Essen-Nordviertel. Erzieherinnen werden dringend gesucht: Eine Essener Kita geht neue Wege und hat Filme veröffentlicht, bei denen die Kinder selbst mitspielen.
Der Fachkräftemangel bei Erzieherinnen hat in diesem Jahr einen traurigen Rekordwert erreicht. 20.500 Erzieher-Stellen konnten bundesweit nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zwischen Juli 2021 und Juli 2022 nicht besetzt werden. Auch in der Essener Kita Lumiland am RWE-Campus im Nordviertel sind einige Stellen unbesetzt. Um neue Erzieherinnen zu gewinnen, geht das Team jetzt neue Wege und hat mit den Kindern kurze Videoclips gedreht.
Video aus Essener Kita Lumiland auf You-Tube zu sehen
14 Jungen und Mädchen aus der Essener Kita sind zu Schauspielerinnen und Schauspielern geworden. Im Kurzfilm gehen die Kinder als junge Personalerinnen und Personaler auf die Suche nach ihren zukünftigen Betreuungspersonen. Das Ergebnis ist auf Youtube sowie den Social-Media-Kanälen der Kita zu sehen.
„Die Filme sprechen eventuell eine größere Zielgruppe an“, hofft Jennifer Tönis, die die Einrichtung zusammen mit Petra Buss leitet und schon viel ausprobiert hat, um neues Personal für die Einrichtung zu gewinnen, die als Betriebskita des Energiekonzerns RWE 80 Prozent RWE-Kinder und 20 Prozent Kinder von außerhalb aufnimmt und über rund 150 Plätze verfügt. Die Veröffentlichung von Anzeigen auf Karrierewebsites und auch der Einsatz von Personalvermittlern habe zuletzt nicht den erhofften Schub ausgelöst. Die Bewerbungen seien eher kleckerweise eingetroffen, fünf Stellen sind weiterhin vakant.
Essener Kita Lumiland betreibt auch Instagram-Kanal
Tönis glaubt, dass es Einrichtungen im Ruhrgebiet besonders schwer haben, offene Stellen zu besetzen, weil Interessierte aufgrund der großen Anzahl von Kitas viel Auswahl haben. „Der Anfahrtsweg spielt für viele eine große Rolle und auch das Verhältnis von Arbeit und Freizeit“, weiß Tönis, die zeigen will, dass das Team offen und innovativ ist. So gab es auf dem Lumiland-Instagram-Kanal im vergangenen Jahr ab und an auch Einblicke zu pädagogischen Themen aus dem Kindergarten. Jetzt geht es auch dort hauptsächlich um das Thema Personalrekrutierung.
In der Coronazeit hat ein Teil der 150 Kinder aus dem Lumiland schon einen Film gedreht, der einen Rundgang durch die Einrichtung bietet. „So konnten wir den Eltern, die in der Zeit gar nicht hinein durften, zeigen, wie es bei uns aussieht und was wir so machen“, erklärt Tönis.
Für den aktuellen Film hätten sich die Kinder extra schick angezogen und Erzieherinnen und Eltern hätten mit ihnen besprochen, worum es geht. „Sie mussten nur kurze Sätze aufsagen, die Aufmerksamkeitsspanne ist ja gering und die Kinder sollten nicht wirklich arbeiten“, erzählt Tönis. Die Drei- bis Sechsjährigen hätten ihre Rolle als Personalerinnen jedoch sehr ernst genommen. In den Videoclips sieht man, wie sie sich auf die Suche nach ihrem zukünftigen Betreuungspersonal machen. Am Schreibtisch sitzend, den Buntstift fest in der Hand weisen sie mit entsprechendem Wortwitz auf die bilinguale Ausrichtung der Kita hin und rufen zur Bewerbung auf.
Kitaplätze in Essen noch immer Mangelware
Die Zeit dränge, erklärt Jennifer Tönis, die Kita wachse nämlich noch weiter. Gestartet war sie mit sieben Gruppen im Jahr 2011, im vergangenen Jahr sind drei Gruppen hinzugekommen und zwei weitere sind noch in Planung. Kitaplätze sind in Essen schließlich noch immer Mangelware.
Netzwerkveranstaltung im Lumiland
Für den 13. September plant das Lumiland eine abendliche Netzwerkveranstaltung, zu der pädagogische Fachkräfte aus Essen eingeladen sind. Dort gibt es die Chance, das Lumiland kennenzulernen, außerdem stehe ein Impulsvortrag mit dem Krisen- und Konfliktpädagogen Raphael Kirsch auf dem Programm.
Die Veranstaltung ist kostenfrei. Weitere Infos unter 0201 74700601.
Im Februar hatte die Stadt mitgeteilt, dass etwa 1400 Plätze fehlen, wenn man als Bemessungsgrundlage die angepeilten Versorgungsquoten von 40 Prozent (U3) und 100 Prozent (Ü3) annimmt. Aktuellere Zahlen hat die Stadt zu Beginn des laufenden Kindergartenjahres Anfang August nicht mitgeteilt und verweist auf die Sitzung des Jugendhilfeausschusses im September, in der über den Sachstand zum Kitaausbau informiert werden soll.
Die Lücke von Plätzen soll im kommenden Kindergartenjahr 2022/23 durch weitere Bauprojekte zu zwei Dritteln geschlossen werden; 965 neue Plätze sind angepeilt in insgesamt mehr als 20 Vorhaben, verteilt aufs gesamte Stadtgebiet: „Es kann durch Bauverzögerungen zu Abweichungen kommen“, erklärte die Stadt jedoch jetzt auf Anfrage.