Essen-Kray. Zusägen, biegen, verlöten: Leah Backhaus (24) arbeitet in der Sanitärhandwerk und macht eine Meisterausbildung. Wie ihr Arbeitsalltag aussieht.

Die Traditionsfirma Hans-Günther Backhaus an der Krayer Straße bietet Leistungen rund um Bad, Heizung, Lüftung und Haustechnik. Der mittelständische Betrieb hat 30 Mitarbeiter und, das ist Backhaus wichtig, sieben Auszubildende. Bald bekommt der Meister familieninterne Konkurrenz. Tochter Leah glänzte bei der Gesellenprüfung und und macht weiter: mit der Meisterschule.

Zwar gebe es in ihrer männerdominierten Arbeitswelt immer noch Vorurteile, aber da steht die 24-Jährige drüber: „Ich bin zwar blond, aber nicht doof. Wenn ich mir etwas vornehme, dann packe ich das auch. Wenn’s dann mal nicht nach meiner Nase läuft, habe ich echt dran zu knabbern.“ Hans-Günther Backhaus ist mächtig stolz: „Leah ist die fünfte Generation in unserem Familienbetrieb.“ Vor 25 Jahren hatte er vom Vater übernommen, der dem seinen gefolgt war: „Vor über hundert Jahren wurde die Firma von Wilhelm Backhaus gegründet. Mein Opa Josef hat 1935 dann seinen eigenen Betrieb aufgemacht.“

Als Kind schrieb sie fiktive Auftragszettel und erfand ein neues Firmenlogo

Auch 1997 wurde Tochter Leah geboren: „Ich bin hier im Betrieb groß geworden und habe auf dem Hof gespielt.“ Sie schrieb dem Papa fiktive Auftragszettel und erfand ein neues Firmenlogo. Mutter Inge leitet den kaufmännischen Bereich. Ihr wäre lieber gewesen, wenn die Tochter einen anderen Beruf gewählt hätte: „Alles, aber bitte nicht in die Firma. Sie war immer sehr fremdsprachenaffin und auch im Nähen geschickt. Aber ich konnte mich nicht durchsetzen. Leah ist immer ihren Weg gegangen.“

Das Familienunternehmen: Leah Backhaus mit ihrem Partner Robin Karbenk und ihren Eltern Hans-Günther und Inge Backhaus auf dem Gelände der Firma Backhaus in Essen-Kray.
Das Familienunternehmen: Leah Backhaus mit ihrem Partner Robin Karbenk und ihren Eltern Hans-Günther und Inge Backhaus auf dem Gelände der Firma Backhaus in Essen-Kray. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Schiefe Blicke oder blöde Sprüche kontert die junge Frau höchst selbstbewusst. Sie kann es sich leisten, denn sie legte Ende Mai die beste Gesellenprüfung der Handwerkskammer Düsseldorf ab, also aller Betriebe im Ruhrgebiet und am Niederrhein: „Mit voller Punktzahl. Und das, obwohl ich die Ausbildung um ein halbes Jahr verkürzt habe.“ Als das Ergebnis verkündet wurde, habe es schon große Augen gegeben bei den durchweg männlichen Mitbewerbern: „Neid muss man sich verdienen. Ich bin jedenfalls stolz auf meine Leistung.“

Von der kleinsten Reparatur über Umbauten bis hin zu Großbaustellen ist alles dabei

Kunden wollen weg von Öl und Gas

Die Kunden Die Kunden wollen unbedingt weg von Öl und Gas, sagt Hans-Günther Backhaus. Alternativen würden massiv nachgefragt: „ Wir bieten Luftwärmepumpen an. Mit Wartelisten bis weit ins nächste Jahr“. Die Kunden möchten von fossiler Energie wegkommen: „Das ist ja auch gut für die Umwelt.“

Ob sich das rechne mit den Wärmepumpen? „Dafür müsste man die zukünftigen Strompreise kennen. Jedoch lohnt sich eine Wärmepumpe nicht unbedingt für jeden Haushalt. Hier bedarf es einer ausführlichen Beratung unter Hinzuziehung eines Energieberaters“, sagt sagt Hans-Günther Backhaus

Was sich in diesen Zeiten jedoch auf jeden Fall lohne, sei ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage.

Ihr Gesellenstück war ein Kupferrohrverteiler als Speicheranschluss. Zusägen, biegen, verlöten. Das ganze Szenario durchspielen, die ganze Verrohrung. Für ihre Meisterausbildung musste Leah Backhaus einige Hürden aus dem Weg räumen: „Die wenigen Plätze in der Meisterschule sind heiß begehrt. Nach zwei Jahren auf der Warteliste bekam ich zwar einen Platz in Dortmund, doch dieser Kurs wurde kurzfristig abgesagt. Glücklicherweise war bei der Handwerkskammer Osnabrück noch was frei. Nun bin ich von Donnerstag bis Samstag in Nordhorn und habe da ein kleines Apartment.“ Das sei nun wirklich aufwendig: „Aber besser, als vier weitere Jahre zu warten.“

In Arbeitskleidung vor dem Firmenauto steht Leah Backhaus, die irgendwann den Heizungs- und Sanitärbetrieb ihrer Familie übernehmen möchte.
In Arbeitskleidung vor dem Firmenauto steht Leah Backhaus, die irgendwann den Heizungs- und Sanitärbetrieb ihrer Familie übernehmen möchte. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Heizung und Sanitär sei ein vielseitiges Metier: „Von der kleinsten Reparatur über Umbauten bis hin zu Großbaustellen ist alles dabei.“ Handwerkliches Geschick ist gefragt, aber auch Köpfchen: „Man muss echt gut in Mathe sein, um zum Beispiel Fließgeschwindigkeiten zu berechnen.“ Die Kundschaft ist schon überrascht, Frauen sind in diesem Handwerk nun mal an einer Hand abzuzählen: „Aber alle finden es gut.“

Leahs Verlobter trat vor drei Jahren in ihr Leben

Auch auf den Baustellen habe sie bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Was nervt? Leah Backhaus lächelt milde: „Kunden im Keller sind der Klassiker. Wenn sie sich dazwischen drängen, statt uns arbeiten zu lassen. Gerade Senioren schauen genau hin, was wir da so treiben. Damit nehmen sie uns aber das Arbeitslicht. Dann komplimentiere ich sie höflich hinaus.“

Leahs Verlobter Robin Karbenk trat vor drei Jahren in ihr Leben, die Hochzeit ist für 2024 geplant. Seit zwei Jahren arbeitet Karbenk in der Firma mit: „Ich bin hier das Mädchen für alles.“ Was Chefin Inge Backhaus so nicht stehenlassen möchte: „Robin ist längst unverzichtbarer Assistent der Geschäftsleitung geworden.“

Auch hier zeigt sich Leah Backhaus zielstrebig: „Wenn wir mal den Betrieb übernehmen, kümmere ich mich dann um das Praktische und Robin um das Kaufmännische.“ Die Mutter lächelt: „Leah hat immer gesagt, dass sie den Betrieb übernehmen will. Auch wenn ich erst dagegen war, bin ich jetzt stolz wie Bolle.“