Essen-Rüttenscheid. Dass viele derzeit sparen wollen, merkt man auch auf dem Rüttenscheider Markt. Händler klagen über bis zu 30 Prozent weniger Einnahmen.
Energiekrise und gestiegene Preise in nahezu allen Bereichen: Das macht sich auch auf dem Rüttenscheider Wochenmarkt bemerkbar. Denn weil viele Menschen derzeit weniger Geld in der Tasche haben oder für eine möglicherweise dicke Gasrechnung sparen wollen, kauft so mancher nur noch das Nötigste oder bleibt ganz weg. Vor allem mittwochs lohne sich das Geschäft für einige nicht mehr, berichten Händlerinnen und Händler.
Mittwochvormittag, 10.30 Uhr, auf dem Rüttenscheider Platz. Um diese Zeit ist das Geschäft ohnehin schwieriger. Berufstätige haben keine Zeit, samstags ist es deutlich voller. Doch sogar für einen Tag unter der Woche ist sehr wenig los. Zwischen den Marktständen laufen vereinzelt Menschen mit Einkaufstaschen hin und her, lassen sich Äpfel einpacken oder einen Blumenstrauß binden. Zwischen den Ständen klaffen immer wieder Lücken: Längst nicht alle Plätze sind besetzt.
Händler auf dem Rüttenscheider Markt: Von Woche zu Woche weniger Kunden
„Man merkt, dass von Woche zu Woche weniger Kunden kommen“, sagt Dan-Dumitru Coroama, der vor fünf Jahren einen Obst- und Gemüsestand auf dem Markt übernommen hat. „Die Leute müssen aufs Geld achten. Früher hieß es mal ganz locker ,Packen Sie ein Kilo ein’. Jetzt kaufen die Menschen nur noch genau das, was sie brauchen. Manche nehmen nur einen einzelnen Apfel.“ Er vermute, dass viele inzwischen beim Discounter einkaufen – obwohl er seine Preise maximal um zehn Prozent angehoben habe.
Etwa 20 bis 25 Prozent weniger Umsatz habe er in den vergangenen Monaten gemacht, schätzt Coroama. Wenn in früheren Zeiten Anfang November so gutes Wetter gewesen sei wie im Moment, dann habe er an seinem Stand immer viel zu tun gehabt. Aktuell: Fehlanzeige. Dass 70 Prozent seiner Kunden Rentner seien, helfe auch nicht besonders: „Gerade die haben ja derzeit wenig Geld.“ Coroama berichtet, dass einige seiner Händlerkollegen deshalb schon mittwochs gar nicht mehr kämen. Das lohne sich einfach nicht.
Essener Fischverkäuferin: Während der Corona-Zeit kamen enorm viele Kunden
Die abnehmende Kundenfrequenz merke man besonders im Vergleich zur Corona-Zeit, sagt Iris Bellinghausen. Sie ist Verkäuferin am Stand des Essener Fischhändlers „Fisch Nickel“, der schon seit über 30 Jahren auf dem Rüttenscheider Markt zu finden ist. „Im Lockdown konnten die Leute nicht mehr in die Kantine, sondern mussten selbst kochen. Da hatten wir auf einmal viel mehr Kunden“, berichtet sie. Davon merke man aktuell nichts mehr, es sei deutlich weniger los.
Jutta Kerkeling vom gleichnamigen Blumenstand hatte mit Umsatzeinbrüchen gerechnet, bisher ist sie aber davon verschont geblieben. „Die Leute sagen: ,Blumen bringen mir Freude und Lebensqualität’. Das lassen sie sich nicht nehmen, vor allem in diesen Zeiten“, so ihre Erfahrung. Sehr wohl habe sie aber beobachtet, dass um sie herum weniger los sei: „Ich habe manchmal den Eindruck, es wird eher am Essen gespart als bei uns. Und das finde ich selbst erschreckend.“
Stammkunden bleiben dem Rüttenscheider Markt treu
„Die Leute kaufen nur noch, was sie brauchen. Mehr nicht“, sagt Natalia Matuk, die an ihrem Stand Restpaare von Markenschuhen verkauft. 20 bis 30 Prozent weniger Umsatz mache sie momentan. „Heute habe ich erst fünf Paare verkauft. Das ist nichts“, klagt sie. Obwohl sie einige sehr treue Kunden habe, seien auch diese aktuell eher in der Stimmung ,Ich habe genug Schuhe’. Für den Markt sieht sie keine rosige Zukunft, vor allem junge Leute kämen grundsätzlich wenige. Matuk zeigt sich wenig hoffnungsfroh: „Vielleicht komme ich bald auch nur noch samstags.“
Bei dieser Katerstimmung dürfte es nur wenig trösten, dass eine kleine Stammkundschaft dem Markt eisern die Treue hält. Einer davon ist Heinz-Peter Eschenröder. „Ich lebe hier seit Mitte der 80er Jahre und kaufe bewusst auf dem Markt und nicht im Supermarkt“, sagt er. Mit Sorge beobachte er jedoch, dass immer weniger Kunden und Stände auf dem Markt zu finden seien.
Ähnlich sehen das Ute und Dieter Krzykalla, die seit über 40 Jahren auf dem Markt einkaufen. „Man kann nur hoffen, dass es besser wird. Ohne Markt geht es nicht“, sagt Dieter Krzykalla. Aktuell sehe er aber schwarz. Ute Krzykalla betont: „Die Leute sollten die Qualität hier mehr honorieren. Natürlich müssen viele im Moment aufs Geld achten. Aber wenn man genau schaut, dann ist es auf dem Markt gar nicht teurer als im Supermarkt.“