Essen. Spitzenmusiker auf Augenhöhe und ein hochkonzentriertes Programm: Essener Publikum feiert Liederabend mit Víkingur Ólafsson und Matthias Goerne.
Im Rahmen seines Künstlerportraits erlebt man Víkingur Ólafsson während dieser Spielzeit als bravourösen Solisten der Klavierkonzerte, aber ebenso als Kammermusiker. So auch jetzt bei einem Liederabend gemeinsam mit dem international gerühmten Bariton Matthias Goerne.
Zwei Spitzenmusiker auf Augenhöhe also, die sich auch dialogisch verbunden fühlen. Anderthalb Stunden Konzentration ohne Pause und störenden Zwischenapplaus und ein dicht gefügtes Programm mit Liedern der deutschen romantischen Schule machten das Publikum in der Philharmonie einfach sprachlos.
In den Mittelpunkt stellte Goerne nicht etwa die „Schöne Müllerin“ oder wohlige Besinnlichkeit, sondern durchweg schwergewichtige Lyrik um Tod und Vergänglichkeit. Nur vereinzelt fiel daraus ein sanfter Lichtstrahl wie Schumanns „Meine Rose“, zärtlich ausgeformt und von subtilen Klavierfarben umgarnt. Gleich daneben der Jüngling, der, ganz anders als Schuberts Mädchen, den süßen Tod erfleht: „und rühre mich doch an“.
Goerne ist gleichermaßen Sänger, Poet, Magier und Darsteller
Goerne ist dabei gleichermaßen Sänger, Poet, Magier und Darsteller – und ein Meister der doppelbödigen Interpretation. Der Glückseligkeit schwingt Bitterkeit mit, der aufwühlenden Eruption verinnerlichter Schmerz. Sein Kapital: eine Stimme von kraftvoll-sonorem Kern und samtweicher Hülle, die alle Facetten bis zu den großen Wagnerrollen umspannt.
Víkingur Ólafsson am Flügel musste sich daher nicht auf den Begleiter reduzieren, sondern wusste um die Bedeutung und Gleichgewichtigkeit des Klavierparts, um die seismografische Ausleuchtung und die klangfarbliche Nuancierung. Stehende Ovationen am Schluss, aber nach Brahmsens monumentalen Monologen der „Vier ernsten Gesänge“ verbot sich jede Zugabe.