Essen. Gebühren für Abfallentsorgung und Entwässerung bleiben 2023 gleich oder sinken sogar. Nur auf der Straße kommen die Kalkulationen ins Rutschen.

Mieten steigen, Zinsen klettern und dazu die Inflation allerorten: Da dürften viele bei der sogenannten „zweiten Miete“ für 2023 das Schlimmste befürchtet haben. Doch, oh Wunder, wer mit zittrigen Fingern die Gebühren-Kalkulationen der Stadt durchforstet, kann aufatmen. Viele Bürgerinnen und Bürger zahlen im kommenden Jahr in etwa das gleiche wie in diesem. Und einige kommen sogar noch günstiger weg.

Beispiel Müllabfuhr: Für den Restabfall in der grauen Tonne sind im kommenden Jahr 3,02 Euro pro Liter Abfall zu zahlen, das sind zwei Cent oder 0,7 Prozent weniger als derzeit. Die klassische 120-Liter-Tonne schlägt so mit 362,40 Euro zu Buche.

Auch städtische Steuersätze bleiben unverändert

Stabil bleiben sollen auch die Steuersätze der Stadt für Immobilieneigentümer und Gewerbe: Die Stadt schlägt vor, den Hebesatz für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (Grundsteuer A) bei 255 Prozent und jenen für bebaute und unbebaute Grundstücke (Grundsteuer B) bei 670 Prozent zu belassen.

Der Hebesatz für die Gewerbesteuer wird danach ebenfalls nicht verändert: Er beträgt auch im kommenden Jahr 480 Prozent.

Diese Steuersätze sowie sämtliche Gebührenkalkulationen stehen unter dem Vorbehalt, dass der Stadtrat in seiner Sitzung am 30. November seine Zustimmung gibt. Diese darf aber als sicher gelten.

Diese Gebührensenkung ist möglich, obwohl der Betrag, mit dem die braune Bio-Tonne von allen Müllgebührenzahlern quersubventioniert wird, spürbar steigt – um immerhin knapp 75.000 Euro. Bioabfall zu entsorgen kostet damit auch künftig 45 Cent je Liter, die Jahresgebühr für eine 120-Liter-Tonne bleibt so stabil bei 54 Euro.

Das Urteil aus Münster lässt Essen kalt: „Nicht übertragbar“, heißt es bei der Stadt

Sinken werden die Gebühren im kommenden Jahr auch für das Niederschlagswasser, und zwar um drei Cent auf 1,84 Euro je Quadratmeter und Jahr, ein Minus von 1,6 Prozent. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt, so rechnet die Stadt vor, stehen unterm Strich drei Euro Ersparnis.

Unverändert lässt man schließlich auch die Schmutzwassergebühr, bei der wie schon in diesem Jahr 3,39 Euro je Kubikmeter und Jahr zu zahlen sind. Zerschlagen haben sich allerdings Hoffnungen, ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster könnte mit Blick auf die sogenannten kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen nicht nur beim Kläger in Oer-Erkenschwick, sondern auch in Essen für deutlich sinkende Abwasserpreise sorgen (Aktenzeichen: 9 A 1019/20; I. Instanz: VG Gelsenkirchen 13 K 4705/17).

Denn die Stadt steht auf dem Standpunkt, dass sich das Urteil nicht ohne weiteres auf hiesige Verhältnisse übertragen lässt. Grund: Anders als in der westfälischen Kleinstadt wird die Entwässerung in Essen über ein Betriebsführungs-Entgelt an die Stadtwerke Essen finanziert, das lasse die alten Berechnungen weiter zu, und deshalb wird da nichts korrigiert – bis zum Beweis des Gegenteils.

Der kalte Februar 2021 bringt mit Verspätung die Winterdienst-Gebühr ins Rutschen

Ganz ohne höhere Gebühren geht es aber auch 2023 nicht. So wird die Straßenreinigung um 29 Cent pro Frontmeter teurer, 8,63 Euro sind damit je Meter an Jahresgebühr zu zahlen, ein Plus von 3,5 Prozent.

Schloss Borbeck, ein Wintermärchen im Februar vergangenen Jahres. Jetzt machen sich die Kosten der Streueinsätze jener Tage in den Winterdienst-Gebühren für 2023 bemerkbar.
Schloss Borbeck, ein Wintermärchen im Februar vergangenen Jahres. Jetzt machen sich die Kosten der Streueinsätze jener Tage in den Winterdienst-Gebühren für 2023 bemerkbar. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Und auch beim Winterdienst, der allerdings nur von direkten Anliegern gestreuter Straßen zu berappen ist, klettert die Gebühr deutlich: Im Streuplan A für die Hauptverkehrsstraßen um 18 Cent auf 2,35 Euro je Frontmeter, im Streuplan B für die verkehrswichtigen Nebenstraßen um 12 Cent auf 1,57 Euro je Frontmeter. In beiden Fällen beträgt die Kostensteigerung 8,3 Prozent.

Ein wichtiger Grund für den deutlichen Sprung nach oben ist die Vielzahl an Streu-Einsätzen im winterlichen Februar 2021: Am Ende waren in jenem Jahr Kosten in Höhe von gut 660.000 Euro nicht durch Gebühren gedeckt. Die sollen jetzt nach und nach in die kommenden Kalkulationen einfließen, zu einem guten Drittel bereits 2023.

Mit dem CO2-Preis dürften 2023 auch die Gebühren wieder steigen – und zwar spürbar

Am Ende handelt es sich beim weitgehenden Gebühren-Stillstand 2023 wohl auch nur um eine Atempause. Mit Verspätung dürfte nicht nur die Inflation die Kosten erhöhen, auch ein zusätzlicher Kostentreiber wurde um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben. Es geht dabei darum, die Abfallverbrennung in den nationalen Emissionshandel einzubeziehen – und den CO2-Preis zu erhöhen.

Nach Berechnungen der Stadt dürfte sich die Verbrennung des Essener Restmülls wie auch des Straßenkehrichts bei den jeweiligen Gebühren bemerkbar machen: Beim Abfall, so heißt es, steige der Preis wohl um zwölf Cent pro Liter, bei der Straßenreinigung um acht Cent pro Frontmeter.