Essen. Mit der Absage der Stadt an einen Härtefall-Fonds für Gas-Kunden ist das Thema nicht vom Tisch. Die Linkspartei nimmt einen neuen Anlauf im Rat.

Der „Härtefall-Fonds“ für klamme Gas-Kunden – einstweilen nicht mehr als ein „Schnellschuss“? Dieser Auffassung von Essens Sozialdezernent Peter Renzel widersprach am Mittwoch die Linkspartei, die solche Heizkosten-Zuschüsse für Geringverdiener schon vor einigen Monaten angeregt hatte und damals abgewimmelt wurde. Doch die Partei will nicht lockerlassen: „Angesichts der dramatischen Entwicklung bei den Energiepreisen muss jetzt gehandelt werden“, mahnt die Vorsitzende der linken Ratsfraktion, Theresa Herzog (vormals Brücker) und kündigt für die nächste Ratssitzung am 24. August einen neuen Anlauf an.

Bestärkt fühlt man sich dabei durch entsprechende Vorbereitungen für Härtefall-Fonds in Bremen, Köln und München. Auch in Hannover gebe es bereits seit über zehn Jahren einen solchen Topf, und selbst der Verband der Kommunalen Unternehmer (VKU) habe sich für die Einrichtung solcher Hilfen ausgesprochen.

Eine Sonderregelung wegen Corona bescherte einen Knick in der Statistik

Dabei müsse die Verwaltung ja keine starren Kriterien aufstellen, wer alles pauschal Geld aus einem solchen Fonds bekommt, heißt es. „Vielmehr geht es darum, die Einzelfälle zu prüfen, wenn Menschen in den Mahn- und Sperrprozess gelangen – und zu helfen, wenn die Betroffenen in wirtschaftliche Not geraten sind.“

Die Linke will bei Thema Härtefall-Fonds für Gas-Kunden nicht locker lassen: Für August kündigte die Fraktionsvorsitzende Theresa Herzog (vormals Brücker) einen neuen Rats-Antrag an.
Die Linke will bei Thema Härtefall-Fonds für Gas-Kunden nicht locker lassen: Für August kündigte die Fraktionsvorsitzende Theresa Herzog (vormals Brücker) einen neuen Rats-Antrag an. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Nach Auskunft der Stadtwerke Essen sehen sich Jahr für Jahr hunderte Kunden möglichen Energiesperren gegenüber – weil sie nicht zahlen können, nicht zahlen wollen oder die Rechnung schlicht verbummelt haben. Mehr als 500 Kunden waren es 2019, gut 300 noch 2020, doch seither geht die Fallzahl spürbar zurück. Grund dafür ist jedoch weniger eine wachsende Zahlungsbereitschaft, sondern der Umstand, dass im Zuge der Corona-Pandemie im Dezember 2021 eine sogenannte „Abwendungsvereinbarung“ Gesetz wurde: Seither, so ein Sprecher der Stadtwerke, sind die Versorger verpflichtet, der Kundschaft die Möglichkeit einzuräumen, dass sie ihre Außenstände in maximal 18 Monatsraten abstottert.

Essens Stadtwerke zählen 120 Energiesperren seit Januar diesen Jahres

Eine Regelung, die Spuren in der Statistik hinterlässt: 2021 gab es nur noch rund 60 Energiesperren bei den Stadtwerken, doch nun steigen die Zahlen wieder: Allein seit Januar diesen Jahres zählte man in der Stadtwerke-Zentrale an der Rüttenscheider Straße 120 Fälle. Die Linken fürchten eine Vervielfachung dieser Zahlen, wenn die enormen Preissteigerungen vor allem beim Erdgas auf die Tarife durchschlagen. Auf Single-Haushalte dürften mehrere hundert Euro an Mehrkosten zukommen, bei Familien sind die Aufschläge voraussichtlich sogar vierstellig.

Dabei drohe Ungemach ja nicht nur bei den Kosten für Strom und Gas, sondern auch durch die Erhöhung des Mietspiegels um fast sechs Prozent bei den Nettokaltmieten, klagt die Linke. Menschen mit geringen und mittleren Einkommen bekämen so immer mehr Probleme, ihre Mieten zu bezahlen, und „selbst für Besserverdienende könnte es immer enger werden“.

Die Kopplung des Mietspiegels an die Inflation grundsätzlich in Frage stellen

„Wenn die Praxis, den Mietenspiegel an die Inflationsentwicklung anzupassen, zu einer solchen Erhöhung führt, muss diese Praxis grundsätzlich in Frage gestellt werden“, betont darum Wolfgang Freye, Sprecher der Linken in Essen und Mitglied im Planungsausschuss des Stadtrates. Er kündigte deshalb auch für dieses Gremium eine Initiative an.