Essen-Bedingrade. Jubiläum: Das Wahrzeichen des Essener Stadtteils Frintrop steht eigentlich in Bedingrade. Wann kommt der Turm ins Guinness-Buch der Rekorde?
Der Frintroper Wasserturm ist eigentlich ein Bedingrader Wasserturm, wenn man die Stadtteil-Grenzen ganz genau nimmt. Er steht an der Frintroper Straße, Hausnummer 326, hat sogar ein blau-weißes Emailleschild mit den Ziffern drei, zwei und sechs neben der Eingangstür hängen, so wie ein richtiges Wohnhaus.
Das war er übrigens auch mal: „Bis nach dem Krieg waren die ersten beiden Etagen bewohnt, es gab einen richtigen Turmwärter“, berichtet Ramon Steggink, Sprecher der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) in Mülheim. Sie betreibt den Turm, der trotz seines hohen Alters von 125 Jahren immer noch aktiv ist und die Bürgerinnen und Bürger von Bottrop-Süd mit Wasser versorgt.
Der Turm spielt eine Rolle bei der Wasserversorgung in Zeiten hohen Verbrauchs
„Natürlich spielen Wassertürme heute im laufenden Geschäft kaum noch eine Rolle“, sagt Stegging. Der Frintroper beziehungsweise Bedingrader Turm wird jede Nacht befüllt mit Wasser aus dem Wasserwerk Mülheim-Styrum, und er dient vor allem dazu, in Spitzenzeiten des Verbrauchs – zum Beispiel morgens – den Versorgungsdruck in den Leitungen konstant zu halten. „Wassertürme dienen heute vor allem als Puffer für die kurzen Zeiten hohen Verbrauchs“,sagt Steggink.
Und ja, er dient immer noch als Wohnraum: Der Frintroper Wasserturm ist noch belebt – ein Turmfalkenpärchen nistet seit Jahren in einem der so genannten „Blindfenster“ im Mauerwerk, das sind nachträglich verschlossene Fenster. Der Turm, der seit 1995 unter Denkmalschutz steht, ist übrigens in erstaunlich guter Verfassung. Das wird vor allem deutlich, wenn man mal hineingeht.
Hier und da blättert ein bisschen weiße Farbe von der dicken Wand, die aus Ziegeln gemauert wurde – doch sonst sieht der Turm – nun ja, fast aus wie neu. Man geht zunächst Holztreppen, später eine Stahltreppe hinauf bis unters Dach des Turms – und blickt auf genieteten Stahl, wasserblau gestrichen, sehr ansehnlich, das Ganze, obwohl die letzte Sanierung schon im Jahre 1992 war.
Trotzdem: Oben, unterm Dach beziehungsweise unterm Wasserbehälter, sehen wir einen großen Schaltkasten, der die Elektrik des Wasserbetriebes steuert, einige weitere Schalter, natürlich drei dicke Rohre, ansonsten ist hier, wie im ganzen Turm, noch ziemlich viel Platz. Um ganz nach oben zu kommen, geht man übrigens 143 Stufen.
Seit 2019 wird der Turm abends angestrahlt
Vielleicht liegt der gute Zustand des Frintroper Wasserturms an der Tatsache, dass das gesamte Gebäude, das 1885 errichtet und 1897 eingeweiht wurde, hoch eingezäunt ist. Das gesamte Grundstück kann man nicht betreten. Entsprechend gibt es auch keine Graffiti oder anderes Geschmier auf dem Mauerwerk. Auf dem Gelände stehen seit 2019 auch noch LED-Strahler, die den Turm abends in buntes Licht tauchen. Das Licht richtet sich nach der Außentemperatur – bis fünf Grad Celsius polargrün, bis zehn Grad grasgrün, bis 15 Grad orange, alles darüber: rot.
Der Turm ist 44,15 Meter hoch. „Damit ist er eigentlich das größte Thermometer der Welt“, sagt Rainer Seck vom Bürger- und Verkehrsverein Essen-Frintrop. Doch diesen Titel trägt derzeit noch – amtlich verbrieft im Guinness-Buch der Rekorde – ein 42 Meter hohes Thermometer in Amerika, in der Nähe von Las Vegas.
Eigentlich braucht der Frintroper Wasserturm ohnehin keine zusätzlichen Lorbeeren. Für die Bürger vor Ort ist er eine weithin sichtbare Landmarke, die sagt: Ich bin da. Ich war es gestern schon und werde es morgen auch noch sein. Und eigentlich ist das ja mehr als genug.