Essen. In Kupferdreh ist in der Nacht ein Geldautomat gesprengt worden. Das Haus ist jetzt unbewohnbar. Drei Männer flüchteten in einem Audi.

Zwei heftige Detonationen haben in der Nacht zu Montag die Kupferdreher Straße in Essen erschüttert. Unbekannte sprengten dort einen Geldautomaten der Deutschen Bank. Die Schäden sind beträchtlich: Das betroffene Haus ist einsturzgefährdet und musste abgesichert werden. Die Kupferdreher Straße glich am Morgen einem Trümmerfeld. Sie blieb zunächst vollgesperrt. Nach dem Abschluss der gröbsten Aufräumarbeiten hob die Polizei die Sperrung, von der auch Linien der Ruhrbahn betroffen waren, gegen 10.45 Uhr wieder auf.

Anwohner und Anwohnerinnen wurden glücklicherweise nicht verletzt. Zwei Parteien des betroffenen Hauses kamen in der Nacht zunächst in einem Bus der Stadt, später in einem Hotel beziehungsweise bei Verwandten unter. Sie können nicht mehr ins Haus zurück. Wer dort wohnt, lesen Sie hier.

Drei Verdächtige flüchteten in einem Audi Kombi

Wie die Polizei berichtete, hatten die Täter den Geldautomat der Deutschen Bank gegen 3.20 Uhr in die Luft gejagt. Seitdem fahnden die Ermittler nach drei dunkel gekleideten Männern, die in einem dunklen Audi Kombi in Richtung Velbert geflohen sein sollen. Niederländische Behörden stoppten am Morgen einen verdächtigen Wagen in Venlo. Vermutungen, wonach es sich um das Tatfahrzeug handeln könnte, bestätigte die Polizei Essen später aber nicht.

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Die Automatensprenger sind weiter auf der Flucht - mutmaßlich mit einem Bargeldbetrag, dessen Höhe noch nicht bekannt ist. Dass sie Beute machten, ist zwar nicht gesichert, jedoch zu vermuten. Denn nach der Explosion flatterten Geldscheine über die Kupferdreher Straße. Im SB-Raum - eine richtige Filiale ist dort nicht, sondern nur ein Automater-Center - lagen haufenweise Banknoten, die später wieder eingesammelt werden mussten. Die Deutsche Bank schickte einen Sicherheits-Dienst zum Tatort.

Geldautomat in Essen gesprengt: Kupferdreher Straße komplett gesperrt

Der zerstörte Automat befand sich in einem zweigeschossigen Wohnhaus aus Bruchstein, vermutetes Baujahr etwa 1890.

Bei der Sprengung ist erheblicher Sachschaden entstanden, der nicht nur die Hausnummer 172 arg in Mitleidenschaft gezogen hat. Glasscherben und Metallteile lagen auf der gesamten Straße vor dem Haus verstreut. Die Entsorgungsbetriebe Essen mussten die komplette Fahrbahn reinigen. Der nebenan liegende Schönheitssalon wurde ebenfalls zerstört, auch die Metzgerei rechts daneben, und die Schaufensterscheiben des Optikers gegenüber sind ebenfalls zu Bruch gegangen.

Auch die umliegenden Geschäfte wurden massiv beschädigt.
Auch die umliegenden Geschäfte wurden massiv beschädigt. © Martin Spletter | Martin Spletter

Es ist bereits die dritte Automatensprengung in Kupferdreh innerhalb von vier Jahren: Die Commerzbank hatte sich nach zweien dieser kriminellen Coups 2019 und 2020 ganz aus dem Stadtteil verabschiedet. Im vergangenen Jahr hatte es zudem den Versuch gegeben, den Bankautomaten der Deutschen Bank zu sprengen.

„Jetzt wird sich die Deutsche Bank hier wohl auch verabschieden“, mutmaßte eine Anwohnerin am Montagmorgen. Es war der letzte Geldautomat auf der Kupferdreher Straße. Ein Sprecher der Deutschen Bank betonte am Montagmorgen, dass es für eine Aussage, ob das Unternehmen weiter im Stadtteil präsent sein wird, noch viel zu früh sei.

Eine Sprecherin der Sparkasse erklärte, dass ihr Haus, das mehr als 100 Geldautomaten in Essen betreibe, grundsätzlich in Essen präsent bleiben möchte, sich aber vorbehalte, „kurzfristig zu reagieren“ - sowohl auf solche Vorgänge wie jetzt in Kupferdreh, als auch generell auf die „dynamischen Entwicklungen“ im Geldmarkt. Kunden bezahlten immer häufiger bargeldlos mit Karte, was sich auf die Nutzung von Geldautomaten auswirke. Ein Automat der Sparkasse war im Februar 2020 im Bamler-Kaufpark durch eine Sprengung zerstört und später nicht mehr wiederaufgebaut worden.

Ein Anwohner beobachtete drei Verdächtige

Zurück nach Kupferdreh: Ein 29-jähriger Nachbar, der zwei Häuser weiter wohnt, war sofort hellwach, als in der Nacht der erste von zwei Sprengsätzen hochging. „Ich sagte zu meiner Frau sofort, das ist die Deutsche Bank.“ Von seinem Balkon aus sah er das Geschehen: Drei Personen rannten vor der Bank hin und her, dann ging ein zweiter Sprengsatz hoch, schließlich flüchteten die Täter zunächst Richtung Norden, rasten um den Kupferdreher Marktplatz, um dann in Richtung Süden / Velbert zu verschwinden. Moos hat einige Details beobachtet und sofort der Polizei mitgeteilt.

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Ob und in welchem Zusammenhang die erfolgreichen wie auch gescheiterten Geldautomatensprengungen in dem Stadtteil stehen, ist nicht klar. Was die Täter regelmäßig dort hinzieht, ist nach Einschätzung der Polizei die relative Abgeschiedenheit Kupferdrehs bei gleichzeitiger direkter Anbindung an die A44.

Landesweit sind in 2020 nach Auskunft des NRW-Innenministeriums 176 versuchte oder vollendete Geldautomatensprengungen registriert worden, 47 wurden aufgeklärt und 27 mutmaßliche Täter festgenommen. 19 von ihnen rechnet das LKA der niederländischen Kriminellenszene zu. Das sind Männer zwischen 18 und 40 Jahren, die vorwiegend in den Großstädten Utrecht und Amsterdam leben, heißt es in einem Bericht. Zahlen für das komplette vergangene Jahr liegen nicht vor, nur eine Siebenmonatsbilanz.

Die Polizei hofft auf Hinweise von Zeugen

Demnach sind zwischen dem 1. Januar und 31. Juli 2021 landesweit exakt 61 Geldautomaten-Sprengungen verübt worden, wovon in 44 Fällen keine Beute gemacht wurde. Im Vergleichszeitraum für das Jahr 2020 waren es mit 125 Taten mehr als doppelt so viele.

Im aktuellen Fall hofft die Polizei Essen auf Hinweise von Zeugen unter der Rufnummer 0201/829-0.