Essen. Feuerwehr Essen will 95 zusätzliche Kräfte einstellen. Um das Ziel zu erreichen, braucht es nicht nur Geld, sondern auch Werbung in eigener Sache.

Essens Feuerwehr geht in die Offensive und fährt ab sofort einen Dauereinsatz in eigener Sache: Ein Ruhrbahnbus im brandneuen Behördendesign wird in den nächsten Jahren auf den Straßen der Stadt Präsenz zeigen, um neue Mitstreiter für das Team von der Eisernen Hand zu gewinnen.

„Helden gibt’s nur im Märchen? Wir bilden welche aus!“, lautet einer der Werbeslogans neben zwei QR-Codes auf dem Fahrzeug, über die sich Interessenten mittels Handy noch während des Trips von A nach B über die Freiwillige Feuerwehr, die Berufsfeuerwehr, Einstellungsvoraussetzungen und -tests sowie die Ausbildung informieren können.

Es ist ein so ungewöhnliches wie sichtbares Werben um Personal, weil Verstärkung bitter nötig ist: Zu wenige Mitarbeiter und immer mehr Einsätze, vor allem im Rettungsdienst, bringen die Kräfte – 875 sind’s bei der Berufsfeuerwehr, fast 560 bei den Ehrenamtlern – zusehends ans Limit.

Die Belastungsgrenze auch überschritten

Für den ein oder anderen war die Belastungsgrenze auch schon so weit überschritten, dass er die Segel strich, was wiederum auf Kosten derer geht, die durchhalten, sagt Feuerwehr-Chef Thomas Lembeck. „Das sind dann die Leidtragenden.“ Deshalb gelte es durch bessere Arbeitsbedingungen aber auch Bezahlung, die Fluktuation zu minimieren und gleichzeitig mehr Personal aufzubauen.

Über die höheren Entgelte für die Beschäftigten der Feuerwehr und zusätzliche Aufwendungen in Höhe von rund 3,4 Millionen Euro für 95 Stellen in den kommenden vier Jahren wird der Rat der Stadt nach der Einbringung des Haushalts der Stadt im November vermutlich zwar positiv entscheiden. Jedoch wird auch diese Investition in die Zukunft die Situation nicht auf Knopfdruck entspannen können.

Denn Lembeck weiß: „So viel Personal wie wir benötigen, ist nicht in Monaten zu beschaffen.“ Die Umsetzung des Brandschutzbedarfsplans, der viele Behördenbaustellen in personeller aber auch technischer und baulicher Hinsicht aufzeigt, sei vielmehr ein Mehrjahresprojekt. „Wir müssen einfach nach und nach schauen, was ist realistisch möglich“, sagt der Feuerwehrchef.

Die Feuerwehr als attraktiver und moderner Arbeitgeber

Es werde Zeit, dass die Behörde sich mehr denn je als attraktiver und moderner Arbeitgeber präsentiere, der gleichzeitig auch angemessen zahlen könne. Ein ausgeweiteter Stellenplan und mehr Geld seien schließlich wichtige Zeichen der Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern, denen es wohl niemand verdenken kann, wenn sie sich bei einer anderen Kommune bewerben, bei der sie für die gleiche Arbeit ein besseres Salär bekommen. „So klauen wir uns gegenseitig die Leute weg.“

Essens Feuerwehr scheint verstanden zu haben, dass sie potenziellen Bewerbern entgegenkommen muss, um gegenhalten zu können. Man zeigt sich innovationsbereit: So sollen beispielsweise künftige Notfallsanitäter ab dem kommenden Jahr direkt von der Schule abgeholt und eingestellt werden. Die Kapazitäten für die Grundausbildung sollen zudem über externe Feuerwehrschulen ausgeweitet werden, weil die Essener Behörde allein nicht so viele Plätze anbieten kann, wie vonnöten sind.

Auch sollen Bewerber aus der Pflegebranche bei der Feuerwehr vermehrt zum Zuge kommen, da sich schmerzlich bemerkbar macht, dass das Handwerk, das traditionell das Gros künftiger Brandmeisteranwärter gestellt hat, inzwischen deutlich weniger ausbildet. Was heißt: Der Kreis der potenziellen Bewerber schrumpft auch hier.

Visitenkarten in Fitnessstudios auslegen

Da am Ende Sportlichkeit und Gesundheit unbedingte Voraussetzungen für eine Laufbahn bei der Feuerwehr sind, legt die Behörde zusätzlich Visitenkarten mit den QR-Codes der Buskampagne in Fitnessstudios aus. Feuerwehrchef Thomas Lembeck formuliert einen Appell: „Wenn Sie sich für uns interessieren, melden Sie sich bitte!“ (Kontakt: bewerbung@feuerwehr.essen.de oder 0201/1237007, Herr Krause)

Von den zusätzlichen insgesamt 49,1 Millionen, die in den kommenden vier Jahren im Essener Haushalt für die Feuerwehr zur Verfügung stehen sollen, fallen die Mehraufwendungen fürs Personal tatsächlich am wenigsten ins Gewicht. Der Löwenanteil in Höhe von 45,7 Millionen ist für die technische Ausstattung, den Kauf von Grundstücken, die Sanierung und den Bau neuer Feuerwachen vorgesehen.

Auf allen Essener Wachen gibt es Verbesserungsbedarf

Wie Sascha Keil, Leiter der Abteilung Technik der Essener Feuerwehr, in einem Gespräch mit dieser Zeitung sagte, seien alle Standorte betroffen. Auf den Essener Wachen gebe es Verbesserungsbedarf, ob sie nun ertüchtigt oder verlegt und neu gebaut werden müssen. 50 städtische und private Grundstücke werden bereits auf ihre Eignung überprüft.

Der Befund im Brandschutzbedarfsplan ist eindeutig: Viele der zehn Standorte der Berufsfeuerwehr sind inzwischen so marode, dass es wirtschaftlicher ist, sie abzureißen und neu zu bauen. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr besteht baulicher Handlungsbedarf in teils größerem Umfang, heißt es.