Essen-Werden. Durch Essen-Werden rollt ein bunter E-Bus der Tagespflege. Was es mit dem Kreativprojekt von Stiftung St. Ludgeri und Folkwang-Uni auf sich hat.

Ein bunt folierter Elektrobus saust durch Werden. In Kooperation mit der benachbarten Folkwang Universität der Künste hat die Stiftung St. Ludgeri ein Projekt zur Gestaltung des neuen Busses ihrer Tagespflege realisiert. An der Propsteistraße sind alte, pflegebedürftige oder dementiell veränderte Gäste gut untergebracht für den Tag.

Stiftungs-Vorständin Laura Stietenroth ist stolz auf diese Aktion. Das fröhlich-bunte Design wurde nämlich aus grafischen Mustern vieler Studierender zusammengefügt. Nachhaltigkeit wird auch groß geschrieben, denn das Gefährt nutzt grünen Strom.

Ein lebensbejahendes Elektro-Auto sollte es sein

Als im Kuratorium der Stiftung der Kauf eines neuen Busses diskutiert wurde, war Dr. Sara Grehl klar: „Wir sollten unbedingt ein elektrisches Modell nehmen. Und lebensbejahend soll es sein.“ Die Strahlentherapeutin lebt in Werden und ist in der Gemeinde aktiv. Sie hatte auch Laura Stietenroth als neue Vorständin Anfang 2021 ins Boot geholt. Skepsis schlug ihr da schon entgegen: „Eine Frau? Und dazu noch eine so junge?“ Es sei schon ein mutiger Schritt gewesen für eine katholische Einrichtung.

Insgesamt 32 bunte Folienmotive wurden rundherum auf den Bus aufgebracht.
Insgesamt 32 bunte Folienmotive wurden rundherum auf den Bus aufgebracht. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Für Laura Stietenroth passt alles: „Es ist ein großer Vorteil, dass wir so stark vernetzt sind hier in Werden. Es gibt ja kaum noch solitäre Einrichtungen wie unsere.“ Die meisten Häuser seien in großen Unternehmen eingebunden. In solchen Konzernen könne man nicht so nah am einzelnen Beschäftigten sein. „Wobei wir auch über 200 Mitarbeiter haben. Aber bei uns ist alles eine Nummer kleiner, familiärer.“

Was die neue Pflegedienstleiterin Karin Rinn nur bestätigen kann: „Wir bekommen so viel zurück. Im Austausch mit den Angehörigen spüren wir, wie sehr ihnen unser Angebot hilft. Wir erleben, wie sehr sich unsere Gäste wohlfühlen.“ Sie arbeitet schon seit 2000 in der Stiftung. Erst im Altenheim, dann ab 2013 zusammen mit Michaela Borowski im Aufbau der Tagespflege.

Junges Design für ältere Menschen: Das Elektro-Auto fährt kurze Strecken in Fischlaken, Heidhausen, Werden und Bredeney.
Junges Design für ältere Menschen: Das Elektro-Auto fährt kurze Strecken in Fischlaken, Heidhausen, Werden und Bredeney. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Es wurde ein farbenfrohes Gemeinschaftswerk geschaffen

Fürs Bus-Design hätte man bei einer großen Marketingagentur anklopfen können. Doch die Stiftung wollte den lokalen Bezug herstellen. So kam Heribert Birnbach ins Spiel. Der Folkwang-Professor für Grafikdesign und Typographie war zunächst reserviert: „Es passte nicht so recht in den Semesterplan. Aber mich reizte die Offenheit der Aufgabe. Bei zu engen Vorgaben hätte ich das nicht gemacht.“ Eine Gruppe von Studenten habe eine frei formulierte Aufgabe gestellt bekommen, deren Ergebnisse er als erfrischend und individuell bezeichnet. „So haben wir in Coronazeiten ein farbenfrohes Gemeinschaftswerk geschaffen.“

Laura Stietenroth findet den Ansatz spannend: „Junges Design für ältere Menschen. Das Bunte passt hervorragend zu meinem Bild der Stiftung St. Ludgeri als attraktiver Arbeitgeber. Wir bieten sinnstiftende Beschäftigung, darüber hinaus greifen wir gesellschaftliche Themen wie den Klimawandel auf.“ Sara Grehl wirft ein: „Wir überlegen, wie wir als Stiftung mittelfristig klimaneutral werden können.“

Ein sicherer Ort

Die über 300 Quadratmeter große Tagespflege an der Propsteistraße 15 bietet ein „Zuhause-Gefühl“. Alles soll möglichst „normal“ ablaufen. Die Mahlzeiten strukturieren den Tag, gerne wird gespielt.

Examinierte Pflegefachkräfte betreuen die insgesamt 50 Gäste, versorgen sie mit Medikamenten. Bis zu 18 Plätze bietet die Tagespflege an, im Schnitt kommen die Gäste an zwei, drei Tagen die Woche. Ab 8 Uhr morgens werden sie mit dem Bus zuhause abgeholt und dann ab 15.30 Uhr wieder heimgefahren.

Die Tagespflege wird von der Pflegekasse bezahlt. Weitere Infos sind unter www.ludgeri-stiftung.de zu bekommen.

Für Karin Rinn passt der Bus bestens zur Tagespflege: „Wir sind ja ein Haus voller Farben. Der Bus ist herrlich leise und scheint von allein zu rollen.“ Gefahren werden kurze Strecken in Fischlaken, Heidhausen, Werden und Bredeney. Da sei ein E-Auto „genial“. Gut, die älteren Gäste hätten beim Anblick der bunten Folien schlucken müssen, sich aber längst gewöhnt: „Für manche ist das der Kli-Kla-Klawitterbus.“ Sara Grehl grinst: „Für mich ist es eine rollende Blümchenwiese.“

Alle 31 Arbeiten wurden angenommen

Da muss Enya Obert lächeln. Sie ist eine der am Projekt beteiligten Studentinnen: „Wir wussten erst nicht, worauf genau die Aufgabe abzielt.“ Die Kommunikationsdesignerin im vierten Semester erläutert: „Ich bin das ganz spielerisch angegangen und habe die Stadtfarben Blau und Gelb verwendet. Wir Designstudenten kennen sonst nur Wettbewerbe. Daher waren wir ganz schön überrascht, dass alle 31 Arbeiten angenommen wurden.“

Ein 32. Quadrat fügte der Professor selbst hinzu. Heribert Birnbach freut sich über das gelungene junge Design: „Für die Studierenden ist es wichtig, dass ihre Werke auf die Straße kommen.“ Was hier wortwörtlich zu verstehen sei.