Essen. Kupferdach und Kalksteinfassade der Alten Synagoge stehen vor einer umfassenden Sanierung, ferner will die Stadt bauliche Mängel beheben.
Die über sechzig Jahre alte Dacheindeckung und die Natursteinfassade der Alten Synagoge sollen saniert werden. Das wurde am Donnerstag (1.9.) dem Stadtplanungsausschuss mitgeteilt. Bereits im Jahr 2015 habe eine bauliche Bestandsaufnahme erheblichen Sanierungsbedarf ergeben, in den nächsten Wochen soll nun nach jahrelanger Vorbereitung mit den Arbeiten begonnen werden. Aktuell geht die Stadt von Kosten in Höhe von rund sieben Millionen Euro aus, nachdem ein erstes Gutachten noch mit fünf Millionen Euro auszukommen glaubte.
Nach einem zeitintensiven EU-weiten Vergabeverfahren wurde nach Angaben der Stadt nun ein Ingenieurbüro mit besonderen Kompetenzen in den Bereichen Natursteinfassaden, Kupferdacheindeckungen und Denkmalschutz als Generalplaner beauftragt. Die Baustelleneinrichtung mit spezieller Einrüstung der Alten Synagoge erfolgt voraussichtlich Anfang Dezember 2022. Die Fertigstellung ist für das vierte Quartal 2023 geplant.
Wesentliche Schwerpunkte der Sanierung sind demnach die Erneuerung der Kupferdacheindeckung, die Erneuerung und Anpassung der Regenentwässerung, die Ertüchtigung und Teilerneuerung der hölzernen Dachunterkonstruktion, die Sanierung der Stahlbetonkonstruktion der inneren Hauptkuppel, eine Reinigung und Neuverfugung der Fassade, ein Austausch schadhafter Steine sowie die Ergänzung von zusätzlichen Verankerungen.
Erscheinungsbild des Gebäudes soll sich nicht verändern
Erneuert werden müsse insbesondere die verformte und hagelgeschädigte Kupfereindeckung. Sie soll durch eine härtere, rissfeste Legierung ersetzt werden. Wegen der Vorgaben des Denkmalschutzes bei der Materialauswahl werde sich das Erscheinungsbild der Alten Synagoge nicht nachhaltig ändern, heißt es. Um dies zu erreichen, soll sogar vorpatiniertes Kupfer verwendet werden, da der „natürliche“ Patinierungsprozess in der heutigen viel sauberen Luft anders verläuft.
Auch die Regenentwässerung sei wegen alters- und verschleißbedingten Schäden, zu geringem Gefälle und anderer konstruktiver Mängel neu zu konzeptionieren. Sie stelle neben der Kupfereindeckung den komplexesten Sanierungspunkt dar. Das Regenwasser wird zukünftig vollständig außenliegend abgeführt.
Ecktürme sollen ihre historische Kuppelform zurückerhalten
Der Zustand der hölzernen Dachunterkonstruktion könne erst nach Entfernung der Kupfereindeckung in Gänze ermittelt werden, so die Stadtverwaltung. Stichproben hätten aber bisher in großen Teilen einen durchaus guten Zustand gezeigt. Im Zuge der Sanierung sollen die Dächer der vier Ecktürme ihre historische Kuppelform zurück erhalten. Zwar hat das massive Gebäude sowohl die Teil-Zerstörungen durch die Brandschatzung 1938 als auch den Bombenkrieg äußerlich recht gut überstanden, doch waren Teile der Alten Synagoge in der Nachkriegszeit dennoch vereinfacht und verändert worden.
Auch die Reinigung der Fassade aus Muschelkalk soll „materialschonend“ erfolgen, heißt es. Nach Entfernung des Algen- und Flechtenbewuchses sowie der jahrzehntealten Schmutz- und Rußablagerungen werde die alte Farbigkeit der massiven Natursteinfassade wieder zu Tage treten, so die Erwartung. Zur Vermeidung zukünftiger Verschmutzungen wird auch eine nachfolgende Imprägnierung geprüft.
Alle Arbeiten werden mit dem Denkmalschutz abgestimmt
In die Sanierungsmaßnahme wird auch das Rabbinerhaus einbezogen, das eine bauliche Einheit mit der Alten Synagoge bildet. Alle Planungen und zukünftigen baulichen Maßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde.
Der Bau des Architekten Edmund Körner aus dem Jahr 1913 gehört mit seinem rund 1500 Besuchern fassenden Hauptraum und Emporen zu den größten und architektonisch bedeutendsten Synagogenbauten des 20. Jahrhunderts in Europa. Die Innenausstattung und die reiche, kunstvolle innere Ausgestaltung wurden in der Reichsprogromnacht weitgehend zerstört, so dass das Gebäude von 1938-1959 eine fensterlose Brandruine war. Zunächst als „Haus Industrieform“ für Ausstellungszwecke genutzt, wurde die Synagoge 1980 in das Kulturinstitut „Alte Synagoge - Haus der jüdischen Kultur“ umgewandelt. Der denkmalgeschützte und seit 1960 im Besitz der Stadt Essen befindliche profanierten Synagogenbau ist seither Gedenkstätte und wurde 2010 zusätzlich ein Museum der jüdischen und deutsch-jüdischen Geschichte sowie der jüdischen Kultur der Gegenwart.