Essen-Rüttenscheid. Anwohner hatten sich über Lärm und Müll auf der Außensportanlage des Helmholtz-Gymnasiums beschwert. Nun ist sie dicht – und Eltern laufen Sturm.

  • Die Außensportanlage des Essener Helmholtz-Gymnasiums ist abgeschlossen. Immer wieder hatten sich zuvor Anwohner über Probleme mit Lärmbelästigung und Müll beschwert.
  • Eltern von Kindern, die dort gerne gespielt haben, protestieren gegen die Entscheidung. Sie wünschen sich, dass das Basketballfeld für alle Kinder und Jugendlichen zur Verfügung steht.
  • Die Stadt Essen macht allerdings wenig Hoffnung.

Über 100 Eltern haben sich innerhalb weniger Wochen an einer Unterschriftenaktion beteiligt und fordern, das Basketballfeld des Essener Helmholtz-Gymnasiums für alle Kinder und Jugendlichen aus der Nachbarschaft zu öffnen. Ein Zaun verhindert aktuell das Betreten von Unbefugten außerhalb der Unterrichtszeiten. Darüber ärgern sich Mütter und Väter, deren Kinder sich gern dort getroffen und Körbe geworfen haben. „Wir verstehen alle Anwohner“, betont Frank Schweizerhof, einer der Initiatoren. „Aber es muss sich doch eine gemeinsame Lösung finden lassen.“

Zum Hintergrund: Eine Anwohnerin hatte über Lärmbelästigung in der Nähe des Feldes geklagt. So ist es nachzulesen in den Unterlagen der Bezirksvertretung (BV) II. Nach 17 Uhr und an allen Feiertagen und Wochenenden werde der Basketballplatz des Gymnasiums bis zur absoluten Dunkelheit von Jugendlichen genutzt – begleitet durch laute Musik. Im Frühjahr 2021 hat die Stadt das zuvor nur in Teilen eingezäunte Gelände komplett einfrieden lassen und Hinweisschilder angebracht, die jegliche Fremd-Nutzung ausschließen sollen.

Stadt Essen verweist auf Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern

Auf Anfrage erklärte Stadtsprecherin Jacqueline Schröder, die Basketball-Spielfläche sei bereits seit Beginn ihrer Bauphase im vergangenen Jahr, auch in den Abendstunden und nachts, widerrechtlich genutzt worden. „Es sind Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern eingegangen, der umliegende Schulhof wurde vermüllt und die Wände mit Graffiti beschmiert“, so Schröder. Unter anderem hätten Jugendlich die Sportfläche einmal belegt, so dass eine Schulsportgruppe den Platz nicht konfliktfrei habe nutzen können.

Die Sportanlage ist laut Schröder im Kontext der Ernennung des Helmholtz-Gymnasiums zur Sportschule NRW saniert worden. Sie werde in der Regel bis 18 Uhr durchgängig schulisch genutzt. Darüber hinaus stehe sie den Schülerinnen und Schülern des Essener Eliteschul-Verbundsystems sowie dem Sport- und Tanzinternat bis Einbruch der Dunkelheit zur Verfügung, allerdings nur unter Aufsicht oder Anleitung. Bei der Nutzung der Sportanlage würden zudem die allgemeinen Ruhezeiten eingehalten. „Die Stadt ist Eigentümerin der Flächen und besitzt das Hausrecht, um eine Öffnung zu erlauben oder zu untersagen bzw. die Nutzung in Teilen zuzulassen“, erklärt Schröder. „Falls keine Schilder eine Nutzung regeln, ist das Betreten verboten, wie bei anderen Privatgrundstücken auch.“

Bei einem Ortstermin am Rüttenscheider Helmholtz-Gymnasium diskutierten Eltern, Anwohner und Politiker über die Schließung des Basketballfeldes.
Bei einem Ortstermin am Rüttenscheider Helmholtz-Gymnasium diskutierten Eltern, Anwohner und Politiker über die Schließung des Basketballfeldes. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Essener Eltern und Kinder teilen positive Erfahrungen

Eltern, deren Kinder das Helmholtz-Gymnasium besuchen, sehen das sehr kritisch. Sie betonen: In Rüttenscheid gebe es überhaupt keinen Ort für ältere Kinder und Jugendliche, an dem sie sich treffen und sportlich austoben können – ohne dafür gleich einem Verein beitreten zu müssen. Zu ihnen gehört Katharina Wilken-Lohmann, Mutter von drei Kindern. „Meine Kinder haben immer gern hier gespielt, vor allem in der Corona-Zeit“, sagt sie. „Es braucht doch eine Anlaufstelle für Jugendliche.“

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Ihr 15-jähriger Sohn pflichtet ihr bei und zeichnet nach, wie der Basketballplatz in der Pandemie ein Stück weit Zufluchtsort für die Jugendlichen aus dem Umfeld geworden sei: „Man hat dort immer jemanden getroffen und konnte gemeinsam spielen.“ Kai Eckholdt, zweifacher Vater, war häufig selbst vor Ort und hat mit seinem Sohn Körbe geworfen. Was sich abends auf dem Gelände zugetragen habe, wisse er nicht. Aber: „Immer, wenn ich hier war, habe ich es als sehr friedlich und respektvoll wahrgenommen. Es ging um den Sport.“

Anwohner aus Rüttenscheid beklagen Lärmbelästigung

Auf die Schilderungen von Eltern und Kindern treffen jene von Anwohnerinnen und Anwohnern, die über massive Lärmbelästigung klagen. So berichtet eine junge Frau aus der Nachbarschaft, es seien Dutzende Jugendliche zusammengekommen und hätten laute Musik gehört. „Manchmal waren sie so laut, dass ich wortwörtlich verstehen konnte, was sie gesagt haben“, berichtet die Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Ein Schild zeigt: Das Basketballfeld des Essener Helmholtz-Gymnasiums dürfen Unbefugte nicht betreten.
Ein Schild zeigt: Das Basketballfeld des Essener Helmholtz-Gymnasiums dürfen Unbefugte nicht betreten. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Offene Schulhöfe: Schulen können Veto einlegen

Im Mai hatte die Schulverwaltung beschlossen, dass Schulhöfe auch an Sonn- und Feiertagen für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren geöffnet werden sollen. Gegen diesen Beschluss haben bisher 16 von insgesamt 165 Essener Schulen ihr Veto eingelegt.Dabei handele es sich aktuell um eine Momentaufnahme, erklärt Stadtsprecherin Jacqueline Schröder: „Nach den Ferien, wenn sich Schulkonferenzen neu bilden, können noch weitere Anträge eingehen.“ Grundsätzlich hätten Schulkonferenzen das Recht, Anträge auf Schließung zu stellen.Der Fachbereich Schule prüfe dann, ob der Schulhof tatsächlich geschlossen bleibt. Kriterien seien nachgewiesener Vandalismus in den vergangenen zwölf Monaten, ein schwer einsehbares Gelände sowie Bauphasen jedweder Art, in denen auch der Schulhof direkt oder indirekt betroffen ist (z.B. durch Aufstellen von Baucontainern, Einzäunung von Baubereichen, Gerüste an der Fassade).

Stephan Jordan, Hausmeister am Helmholtz-Gymnasium, berichtet von haarsträubenden Hinterlassenschaften nächtlicher Feiern. „Hier lagen morgens Glasscherben herum. Manchmal haben wir 30, 40, 50 Bierflaschen gefunden“, beschreibt er. Er und seine Kollegen müssten die Flaschen dann wegräumen. Auch Graffiti seien gesprüht worden. Und regelmäßig hätten Jugendliche auch Drogen auf der Anlage konsumiert: „Ich habe dann die leeren Tütchen gefunden.“

Ebenfalls gegen eine öffentliche Nutzung der Fläche spricht sich Horst Melzer, Geschäftsführer des Sport- und Tanzinternates Essen, aus. „Das ist ein Unterrichtsraum, kein Freizeitraum“, gibt er zu bedenken. In der Nähe, beispielsweise an der Von-Einem-Straße, gebe es eine alternative Fläche, auf die man ein Basketballfeld bauen könnte. „Am Helmholtz-Gymnasium haben wir aber eine hochqualitative Anlage, die für Bildung und Ausbildung vorgesehen ist.“

Die Stadtverwaltung betont zwar, man sehe die Bedarfe im Stadtteil und könne diese auch nachvollziehen. Aber: „Im Bereich der Sportschule NRW ist eine Öffnung leider nicht vorgesehen“, so Sprecherin Jacqueline Schröder. Die Sportfläche des umgestalteten Schulhofs des Maria-Wächtler-Gymnasiums und der Schulhof des Helmholtz-Gymnasiums seien allerdings geöffnet. Kein Vergleich zum Basketballfeld des Helmholtz, finden die Eltern. Es bleibt außerdem das Problem, dass Schulhöfe außerhalb der Unterrichtszeiten nur für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren geöffnet sind. Ältere Jugendliche dürfen sich dort nicht aufhalten.

Bezirksvertreter aus Rüttenscheid wollen eine andere Lösung finden

Um eine andere Lösung zu finden, haben Bezirksvertreterinnen und Bezirksvertreter der BV II nun einen interfraktionellen Arbeitskreis gebildet. Gemeinsam mit Grün und Gruga will man darüber beraten, welche Fläche sich alternativ für Jugendliche herrichten ließe. Würde man Alkohol- und Vandalismusprobleme so nicht lediglich an einen anderen Ort verlagern? Ganz vermeiden lasse sich das wahrscheinlich nicht, räumt Bezirksvertreterin Barbara Hofmann (SPD) ein. Aber: „Es braucht ganz dringend attraktive Angebote für Jugendliche.“ Die Lösung könne nicht sein, alles abzusperren.

Klar ist derweil: Fände man nun eine Fläche zum Umgestalten für Jugendliche, dann würde das lange dauern. Die Eltern wünschen sich allerdings eine Lösung, die nicht erst zur Verfügung steht, wenn ihre Teenager schon erwachsen sind. „Man könnte ja auf dem Basketballfeld eine Aufsicht einsetzen“, schlägt zum Beispiel Katharina Wilken-Lohmann vor. Die Politikerinnen und Politiker des Stadtteilparlaments zeigten sich allerdings wenig hoffnungsfroh, dass diese Idee – vor allem unter finanziellen Gesichtspunkten – umsetzbar wäre.