Essen. Premiere in der Studio-Bühne Essen: Welche heutigen Bezüge Regisseurin Stefanie Beckmann in Lorcas Psychodrama „Bernarda Albas Haus“ sieht.
Anspruchsvoll, mutig und mit viel Durchhaltevermögen kommt in dieser Spielzeit die erste Premiere der Studio-Bühne am 30. September daher. Stefanie Beckmann, langjähriges Ensemblemitglied des Krayer Amateurtheaters, inszeniert Federico García Lorcas spannungsgeladenes Psychodrama „Bernarda Albas Haus“. Es ist nach Jugendprojekten und Alan Ayckbourns Komödie „Konfusionen“ ihre zweite Regie-Arbeit. 2015 stieß sie bei einem Seminar in Madrid auf die Tragödie des spanischen Poeten, die mit starken Frauenfiguren und einer hoch emotionalen Geschichte beeindruckt.
Lorca beleuchtet die Unterdrückung der Frau
Das Theaterstück, das Lorca („Yerma“, „Bluthochzeit“) kurz vor seiner Ermordung im Spanischen Bürgerkrieg 1936 vollendete, beleuchtet die Unterdrückung der Frau in der autoritären, konservativen Welt des ländlichen Spaniens der 1930er Jahre. Anpassung bis zur Lebenszerstörung ist gefordert. Auch in Bernarda Albas Haus. Nach dem Tod ihres Mannes wird die Witwe zur Tyrannin und sperrt ihre fünf Töchter zu einer achtjährigen Trauer ein. Nur die älteste darf ihren Verlobten noch treffen, was unerfüllte Lust, Missgunst, Hass und Gewalt bei den Schwestern auslöst. „Das führt unweigerlich in die Katastrophe“, so Stefanie Beckmann.
Seit 2019 ist diese Anklage gegen erstarrte Traditionen und überholte Moralvorstellungen in der Studio-Bühne geplant. Mit der Corona-Pandemie kamen die Lockdowns dazwischen, dann die Abstandsregeln, schließlich musste neu besetzt werden, weil sich manche Mitspielerin anders besann. Gar nicht so einfach bei acht Charakteren in dem reinen Frauenstück, von denen ein präzises Spiel gefordert ist. Aber Stefanie Beckmann, Lehrerin von Beruf, hielt durch und fand unter anderen Iris Kölsch für die Titelfigur, die aus Komödien im Kleinen Theater bekannt ist und „gern etwas Ernsthaftes spielen wollte“.
Rückwurf in traditionelle Rollenbilder seit Corona
Auch Anke Kortmann konnte sie mit Lorca begeistern. Die Garderobenmeisterin des Schauspiels Essen hat für die Kostüme des Mehrgenerationenprojekts den Theaterfundus und ihren persönlichen Kleiderschrank auf den Kopf gestellt. Spanischer Haarkamm, Trauertücher, schwarze Trachten treffen auf weiße Nachthemden und lange Herrenunterhosen. Im Foyer und Treppenhaus des Theaters rauschen die Röcke, wird an der Aussteuer gestichelt, kochen die Emotionen hoch.
Regisseurin Stefanie Beckmann bleibt in der Zeit und in der Verortung des Stücks. Sie zeigt, „wie das Äußere das Innere bedingt, die Akzeptanz und Unterstützung der patriarchalischen Strukturen und dass alle Schwestern an dieser Entwicklung beteiligt sind“. Sie kann auch einen klaren heutigen Bezug ausmachen. „Ich sehe einen Rückwurf in traditionelle Rollenbilder der 1950er-Jahre seit Corona“, sagt sie. „Die Frauen waren die Ersten, die ins Homeoffice gingen und sich um das Homeschooling der Kinder kümmerten.“
Karten und Termine unter 0201/ 55 15 05 oder online unter www.studio-buehne-essen.de