Essen. Sven Sprenger radelt von Essen nach Paris, um ein Zeichen zu setzen. Der CDU-Mann will in Essen bessere Verhältnisse für Radler.

Sven Sprenger aus Essen-Frohnhausen radelt von Essen nach Paris. Dabei geht es dem 49-Jährigen nicht um ein ambitioniertes Privatprojekt. Mit seiner Fahrt, die ihn von Essen an den Niederrhein und dann mehr als 500 Kilometer entlang der Maas in die französische Hauptstadt führen wird, will Sprenger auch ein Zeichen setzen: für die Mobilitätswende. Für bessere Bedingungen für den Radverkehr in Essen.

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Sicher: Das fordern viele, egal ob sie Grüne heißen, Initiative „RadEntscheid“ oder ADFC oder wie auch immer. Bloß: Sprenger ist Vorstandsmitglied des CDU-Ortsverbandes Rüttenscheid. Und die Christdemokraten gelten, mit Verlaub, nicht immer als besonders entschlossen, was eine konsequente Förderung des Radverkehrs angeht – zumindest den Radverkehr im Alltag, der zwangsläufig auch jenen Platz benötigt, der weitestgehend noch den Autofahrern vorbehalten ist.

Sprenger fährt mehr als 5000 Kilometer pro Jahr mit dem Rad

„Trotz des Beschlusses zum Radentscheid und der neuen Maßnahmen: Gute Radverbindungen in der Stadt sind immer noch Flickwerk, für Alltagsradler ist eine zügige Fortbewegung kaum möglich, und viele Strecken sind gefährlich und eine Zumutung“, schimpft Sprenger. Er fährt mehr als 5000 Kilometer mit dem Rad im Jahr, doch er kann sehr leicht belegen, dass er frei ist von jedem Ideologieverdacht: Sein Geld verdient er als Flugbegleiter, er arbeitet für eine Fluggesellschaft am Düsseldorfer Airport. Ach ja, und übrigens: „Zur Arbeit fahre ich mit dem Auto.“

Paris hat er als Ziel nicht umsonst ausgewählt: „Die dortige Bürgermeisterin verfolgt konsequent das Ziel, den Individualverkehr aus weiten Teilen der Innenstadt zu verdrängen“, sagt Sprenger – womit er Recht hat. Wer zuletzt mal in Paris war und womöglich mit einem Mietrad die Straßen entlang der Seine geradelt ist, auf Fahrspuren, die jetzt dauerhaft für Autofahrer gesperrt sind, der versteht, was Sprenger meint.

Sprenger: Wo das Auto verdrängt wird, entsteht Belebung in den Städten

„Und was ist die Folge davon?“, fragt Sprenger. Und gibt sich selbst die Antwort: „Die Stadt wird dadurch belebt.“

Ihm geht es nicht allein um Mobilität, um die Frage, wie man von A nach B kommt. Sondern um Lebensqualität in einer Stadt, ganz grundsätzlich. Das Auto, sagt Sprenger, vernichte Lebensqualität, schaffe unwirtliche und gefährliche Räume, lasse die Zentren und Stadtteile veröden, „doch Essen baut immer noch so wie in den sechziger Jahren, als man von der autogerechten Stadt träumte.“ Als Beleg dienen ihm die zuletzt neu errichteten Stadtteilmitten in Altenessen oder Altendorf; Ansammlungen von Lebensmittelmärkten mit riesigen Parkplätzen. „Die Leute fahren hin, kaufen ein und fahren wieder weg, davon hat ein Stadtteil nichts.“

Wie begegnet man ihm in seiner eigenen Partei? „Es gibt erstaunlich offene Türen mittlerweile“, habe Sprenger beobachtet. Das liege unter anderem daran, dass der Boom der Elektro-Räder vielen Menschen auch in seiner Partei schlagartig klarmache, dass das Fahrrad immer stärker als ernstzunehmender Autoersatz zu betrachten ist – für den man etwas tun muss. Einerseits. Andererseits: „Es fehlt der Kick. Vieles in der Politik ist Gerede und bleibt es auch. Essen zählt bundesweit zu den Schlusslichtern, was den Anteil an Fahrrad vom Gesamtverkehr angeht.“ Und warum geht er nicht gleich zu den Grünen? „Zu viel Ideologie. Die CDU war, ist und bleibt meine politische Heimat.“

Konsequente Verkehrspolitik würde Essen attraktiver machen

An diesem Sonntag will Sprenger los, vier bis fünf Tage hat er eingeplant, etwa 120 Kilometer soll eine Etappe gehen. Er hofft, mit seiner Aktion „mehr Interesse am Alltagsradeln“ in der hiesigen Politik zu erzeugen. Ein bisschen mehr Paris in Essen? „Es reicht, wenn Sie nach Köln oder Düsseldorf schauen, wie dort die Autos aus den Innenstädten verdrängt werden. Mit Erfolg. Wäre Essen in dieser Hinsicht konsequenter, würden sich auch viel mehr Leute dafür interessieren, hier zu wohnen – urbanes Publikum, kaufkräftig, gut verdienend“, sagt Sprenger. „Das weiß ich aus vielen Gesprächen.“