Essen. Drei Personen flüchten in einem dunklen Audi. Nach der Automatensprengung in Essen-Kray liegen etliche Geldscheine verstreut auf dem Bürgersteig.
Erneut haben Automatensprenger in den frühen Morgenstunden zugeschlagen: Am Dienstag traf es die Filiale der Sparkasse an der Krayer Straße 227 in Essen. Anwohner hatten gegen 2.30 Uhr einen lauten Knall gehört und die Polizei alarmiert. Nach der Sprengung sollen drei Personen mit einem dunklen Audi geflohen sein. Ob und in welcher Höhe sie Beute gemacht haben, war zunächst unklar. Erste Fahndungsmaßnahmen der Polizei blieben erfolglos.
Mehrere Anwohner alarmierten den Notruf, als sie die Explosionen hörten. Die Zeugen konnten beobachten, wie zwei dunkel gekleidete Verdächtige die Bank verließen und hastig Geldscheine in Taschen stopften, die auf dem Gehweg verstreut lagen.
Als der erste Streifenwagen vor Ort eintraf, entdeckten die Beamten einen offenbar wartenden schwarzen Kombi (vermutlich ein Audi), in den die Täter sprangen. Mindestens einer der Kriminellen soll dabei durch die geöffnete Scheibe ins Innere des Fluchtfahrzeugs gehechtet sein.
Beamte zogen ihre Dienstwaffe
Die Beamten hielten neben dem vermeintlichen Fluchtfahrzeug und forderten den Fahrer unter vorgehaltener Dienstwaffe zum Aussteigen auf. Doch der duckte sich kurz weg und fuhr in Richtung Heinrich-Sense-Weg davon. Der Streifenwagen nahm die Verfolgung auf, verlor allerdings an der Hubertstraße den Sichtkontakt zu dem hochmotorisierten Kombi. Trotz umfangreicher Fahndungsmaßnahmen, die auch durch einen Polizeihubschrauber unterstützt wurden, konnten die Täter flüchten.
Der Vorraum der Bank wurde bei der Detonation stark beschädigt. Bewohner des Wohn- und Geschäftsgebäudes, in dem sich die Bankfiliale befindet, wurden glücklicherweise nicht verletzt. Die Krayer Straße musste bis zum Ende der Spurensicherung und der Aufräum- und Reinigungsarbeiten bis um 7.30 Uhr gesperrt bleiben.
Erste Ermittlungen der Kripo deuten daraufhin, dass die gleichen Täter kurz vor der Geldautomatensprengung in Kray in eine Bankfiliale an der Colsmannstraße in Kupferdreh einbrechen wollten, dort aber offenbar scheiterten. Die Kennzeichen des Fluchtfahrzeuges sollen heute Nacht an der Heiligenhauser Straße in Höhe der Rindersberger Mühle gestohlen worden sein.
Die Polizei sucht in dem Zusammenhang Zeugen, die Hinweise zu den Tätern geben können. Diese werden gebeten, sich unter der zentralen Rufnummer der Polizei unter 0201/829-0 zu melden.
Der Modus Operandi ist ein sehr gefährlicher
Zuletzt war im Januar ein Geldautomat der Deutschen Bank in Kupferdreh gesprengt und ein Wohn- und Geschäftshaus an der Kupferdreher Straße schwer beschädigt worden. Der Modus Operandi der skrupellosen Kriminellen ist ein sehr gefährlicher: Seit 2019 benutzen sie vorwiegend Sprengstoff anstatt der früher üblichen Gas-Mischung, um eine Detonation auszulösen.
Nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes (LKA) wurden im vergangenen Jahr bei mehr als zwei Drittel der Taten sogenannte „Blitz-Knall-Körper“ eingesetzt, in diesem Jahr waren es fast 90 Prozent. begangen. Meistens kommt es zu zwei Sprengungen, so das LKA. Zunächst wird der „Kopf“ des Geldautomaten durch eine Explosion geöffnet, dann wird ein ganzes Sprengstoffpaket ins Innere des Geräts eingeführt.
Das LKA warnt: „Aufgrund der deutlich höheren Sprengwirkung von Explosivstoffen im Vergleich zu Gassprengungen entstehen regelmäßig hohe Schadensbilder an Gebäuden und der umliegenden Infrastruktur mit unkalkulierbaren Gefahren für unbeteiligte Dritte sowie eingesetzte Kräfte.“
Die Verfolgung der Täter bleibt schwierig
Die Polizei tritt im Kampf gegen Geldautomaten-Sprengungen weiter auf der Stelle. Ein halbes Jahr nach Einrichtung einer neuen Sonderkommission für dieses Kriminalitätsphänomen musste Innenminister Herbert Reul (CDU) im Oktober eine ernüchternde Bilanz ziehen. Bis dahin wurden NRW-weit bereits erneut 133 Anschläge auf Automaten verübt. Im gesamten Vorjahr waren es 152, im Jahr 2020 wurden 176 Fälle registriert.
Nach Erkenntnissen der Ermittler wurden allein in diesem Jahr bei 56 bereits ausgewerteten Geldautomatensprengungen knapp 5,5 Millionen Euro erbeutet. Die zum Teil erheblichen Zerstörungen an Bankfilialen und benachbarten Wohn- und Geschäftshäusern seien da noch gar nicht eingerechnet.
Obwohl der Polizei im Sommer mit Hilfe der niederländischen Behörden zum Teil spektakuläre Ermittlungserfolge gelangen, bleibt die Verfolgung der hoch professionell organisierten Täter, die meist aus dem Nachbarland nach Deutschland kommen, weiter schwierig. Nur 16 Fälle konnten in diesem Jahr vollständig aufgeklärt werden.