Essen. Virtuos und doch sympathisch unprätentiös: Der isländische Starpianist Víkingur Ólafsson begeistert das Publikum in der Essener Philharmonie.
Mit Edvard Griegs Klavierkonzert gab Víkingur Ólafsson unlängst seinen Essener Einstand in der Philharmonie, wo man dem isländischen Starpianisten für diese Saison ein Künstlerportrait widmet. Jetzt präsentierte er sich mit dem „Schwesterwerk“, dem 20 Jahre älteren a-Moll-Konzert von Schumann – zur gleichen Begeisterung des Publikums.
Wenn hier eine erzromantische Aufführung gelang, lag das zum gleichen Teil freilich an der renommierten Tschechischen Philharmonie unter ihrem Chefdirigenten Semyon Bychkov, der über ein eng verwobenes Miteinander von Solist und Orchester wachte. Man traf sich im schwelgerischen Schönklang, kontemplativ und gelassen pulsierend ausgebreitet.
Ein schlichtes, aus der Zeit gefallenes „Ave Maria“ als Gruß aus der isländischen Heimat
So wie die Tschechen in exquisiter Spielkultur und klanglicher Rundung die Phrasen nahtlos-organisch aneinanderfügten, formte Ólafsson den Solopart mit natürlichem Ausdruck und Delikatesse: schnörkellos fließend, von innerer Dynamik und changierenden Tempi bewegt und bei aller stupenden Virtuosität doch sympathisch unprätentiös in der pianistischen Geste. Dazu passte seine Zugabe, ein schlichtes, aus der Zeit gefallenes „Ave Maria“ als Gruß aus der isländischen Heimat.
Der Kontrast zur 11. Sinfonie von Schostakowitsch hätte kaum größer ausfallen können. Der Titel „Das Jahr 1905“ verweist auf den „Blutsonntag“, an dem ein Arbeiteraufstand in St. Petersburg von den Truppen des Zaren niedergeschlagen wurde. Doch wie man trotz der konkreten Satzbezeichnungen den Komponisten kennt, schrieb er keine eindimensionale Programmmusik, sondern ein von humanistischem Ernst getragenes Klanggemälde, dessen expressive Facetten Bychkov mit dem Orchester zwischen gespenstisch lastender Ruhe, tsunamihaft anrückender Katastrophe und wilder Ekstase in packender Intensität ausreizte. Was für ein Hörerlebnis!