Essen. 76 Hausverbote hat Rot-Weiss Essen gegen Problemfans ausgesprochen. Der Verein reagiert damit auf eine Serie von Gewalttaten. Was bekannt ist.

Rot-Weiss Essen hat 76 Hausverbote gegen eigene Problemfans ausgesprochen. Damit reagiert der Drittligist auf eine Häufung von Gewalttaten aus der eigenen Fanszene. „In den letzten Monaten ist eine Zunahme an bedenklichen und strafrechtlich relevanten Vorfällen im Zusammenhang mit RWE-Spielen festzustellen“, hieß es am Sonntagabend in einer Stellungnahme des Vereins. Das Maß scheint voll.

Endlich passiert etwas, dürften sich weite Teile der Fanszene denken. Das legen zumindest zahlreiche Kommentare in den sozialen Netzwerken nahe.

Rot-Weiss Essen: Beobachter loben Schritt des Vereins

Auch kritische Beobachter von Verein und Fanszene haben die deutliche Sanktion nicht nur registriert, sondern heißen diese gut. „Es ist ein sehr deutliches Zeichen“, sagt etwa Christian Baumann, Sprecher des Bündnisses „Essen stellt sich quer“. Die verhängten 76 Hausverbote seien zudem symbolisch zu sehen. Meint: Andere Gewalt- und Übeltäter, die noch keine Post bekommen haben, müssten künftig damit rechnen, ebenfalls von Heimspielen ihres Vereins ausgeschlossen zu werden.

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Beobachter loben zwar den Schritt des Vereins, vermissen in der Mitteilung zu den Hausverboten vom Sonntag aber eine deutlichere Abgrenzung von Rechtsextremismus im Stadion. Seit Jahren hat RWE in Teilen der Fanszene damit ein Problem. In der Mitteilung des Vereins heißt es genereller: „Wir möchten an dieser Stelle noch einmal betonen, dass sich der Verein in aller Form von Gewalt und Diskriminierung distanziert.“

RWE: Hausverbote gelten für drei Jahre

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Die jetzt verhängten Hausverbote sind gegen Einzelpersonen ausgesprochen worden und sollen für drei Jahre gelten – ab dem kommenden Samstag, wenn Rot-Weiss Essen zu Hause Dynamo Dresden im Stadion an der Hafenstraße empfängt. „Wir haben uns lange und intensiv über die „richtige“ Form des Vorgehens ausgetauscht und uns dabei mehrheitlich gegen eine Kollektiv-Bestrafung (einer Gruppe) ausgesprochen“, heißt es seitens des Vereins.

Um wen es sich bei den Ausgeschlossenen konkret handelt? Dazu schweigt Rot-Weiss Essen. „Öffentlich werden wir uns vorerst dazu nicht weiter äußern“, erklärte RWE-Sprecher Niclas Pieper auf Anfrage unserer Redaktion am Montag. Mit der veröffentlichten Stellungnahme sei alles gesagt (hier im Wortlaut nachzulesen).

Vor allem drei Vorfälle sollen zu den Hausverboten geführt haben

Vor allem drei Vorkommnisse haben laut dem Verein zu den 76 verhängten Hausverboten gesorgt:

  • 1. Nach dem RWE-Auswärtsspiel beim SV Wehen Wiesbaden am 2. Oktober sollen Hooligans aus Essen an den Hauptbahnhöfen Duisburg und Essen regelrecht Jagd auf Anhänger des FC Schalke 04 gemacht haben. Videoaufnahmen aus dem Essener Hauptbahnhof legen nach Angaben der hiesigen Polizei nahe, dass etwa 50 Personen an der gewaltsamen Auseinandersetzung beteiligt waren. 16 Personen wurden in Gewahrsam genommen. Auf Anfrage bei der Polizei heißt es, dass die Ermittlungen laufen, die Videoaufnahmen würden in „enger Abstimmung“ mit der Bundespolizei und szenekundigen Beamten ausgewertet. Ermittelt werde wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung.
  • 2. Rot-Weiss Essen teilte in der jüngsten Stellungnahme mit, dass die Polizei bereits im Februar ein Aufeinandertreffen von RWE- und S04-Fans verhindern konnte, „dabei wurden die Personalien von einer dreistelligen Anzahl an Personen aufgenommen“, heißt es weiter. Bei dem Vorfall damals soll es sich um eine geplante Auseinandersetzung rund um den Bahnhof Buer-Süd gehandelt haben, im Rahmen des Regionalliga-Spiels zwischen der U23 von S04 und RWE.
  • 3. Für viel Aufmerksamkeit und Empörung hat vor allem ein Vorfall vom 27. August gesorgt: Nach dem Drittliga-Auswärtsspiel bei der SpVgg Bayreuth berichtete der Verein von einer Auseinandersetzung zwischen einzelnen RWE-Fangruppen: „Konkret gipfelten diese während der Rückreise auf einem Autobahn-Rasthof in einer Attacke auf die Insassen eines Fanbusses. Dabei wurden mehrere RWE-Fans verletzt“, hieß es damals. Auch auf diesen Vorfall nimmt Rot-Weiss Bezug in der Begründung für die Hausverbote: „Dieser verachtenswerte Vorfall wurde nicht nur von der Mannschaft, die sich ebenfalls auf der Rückreise befand, beobachtet, sondern sorgte für viel Empörung in der gesamten Essener Fanszene.“

Rot-Weiss Essen: Verstöße gegen Hausverbot sollen konsequent verfolgt und zur Anzeige gebracht werden

Die Ermittlungen in den oben genannten Fällen laufen. Vereinsseitig habe man sich nun dazu entschieden, diejenigen mit einem Hausverbot zu belegen, die „in der jüngeren Vergangenheit mehrfach und eindeutig zuordenbar an strafrechtlich relevanten Vorfällen aktiv beteiligt waren“. Wie genau die Zuordnung möglich gewesen ist, ist unklar. In dem RWE-Statement liest sich dazu nichts, auf Anfrage ist dazu ebenfalls nichts zu erfahren.

Fakt ist: 76 Personen dürfen das Stadion an der Hafenstraße nicht mehr betreten. Verstöße dagegen würden konsequent verfolgt und zur Anzeige gebracht. Zudem würde den Betroffenen die Dauerkarten entzogen und laut RWE ein „Vereinsausschlussverfahren geprüft“.

Bleibt außerdem noch die Frage, wie die Hausverbote überprüft werden sollen. Von der Polizei heißt es dazu von deren Sprecher Pascal Schwarz-Pettinato: „Die Hausverbote sind vom Verein ausgesprochen worden – das ist Hausrecht.“ Deswegen sei auch der Ordnungsdienst des Vereins dafür verantwortlich, wer ins Stadion kommt oder nicht.