auch die Stadt Essen solidarisiert sich mit der iranischen Bevölkerung, und lud am Samstag (17. 12.) Vertreter der 2300 Iraner und Iranerinnen in Essen zum Austausch mit Thomas Kufen ins Rathaus ein. „Als Oberbürgermeister ist es mir wichtig, Solidarität mit den Protestierenden im Iran auszudrücken und ihre Anliegen sichtbar zu machen“, hieß es in Kufens Einladung. Sichtbarkeit will auch das „Forum der Heilberufler iranischer Herkunft – Parsimed“, das nun die bundesweite Solidaritätsaktion organisiert, die Mittwoch für Mittwoch wiederholt werden soll.

Bundesweiter Protest in den Praxen

„Wir legen eine Art Schweigeminute in unserem Alltag ein und lenken die Aufmerksamkeit auf die Ereignisse im Iran“, sagt die Essener HNO-Ärztin Shabnam Fahimi-Weber.
„Wir legen eine Art Schweigeminute in unserem Alltag ein und lenken die Aufmerksamkeit auf die Ereignisse im Iran“, sagt die Essener HNO-Ärztin Shabnam Fahimi-Weber. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Seit dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini im September gehen im Iran Zehntausende auf die Straße, um für Freiheit und Menschenrechte einzustehen – und das iranische Regime schlägt mit grausamer Härte zurück. Mehr als 18.000 Menschen seien bereits verhaftet worden, darunter auch Minderjährige. Ihnen drohen Folter und Vergewaltigung, 460 Demonstrierende seien getötet worden, führt das Forum auf. Zuletzt wurden zwei Protestierende öffentlich hingerichtet; der Radiologe Dr. Qora Haasanlou und weitere Demonstranten wurden in Scheinprozessen zum Tode verurteilt.

Zehntausende demonstrieren gegen das Regime im Iran

Auslöser der Proteste im Iran war der gewaltsame Tod von Jina Mahsa Amini, die am 16. September 2022 in Polizeigewahrsam starb. Die junge iranische Kurdin war in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht korrekt getragen und damit gegen die islamischen Kleidervorschriften verstoßen hatte.

Seither demonstrieren landesweit Zehntausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem.

„Wir fordern den sofortigen Stopp der Hinrichtungen sowie der sonstigen menschenverachtenden Gewalttaten“, sagt das Forum. Das wolle man mit dem Tragen der schwarzen Armbinde am Mittwoch unterstreichen. „Gleichzeitig legen wir in unseren Praxen Infoblätter aus, weisen auf Petitionen hin, die unsere Patienten unterschreiben können“, sagt Shabnam Fahimi-Weber. Denn viele Essenerinnen und Essener seien berührt von den Geschehnissen im Iran, „aber sie wissen nicht, was sie tun können“. In den Flyern finden sie unter dem Slogan „Women, Life, Freedom“ (Frauen, Leben, Freiheit) Hinweise auf Unterschriftenaktionen, etwa von Amnesty International.

Iraner in Deutschland bangen mit Familie im Heimatland

Unter dem Eindruck der Geschehnisse in ihrem Herkunfts- oder Heimatland sei in diesen Tagen die iranischstämmige Community in Deutschland zusammengerückt: „Die Revolution hat uns zusammengeführt. Es sind Bindungen, Freundschaften entstanden über alle Unterschiede hinweg“, sagt die Essener Medizinerin. Die einen seien schon in Deutschland geboren, andere erst vor wenigen Jahren hergekommen – sie alle haben Freunde und Angehörige im Iran, mit denen sie nun bangen.

So geht es auch Shabnam Fahimi-Weber, die als 13-Jährige in den 1980er Jahren nach Deutschland kam. Sie wuchs in Düsseldorf auf und lebt seit langem mit ihrem Mann und den drei Kindern in Essen. „Wenn der Protest im Iran keinen Erfolg hat, wird es mit Sicherheit mehr Gewalt gegen die Bevölkerung geben.“ Umso wichtiger sei es, nun an der Seite der Demonstranten zu stehen.

Bundesweit wird dieser Tage gegen die iranische Regierung demonstriert. Das Bild entstand Mitte Dezember am Pariser Platz in Berlin.
Bundesweit wird dieser Tage gegen die iranische Regierung demonstriert. Das Bild entstand Mitte Dezember am Pariser Platz in Berlin. © dpa | Paul Zinken

Das war auch Motivation einer Arbeitsgruppe iranischer Mediziner, die hierzulande stark vertreten sind. Ihrer neueingerichteten Whatsapp-Gruppe schlossen sich binnen weniger Stunden 400 Ärzte und Ärztinnen an. Sie schrieben an Ärztekammern und Kollegen, gründeten Regionalgruppen, die nun den Protest in den Praxen organisieren. Mit dabei sind Medizinische Fachangestellte, Hebammen, Physiotherapeuten und andere Heilberufler. Auch deutsche Kollegen lade man ein, „die Stimme der Menschen im Iran zu sein und sich unserer wöchentlichen Aktion anzuschließen“, sagen die Organisatoren.

Aktivisten wollen das iranische System in die Knie gehen sehen

Sie wünschen sich einen bildmächtigen Protest und bitten darum alle Teilnehmer, ein Foto zu machen, das sie mit schwarzer Armbinde oder mit dem Slogan „Frauen, Leben, Freiheit“ zeigt. Man wolle „Licht in die Dunkelheit“ bringen und ganz konkret Paten finden, die sich für verurteilte Iraner einsetzen.

Zu den Zielen der Aktivisten gehöre auch, „dass die iranischen Revolutionsgarden von der EU als terroristische Organisation eingestuft werden. Dann könnte man ihre Gelder einfrieren“, sagt Fahimi-Weber, die in der Regionalgruppe West aktiv ist. So könnte großer Druck auf das Regime in Teheran ausgeübt werden. Die freiheitlichen Werte gelte es, überall in der Welt zu vertreten, und die „erste Revolution der Frauen“ strahle auch auf andere Länder aus, sagt die Ärztin. „Es wäre ein so großes Zeichen, wenn die iranische Regierung in die Knie gehen würde.“