Essen-Kettwig. Der Bebauungsplan „Icktener Straße“ entzweit Essener Politiker. Warum Kettwiger Bürgerinitiative den Wohnungsbau im Bachtal verhindern will.

Der „Bebauungsplan Icktener Straße“ bewegt die Gemüter. Auf dem zugewucherten Gelände der ehemaligen Tennisanlage in Essen-Kettwig-Ickten sollen drei Gebäude mit 25 bis 30 Wohneinheiten entstehen. Das findet nicht jeder gut.

Von der Straße aus sollen die Häuser nur zweigeschossig wirken, von der Rückseite allerdings schon ein fünf- bis sechsgeschossiges Erscheinungsbild haben, ist der Verwaltungsvorlage zu entnehmen. Um das Gelände bebauen zu können, war die Änderung des Flächennutzungsplanes notwendig geworden.

Anwohner in Essen-Kettwig wehren sich gegen die Pläne zur Bebauung

Die Anwohner sind mit dem Vorhaben nicht einverstanden und wehren sich. Im Kettwiger Rathaus tagte nun die für Kettwig zuständige Bezirksvertretung IX zum Thema. Die Interessengemeinschaft Ickten hatte schon bei der Bürgermeister-Sprechstunde ihre Fragen, Kritik und Forderungen vorgetragen und zeigte sich enttäuscht: Es habe von Seiten der Politik keine Bereitschaft gegeben, sich überhaupt mit den Argumenten zu beschäftigen.

Mit Plakaten demonstrierten Vertreter der IG Ickten vor dem Kettwiger Rathaus, bevor dort die Bezirksvertretung IX tagte. Die Bürger setzen sich für den Erhalt des Icktener Bachtals ein.
Mit Plakaten demonstrierten Vertreter der IG Ickten vor dem Kettwiger Rathaus, bevor dort die Bezirksvertretung IX tagte. Die Bürger setzen sich für den Erhalt des Icktener Bachtals ein. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Zur BV-Sitzung standen die Protestierenden vorm Kettwiger Rathaus, anschließend nahmen sie im Sitzungssaal Platz. Es ging es um die Frage, ob eine BV-Mehrheit Bedenken anmeldet gegen die Verwaltungsvorlage. Heike Lohmann machte genau das: „Hier ist ein Biotop gefährdet, das sich seit zehn Jahren bildet.“ Die SPD lehne den Bebauungsplan weiterhin ab: „Es passt nicht in diese Gegend.“

Für die aus CDU und FDP-Einzelvertreter gebildete Mehrheit stellte Bezirksbürgermeisterin Gabriele Kipphardt klar: „Es ist eine Fläche, die sich durchaus anbietet, eine vorgenutzte Fläche. Es handelt sich um keinen Wald, aus Tennis-Asche wird kein Mutterboden.“ Natürlich könne man da schön spazieren gehen, aber die Wohnungsnot gebiete anderes: „Wir erreichen im Bezirk nicht die notwendige Anzahl von neuen Wohnungen.“ Kipphardt wurde deutlich: „Wenn wir weiterhin dieser Verhinderungstaktik nachgehen, werden die Mieten weiter steigen.“

Heinz Schnetger (SPD) wies auf die Vielzahl der Einsprüche hin. Auch fehle die Verhältnismäßigkeit: „Für höchstens 30 Wohnungen wurde hier ein unerträglicher Aufwand getrieben. Man muss vorgenutzte Flächen nicht weiternutzen, man kann den Icktener Bach renaturieren.“ Auch die Grünen meldeten sich zu Wort. Für ihre Partei handele es sich um eine „höchst problematische Geschichte“, unterstrich Hildegard Demmer: „Ich habe Bedenken, was die Bebauung angeht. Eine Renaturierung wäre wünschenswert.“

Ob die Ratsfraktion die Meinung der Ortsgrünen teilt? Wohl kaum, scheint für Demmer bereits festzustehen. Daher ihr grundsätzlicher Appell: „Wir alle müssen da sensibler werden und die Weichen frühzeitig anders stellen. Ich wünsche mir, dass sich solche Sachen nicht wiederholen.“

Bürgerinitiative hält Wohnungsnot für vorgeschobenes Argument

Die Abstimmung wurde zu einer Kampfabstimmung. Zwar wollten Grüne und SPD Bedenken anmelden, doch die Gegenstimmen von CDU und FDP verhinderten dies. Die Linke im Rat lehnt den Bebauungsplan ab. Sprecher Wolfgang Freye verwies auf die Dürresommer mit großer Hitze. Die inzwischen bewaldete und begrünte Fläche in Ickten müsse als Wasserspeicher und zur Kühlung der Umgebung erhalten werden. Die wenigen öffentlich geförderten Wohnungen würden die Nachteile nicht aufwiegen.

Für die IG Ickten resümierte Gunter Zimmermeyer: „CDU und FDP in der Bezirksvertretung winken Zerstörung von Natur und Umwelt in Ickten durch.“ Auch Wald, der älter als 60 Jahre sei, solle vernichtet werden. Die Wohnungsnot sei nur vorgeschoben, denn laut Stadt nehme bis 2030 die Bevölkerung im Bezirk IX ab. Die Verwaltung habe offensichtlich selbst Bedenken bekommen. Zimmermeyer forderte die Grünen auf, ihren „Schlingerkurs“ zu beenden und im Rat gegen den Bebauungsplan zu stimmen: „Wird die Koalitionsdisziplin wichtiger als der Erhalt der Natur? Die Grünen haben es in der Hand, dass die Umwelt gewinnt.“

Im Planungsausschuss wurde das Thema geschoben

Die Diskussion geht weiter: Die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, -planung und Bauen unter Vorsitz des Kettwiger Ratsherren Guntmar Kipphardt wurde mit Spannung erwartet. Besonders das Abstimmungsverhalten der Grünen sollte im Fokus stehen. Doch das Thema wurde in die nächste Sitzung am 15. September geschoben, da die SPD Beratungsbedarf angemeldet hatte. Am 28. September wird dann der Rat der Stadt Essen entscheiden, ob es einen Bebauungsplan „Icktener Straße“ geben wird. CDU und Grüne haben die Stimmenmehrheit.