Essen-Rüttenscheid. Die Stadt Essen zäunt eine Sportanlage ein und öffnet sie nur für Schüler der NRW-Sportklassen. Das Land betont: Für die wird sie nicht gebraucht.

„Achtung: Dies ist kein öffentliches Schulgelände!“: Diese Worte sind nun schon seit einiger Zeit an der eingezäunten Außensportanlage des Helmholtz-Gymnasiums zu lesen – zum Ärger vieler Kinder im Stadtteil. „Es handelt sich bei dieser Anlage um Sportstätten, deren Nutzung ausschließlich dem Verbundsystem der Eliteschule des Sports/NRW-Sportschule Essen vorbehalten sind“, heißt es weiter auf dem Schild. Das Land, das für die Förderung der Schülerinnen und Schüler der NRW-Sportschulen zuständig ist, sieht allerdings keinen Grund für diese Exklusivrechte, im Gegenteil: Die Anlage sei „nicht primär“ für die jungen Leistungssportler vorgesehen, denn ihr Bedarf an Trainingsstätten werde bereits anderweitig gedeckt.

Zum Hintergrund: Nachdem sich Anwohner über Lärm, Müll und Vandalismus beschwert hatten, sperrte die Stadt die Außensportanlage des Helmholtz-Gymnasiums ab und brachte die Schilder an, die darauf hinweisen, dass unbefugtes Betreten umgehend zur Anzeige gebracht werde. Dagegen protestierten Eltern von Kindern, die insbesondere während der Corona-Pandemie gerne dort Basketball gespielt hatten. Innerhalb weniger Wochen sammelten die Eltern über 100 Unterschriften und forderten, das Feld wieder für alle Kinder und Jugendlichen aus der Nachbarschaft zu öffnen.

Schwerpunktsportarten in Essen sind Kanu, Rudern, Schwimmen und Triathlon

Seit 2014 sind das Helmholtz-Gymnasium in Rüttenscheid und die Elsa-Brändström-Realschule in Bergerhausen als NRW-Sportschulen anerkannt. Wie ein Sprecher der NRW-Staatskanzlei mitteilt, ist durch die Ernennung ein Mehrbedarf an Sporträumen für die Ausbildung der Sportschülerinnen und -schüler entstanden. Bei geplanter Vollauslastung der Sportklassen an der NRW-Sportschule in Essen müsse man deshalb drei zusätzliche Sporteinheiten schaffen.

Zielsetzung der NRW-Sportschulen ist laut Land einerseits eine gezielte Ausbildung in den Schwerpunktsportarten. Das sind in Essen Kanu, Rudern, Schwimmen und Triathlon. Andererseits soll in den Klassen 5 bis 7 die athletische und sportartübergreifende Grundausbildung verbessert werden. Darum habe sich das Land entschieden, einen Krafttrainingsraum (eine Sporteinheit) und eine Zweifach-Sporthalle (zwei Sporteinheiten) finanziell zu fördern. „Der durch die NRW-Sportschule entstandene Bedarf ist dadurch abgedeckt“, so ein Sprecher der NRW-Staatskanzlei.

Stadt Essen musste Außensportanlage des Helmholtz-Gymnasiums selbst finanzieren

Der Sprecher ergänzt: „Da an den beiden Schulen darüber hinaus aber auch noch allgemeiner Schulsport stattfindet, mussten auch für diesen Sporträume geschaffen werden.“ Die Stadt Essen habe sich daher entschieden, neben den Indoor-Angeboten noch Außensportflächen zu schaffen. Für diese habe das Land rein rechnerisch keinen Bedarf. Darum dienten sie nicht primär den Schülern der NRW-Sportschule und seien auch nicht mit Landesmitteln gefördert worden.

Die Stadt musste also die Außensportanlage vollständig aus dem städtischen Haushalt finanzieren. Im Mai 2020 hatte der Rat die Generalsanierung der Anlage beschlossen. Sie startete im März 2021 und wurde im Mai 2022 komplett abgeschlossen. Laut Stadtsprecherin Jacqueline Schröder lagen die Kosten bei rund einer Million Euro. Zu einem Großteil wurde die Anlage durch Mittel aus dem städtischen Neubauprogramm Schultoilettenanlagen finanziert, die für ihren ursprünglichen Zweck nicht abgerufen worden waren.

Essener Eliteschul-Verbundsystem darf Sportanlage ganztägig nutzen

Stadt verweist auf andere Sportflächen

Die Verwaltung betont, dass es im Stadtteil mehrere Sportmöglichkeiten gebe. „Ein öffentliches Minifußballfeld mit Basketballkörben und einem Kunststoff-Spielteppich befindet sich südlich des Schwimmzentrums Rüttenscheid an der Müller-Breslau-Straße“, so Stadtsprecherin Jacqueline Schröder.

Am Spielplatz Angelikastraße stehe ein Ascheplatz für Fuß- und Basketball zur Verfügung. Darüber hinaus befinde sich auf dem Schulhof des Maria-Wächtler-Gymnasiums, Abzweig Isenbergstraße eine Fußballspielfläche mit Kunststoffbelag und kleinen Toren. Auch dieser Schulhof darf allerdings nicht von Jugendlichen ab 15 Jahren betreten werden.

Die Stadt ist also die Eigentümerin der Sportflächen. Damit besitze sie das Hausrecht, eine Öffnung zu erlauben oder zu untersagen beziehungsweise die Nutzung in Teilen zuzulassen, so Schröder. „Es ist die ausdrückliche gemeinsame Entscheidung der Verwaltung und der Schule, dass die Außensportanlage nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist.“ Deshalb stehe sie nur im Rahmen des Unterrichts und nur für die Schülerinnen und Schüler der NRW-Sportschulen und des Sport- und Tanzinternates zur Verfügung.

Die letzten beiden Gruppen dürfen die Anlage auch nach Ende des Schulbetriebes um 18 Uhr nutzen, allerdings nur bis zum Einbruch der Dunkelheit und unter Aufsicht. Offen bleibt, warum monatelang alle Kinder und Jugendlichen aus dem Stadtteil die mit städtischen Mitteln erbaute Anlage nutzen durften und der Stadt die exklusiven Nutzungsrechte erst einfielen, als sich die Anwohner beklagten.

Die Stadt verweist darauf, dass stattdessen die Schulhöfe des Helmholtz-Gymnasiums sowie der umliegenden Schulen geöffnet sind. Das gilt aber nur für Kinder bis 14 Jahren, Jugendliche ab 15 dürfen nicht dorthin. Die Eltern hatten sich beklagt, dass es gerade für ältere Teenager keine ansprechenden Treffpunkte gebe, an denen sie gemeinsam Sport treiben können.

Rüttenscheider Bezirksvertreter suchen nach Alternative

Politikerinnen und Politiker aus der zuständigen Bezirksvertretung (BV) II wollen sich nun dafür einsetzen, alternative Spielmöglichkeiten für Jugendliche zu finden. Dazu haben sie einen interfraktionellen Arbeitskreis gebildet. „Eine gute Möglichkeit ist der bestehende Spielplatz auf dem ehemaligen Bunker, Müller-Breslau-Straße/Ecke Von-Einem-Straße“, sagt Bezirksvertreter Benjamin Thomas, Ortsvorsitzender der CDU Rüttenscheid. „Hier könnten ohne großen Aufwand ein vernünftiges Basketballfeld und ein Fußballplatz geschaffen werden.“