Essen. Beim weihnachtlichen „Krimitag“ in der Essener Zentralbibliothek ging es um Spannung – und wieder den guten Zweck. Wie erfolgreich der Abend war.
Es weihnachtet überall. Im Rahmen der „Herzenswünsche“-Tour von Rot-Weiss Essen und Essener Chancen finden derzeit zahlreiche Bescherungen in verschiedenen Kitas im Essener Norden statt – zur Freude der vielen Mädchen und Jungen. Doch die Sozialinitiative des Fußballclubs wurde kürzlich ebenfalls beschenkt. Beim „Krimitag“ unter dem Motto „Tatort unterm Tannenbaum" haben sich Autorinnen und Autoren aus dem Ruhrgebiet für den guten Zweck engagiert. Der Erlös der Benefizveranstaltung in der Essener Zentralbibliothek soll dem Lernort der Essener Chancen an der Seumannstraße zugutekommen.
Essener-Chancen-Leiter Tani Capitain hatte Gelegenheit, vor den über 90 Gästen die verschiedenen Bildungsprojekte vorzustellen, die seit nunmehr zehn Jahren benachteiligte Kinder und Jugendliche aus dem Essener Norden unterstützen. Elf gibt es insgesamt – der Bogen spannt sich dabei von der Kita bis hin zur Berufsorientierung.
Erlös kommt Lernort Seumannstraße zugute
Am „Lernort Seumannstraße“ beispielsweise bekommen fußballbegeisterte Kinder und Jugendliche aus weiterführenden Schulen eine Kombination aus sportlicher Förderung und qualifizierter pädagogischer Betreuung. Für die gut 40 Teilnehmenden gibt es u.a. eine Hausaufgabenbetreuung und Klausurvorbereitung. Beim Projekt „Bessermacher“ sitzen wiederum das Gymnasium Essen Nord-Ost und das Leibniz-Gymnasium mit im Boot. Gezielt wird der Weg zum bestmöglichen Abschluss vorbereitet. Die ersten Teilnehmer konnten dieses Jahr das bestandene Abi groß feiern.
Auch auf das Inklusionsteam III der Essener Chancen machte Tani Capitain aufmerksam. Die Mannschaft besteht zum Teil aus Spielern, die mit individuellen Schwierigkeiten wie etwa psychosomatischen Beschwerden klarkommen müssen, oder Suchterfahrungen haben. Auf dieses Team ist Tani Capitain besonders stolz, „denn es ist von der Kreisliga C in die Kreisliga B aufgestiegen“.
Zeitreise in die Vergangenheit der jungen Republik
Auf diese Weise motiviert für die gute Sache, legten die Fachfrauen und -männer in Sachen Mord und Totschlag los. Nach zweijähriger Corona-Pause bestand endlich eine gute Gelegenheit, frische Texte zu Gehör zu bringen. Für die spannende Krimi-Unterhaltung in der Essener Bibliothek sorgten die Spiegel-Bestsellerautorin Brigitte Glaser aus Köln, Spreewaldkrimi-Spezialistin Christiane Dieckerhoff, das Essener Krimi-Multitalent Klaus Heimann und Gesine Schulz, die mit ihrer Heldin Karo Rutkowski den Putzfrauenkrimi erfand. Es moderierten ihre Kollegen Ursula Sternberg und Arnd Federspiel.
Sowohl Brigitte Glaser als auch Christiane Dieckerhoff gehen in ihren Politthrillern einige Jahrzehnte in die Geschichte unserer damals noch jungen Republik zurück. Glaser versetzt das Publikum in „Kaiserstuhl" in die Zeit der deutsch-französischen Konsultationen im Jahr 1962. Eine alte Champagnerflasche wird zum begehrten Objekt für den französischen Sicherheitsdienst. Sie steht für die Plünderungen der Deutschen in Frankreich und soll Adenauer und de Gaulle bei einem Festakt überreicht werden.
Vom Politthriller über die amüsante Kurzgeschichte bis zum Regio-Krimi
Christiane Dieckerhoff bekennt zwar, sie sei „fremd gegangen“ mit ihrem Roman-Neuling „Meine fremde Mutter“. Doch das Krimigenre gänzlich verlassen hat sie mit ihrem Zeitdokument aus den 70er und 80er Jahren damit doch nicht wirklich. Denn die Suche einer jungen Frau nach ihrer leiblichen Mutter, die eine international gesuchte Terroristin der RAF gewesen sein soll, hörte sich an diesem Benefizabend extrem spannend an – Verfolgungsjagden und Schusswechsel inklusive.
Insofern alles gut beim „Tatort unterm Tannenbaum“, bei dem auch heftig geschmunzelt werden durfte. Gesine Schulz entführte in ihrer Kurzgeschichte „White Christmas“ auf den Essener Weihnachtsmarkt. Trotz schwieriger Umstände hat ihre Heldin Karo Rutkowski einen fast schon filmreifen Fahndungserfolg. Und Klaus Heimann hatte mit der Schilderung eines Weihnachtsabends bei seinem Serienmörder-Ermittler Sigi Siebert auf jeden Fall die Lacher auf seiner Seite. „Spiel des Schneemörders“ hält zudem alle Zutaten eines echten Regio-Krimis bereit.
Alljährlicher Krimitag
Mit dem „Krimitag“ ehren die deutschsprachigen Krimiautorinnen und -autoren der Vereinigung „Syndikat“ alljährlich Friedrich Glauser. Der 1896 geborene Schweizer Schriftsteller brachte mit seinen Romanen („Wachtmeister Studer“) den aus dem angelsächsischen Raum stammenden Krimi mit einer ganz eigenen Stimme in den deutschen Sprachraum.Nach einem bewegten Leben starb Glauser am 8. Dezember 1938 – am Vorabend seiner Hochzeit. Das „Syndikat“ wählte Glauser 1987 zum Namenspatron des von ihm beim Krimifestival „Criminale“ verliehenen Preises für die besten Kriminalromane des Jahres. Um den 8. Dezember herum gibt es Benefizlesungen zum „Krimitag“.
RWE-Spieler signierten Fußball für die Tombola
Bereit waren auch die Besucherinnen und Besucher für Tombola-Lose und den Buchverkauf. Rund 650 Euro kamen zusammen für die Essener Chancen. Tani Capitain, der für die Tombola im Übrigen einen von den RWE-Spielern signierten Fußball zur Verfügung gestellt hatte, resümiert: „Wir hatten neben der großartigen Spende einen kurzweiligen Abend mit tollen Autorinnen und Autoren und einem netten Publikum. Es hat uns richtig Spaß gemacht.“