Düsseldorf. Ein Bericht des Innenministeriums zeigt, dass die Anschläge trotz Einrichtung einer SOKO weiter Alltag sind. Jetzt gibt es neue Ideen.
Die nordrhein-westfälische Polizei tritt im Kampf gegen Geldautomaten-Sprengungen weiter auf der Stelle. Ein halbes Jahr nach Einrichtung einer neuen Sonderkommission für dieses Kriminalitätsphänomen musste Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in einem Bericht für den Innenausschuss des Landtags eine ernüchternde Bilanz ziehen. Allein bis Mitte Oktober wurden NRW-weit bereits erneut 133 Anschläge auf Automaten verübt. Im gesamten Vorjahr waren es 152, im Jahr 2020 wurden 176 Fälle registriert.
Die Schäden durch die meist nachts verübten Anschläge sind immens. Nach Erkenntnissen wurden allein in diesem Jahr bei 56 schon ausgewerteten Geldautomatensprengungen knapp 5,5 Millionen Euro erbeutet. Die zum Teil erheblichen Zerstörungen an Bankfilialen und benachbarten Wohn- und Geschäftshäusern seien da noch gar nicht eingerechnet, so das Innenministerium. Obwohl der Polizei im Sommer mit Hilfe der niederländischen Behörden zum Teil spektakuläre Ermittlungserfolge gelangen, bleibt die Verfolgung der Täter weiter schwierig. Nur 16 Fälle konnten in diesem Jahr vollständig aufgeklärt werden.
SOKO soll Arbeit bis ins nächste Jahr fortsetzen
Reul will nun die Arbeit der Sonderkommission „Bekämpfung von Geldautomaten-Sprengungen" (Soko BEGAS) mindestens bis März 2023 verlängern. Die spezialisierten Ermittler sollen alle Erkenntnisse zusammenführen und Tatorte mit dem großen Besteck der Kriminaltechnik untersuchen - wie sonst nur bei einem Tötungsdelikt. „Bei Geldautomaten-Sprengungen handelt es sich um ein kriminal- sowie einsatzfachlich hochkomplexes Kriminalitätsphänomen, das die Einbindung verschiedener Organisationseinheiten der Polizei erfordert“, so der Minister.
Für einen Großteil der geklärten Taten waren professionelle niederländisch-marokkanische Banden aus Utrecht, Amsterdam und Rotterdam verantwortlich, die mit hochmotorisierten Autos über die Grenze kommen und Automaten mit zum Teil erheblichen Ladungen Sprengstoff in die Luft jagen. Die NRW-Polizei geht von einem Netzwerk von 400 bis 500 Personen aus.
NRW plant Risikoradar für alle Bankautomaten
Die Ermittler arbeiten jetzt an einer Art Risikoradar für alle rund 11.000 Geldautomaten in NRW, mit dem die Wahrscheinlichkeit eines Anschlags anhand von geografischen Besonderheiten wie Fluchtwegen, technischen Aspekten wie der lokalen Sicherung des Geräts oder Leerungsroutinen ermittelt werden soll. Zudem wurde den Banken geraten, in ihren Automaten eine Einfärbe- und Verklebetechnik für Geldscheine nachzurüsten oder Vernebelungsanlagen in der Filiale einzusetzen.
Als wirksamster Schutz gilt allerdings, weniger Geldautomaten aufzustellen - wie es etwa in den Niederlanden der Fall ist. „Das Spannungsverhältnis zwischen der notwendigen Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Bargeld auf der einen Seite und der Sicherung der Geldautomatenstandorte vor kriminellen Angriffen auf der anderen Seite stellt alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen“, heißt es im Reul-Bericht.