Essen-Stoppenberg. Die Friedhofsverwaltung hat Babygräber auf dem Hallo-Friedhof in Essen mit Schotter überdeckt. Die Mutter von drei Sternenkindern ist wütend.

Drei Sternenkinder hat Dominika Özdemir auf dem Hallo-Friedhof in Essen-Stoppenberg begraben müssen. Jede Woche besucht sie die Grabfelder, legt Blumen und Kerzen ab. Vor einigen Wochen jedoch fand sie dort, wo ihre kleine Melek im vergangenen Jahr bestattet wurde, nur noch ein Schotterfeld. „Ich dachte, mich trifft der Schlag“, so die 35-Jährige. „Ich wusste nicht, wo mein Kind liegt.“ Auch rund 155 weiteren Kinder-Grabstellen waren nicht mehr zu sehen.

Akkurate Erdfelder für Babys auf Hallofriedhof in Essen-Stoppenberg

Jetzt, einige Wochen später, sind auf dem Schotterfeld akkurate Erdfelder angehäuft, 90 mal 55 Zentimeter groß, zwölf Zentimeter hoch. Auf jedem Grabfeld steckt eine Nummer, auf manchen liegen die Holztafeln mit den Namen und Daten der gestorbenen Kinder. Einige Eltern haben in der Zwischenzeit wieder Blumen eingepflanzt oder Blumenerde darüber gestreut. So auch Dominika Özdemir: „Ich wollte, dass das wieder schön aussieht.“

So sah das Baby-Grabfeld auf dem Essener Hallo-Friedhof zwischenzeitlich aus. Für einige Eltern ein Schock.
So sah das Baby-Grabfeld auf dem Essener Hallo-Friedhof zwischenzeitlich aus. Für einige Eltern ein Schock. © Özdemir

Melek war im vergangenen Jahr in der 21. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen und hat nur wenige Stunden gelebt. Ursache war eine Schwangerschaftsvergiftung von Dominika Özdemir. Die Gelsenkirchenerin hatte bereits 2018 ihre Ela verloren, die als Frühchen in der 23. Woche auf die Welt kam und ebenfalls nur wenige Stunden atmete. Das Grab von Ela blieb von dem Schotter ebenso unberührt wie das von Koray, der es als Zwilling im Jahr 2015 auch nicht schaffte zu überleben. Sein Bruder hingegen ist jetzt sieben Jahre alt und besucht seine Geschwister regelmäßig auf dem muslimischen Grabfeld des Stoppenberger Friedhofs. Die Gräber der Kinder von Dominika Özdemir liegen ein paar Meter auseinander. Dominika Özdemir ist wütend. Sie versteht nicht, warum sie als Betroffene nicht informiert wurde.

Mutter wütend, weil Eltern von Friedhofsverwaltung nicht informiert wurden

Dominika Özdemir am Grab eines ihrer Sternenkinder auf dem Hallo-Friedhof in Essen-Stoppenberg.
Dominika Özdemir am Grab eines ihrer Sternenkinder auf dem Hallo-Friedhof in Essen-Stoppenberg. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Auf Anfrage erklärt Stadtsprecherin Jasmin Trilling, dass jedem, der ein Grab kaufe, die Friedhofssatzung mit an die Hand gegeben werde. Darin steht, dass Reihengräber feste Abmessungen haben und, dass die erste Herrichtung der Gräber von der Friedhofsverwaltung durchgeführt wird. Ein genauer Zeitrahmen dafür ist in der Satzung nicht festgelegt. Auf dem betroffenen Grabfeld liegen Kinder, die 2020, 2021 und 2022 gestorben sind. Diese Herrichtung der Gräber, das sogenannte „Aufhügeln der Grabstelle ohne Bepflanzung“ ist in den vergangenen Wochen auf dem Hallo-Friedhof durchgeführt worden.

Einzelne Grabstellen auf Hallo-Friedhof exakt eingemessen

Hintergrund: Nach der Beisetzung werden die einzelnen Grabstellen zunächst mit einem größeren Erdhügel angelegt. Im Laufe der Zeit sackt dieser dann ab und es kommt zu Unebenheiten. Trilling: „Beim ,Hügeln` wird der Feldbereich, der endgültig hergestellt werden soll, planiert, sodass entstandene Unebenheiten beseitigt werden. Die einzelnen Grabstellen werden dann exakt eingemessen und die endgültigen Grabhügel in satzungsgemäßer Größe angelegt. Die Zwischenwege werden mit Splitt eingedeckt.“ Diese Arbeiten würden regelmäßig auf allen Reihengrabfeldern für Sargbestattungen auf den Essener Friedhöfen stattfinden. Die betroffenen Angehörigen werden von der Verwaltung, die sich auf die entsprechende Satzung beruft, nicht explizit informiert.

Das ist für Dominika Özdemir ein Unding. Bei den anderen Kindern erinnert sie sich nicht an diesen Vorgang. Sie wünscht sich nicht nur eine bessere Informationspolitik, sondern auch eine bessere Pflege vor Ort. Um die Gräber ihrer Kinder kümmere sie sich gerne, das Unkraut und Gras dazwischen müsste jedoch von Mitarbeitern des Friedhofs regelmäßiger entfernt werden.

Auch komme es immer wieder zu Diebstählen. Teuren Grabschmuck oder Engelfiguren bringe die Mutter schon gar nicht mehr mit. Der Weg zum Friedhof koste sie mittlerweile immer mehr Überwindung: „Nicht nur wegen der Trauer, sondern auch wegen der Wut, weil ich nie weiß, was genau mich auf dem Friedhof erwartet.“