Essen. Kaum Weihnachtsstimmung, weniger Geld im Portemonnaie: Mit gemischten Gefühlen erleben die Schausteller die ersten Tage des Weihnachtsmarkts.

Das Zwischenfazit der Essen Marketing GmbH (EMG) nach den ersten Tagen des Weihnachtsmarktes lautet: „Das Eröffnungswochenende war richtig gut. Und das Wetter hat auch mitgespielt. Als Veranstalter sind wir sehr zufrieden“, sagt Pressesprecher Florian Hecker. Die Besucherfrequenz sei dreimal höher gewesen, als an einem normalen Wochenende. Die Schausteller des Essener Weihnachtsmarktes erleben aber ein Wechselbad der Gefühle.

Zum Beispiel Astrid Müller vom Glühweintreff am Willy-Brandt-Platz. „Aber ab Montag wurde es ruhiger“, sagt sie. Seit mehr als 50 Jahren existiert der Glühweintreff in Essen. Aus Gesprächen an ihrer Theke habe sie erfahren, dass die Besucher in Folge der Inflation und Energiekrise vermehrt auf ihr Geld achten. „Ganz ehrlich“, sagt die Schaustellerin und spricht vielen Kollegen aus der Seele, „wir haben doch immer das Geld bekommen, das die Leute übrig gehabt haben.“

Essener Weihnachtsmarkt: Traditionsreiche Schausteller vermissen ihre Stammgäste

Nun sind die Zeiten spürbar anders. Müller: „Wir sind die Freude des kleinen Mannes. Aber viele können es sich nicht mehr leisten.“ Die Tasse Glühwein kostet bei ihr trotzdem weiterhin 3,50 Euro. Eigentlich hätte sie die Preise erhöhen müssen. Am Ende wird bei ihr der Erfolg des Weihnachtsgeschäfts über die Masse entschieden. Müller: „Die Preise sind stabil. Denn ich verkaufe lieber zwei Glühweine für 3,50 Euro als einen für fünf Euro.“

Ähnlich sieht es Katrin Slomian in ihrer Weihnachtshütte auf dem Kennedyplatz, wo die Familie seit 1973 Crêpes verkauft. Die Einkaufspreise für Öl, Butter und Mehl sind gestiegen. Die Erhöhung wird nicht an die Liebhaber der Speise weitergegeben. „Wir haben viele Stammgäste“, sagt sie. „Und wir wollen die Kunden nicht verschrecken, weil ja auch sie auf ihr Geld schauen müssen.“ Nach dem starken Beginn des Marktes läuft es seitdem „schwach“. Aber Frust ist keine Option. „Ich bin optimistisch, dass es besser wird“, sagt Katrin Slomian.

Schaustellerin über hohe Preise: „Öl ist inzwischen pures Gold.“

Möglicherweise sind noch nicht alle in Weihnachtsstimmung. Das vermutet Monika Barkhofen vom traditionsreichen Geschäft „Reibekuchen Adams“. Sie ist ebenfalls Optimistin und trotzdem reibt sie sich öfters die Augen. Früher standen die Besucher in langen Schlangen an. Seit mehr als 50 Jahren ist die Hütte auf dem Kennedyplatz vertreten. Gerade älteres Publikum, welches zu den Stammgästen zählt, strömt in den ersten Tagen des Weihnachtsmarktes jedoch nicht in Scharen zu ihr. Die Energiekrise hinterlässt offenbar Spuren. „Die Menschen haben Angst, weil sie nicht wissen, was für Kosten auf sie zukommen“, meint Barkhofen. Von teuren Lebensmitteln kann auch sie ein Lied singen. Die Reibekuchen (drei Stück für 4,50 Euro) werden in Rapsöl frittiert. „Öl ist inzwischen pures Gold“, sagt die Inhaberin, die für Öl mittlerweile den doppelten Preis bezahlt.

Bei „Käthe Wohlfahrt“ kann Weihnachten nicht früh genug beginnen. Wohin man schaut, finden sich im Holzhaus auf dem Kennedyplatz traditioneller Weihnachtsschmuck und zahlreiche Geschenkideen. Rückblickend zum Eröffnungswochenende sagt Leiterin Brigitte Poncin: „Am Samstag haben wir ordentlich zu tun gehabt. Sonntag war es ein bisschen ruhiger.“ Ein möglicher Grund: Wegen des Volkstrauertags war der Weihnachtsmarkt an diesem Tag drei Stunden weniger, nämlich nur von 14 bis 21 Uhr, geöffnet.

Auf dem Essener Weihnachtsmarkt wird es kein Public Viewing geben

Bald dürften die ruhigen Zeiten bei „Käthe Wohlfahrt“ vorbei sein. „Langsam läuft das Geschäft an“, sagt Poncin, die „Käthe Wohlfahrt“ seit 2011 in Essen leitet. „Das erste Adventswochenende ist entscheidend. Dann kann man besser sagen, wohin die Reise geht.“ Sie hofft, dass der Markt ab diesem Zeitpunkt voller wird. Wenn es nach ihr geht, dürfen dann auch gerne vermehrt Besucher aus den Niederlanden und aus Belgien nach Essen kommen. Viele von ihnen seien Stammgäste. Bislang schauten nur wenige von ihnen bei „Käthe Wohlfahrt“ vorbei.

Ob die Fußball-WM in Katar einen Einfluss auf die kommenden Besucherzahlen des Essener Weihnachtsmarkts haben wird, kann sie nicht abschätzen. Albert Ritter („Zum Ritter“), Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, hat zur ersten Fußball-WM im Winter eine klare Meinung. „Das ist doch Banane“, sagt er. Er befürchtet aber nicht, dass die Leute dem Weihnachtsmarkt deswegen fernbleiben. Bis jetzt hat er „null Anfragen“ von Besuchern bekommen, ob die (deutschen) Spiele auf dem Weihnachtsmarkt übertragen werden. Auch die EMG hat einem möglichen Public Viewing schon eine Absage erteilt.