Essen. In den Workshops von „Miss Planty“ in der Essener Innenstadt können Teilnehmer Naturkosmetikprodukte selbst anfertigen. Wir haben mitgemacht.
Ein wenig sieht es aus wie im Hinterzimmer einer Apotheke, hier, bei „Miss Planty“ in der Essener Innenstadt. Auf dem Tisch stehen mehrere Fläschchen mit Aufklebern, dazu kleine Spatel und Löffel. „Titandioxid“ steht zum Beispiel auf den Flaschen, „Glycerin“ oder „Pfeilwurzelmehl“. Ein dezenter Geruch nach ätherischen Ölen steigt mir in die Nase. In ihrem Geschäft bietet Dalia El-Shaal Workshops an, in deren Rahmen man seine eigene Naturkosmetik herstellen kann. Das will ich heute ausprobieren.
Dalia ist 29 Jahre alt und ausgebildete Kosmetikerin. In ihren Workshops geht es familiär zu: Man duzt sich und plaudert über Gott und die Welt, während Flüssigkeiten abgemessen und Pulver gemörsert werden. Vor der Eröffnung von „Miss Planty“ hat Dalia mobile Workshops angeboten und ist damit bis nach Köln gefahren, zum Beispiel zu Junggesellinnenabschieden. Irgendwann kam der Wunsch nach einem eigenen Laden auf. „Das war immer eine ziemliche Schlepperei, wenn ich mit den ganzen Flaschen in den fünften Stock musste“, erinnert sich die 29-Jährige. „Außerdem haben sich die Kundinnen immer öfter gewünscht, die Zutaten in kleinen Mengen kaufen zu können.“
Bewusste Entscheidung für die Essener Innenstadt als Standort
Offene und individuelle Workshops
Die offenen Workshops bei „Miss Planty“ finden immer freitags von 17 bis 20 Uhr und samstags von 14 bis 17 Uhr statt. Für diese Workshops kann sich jeder frei anmelden, das Programm wechselt monatlich. Kosten: 59,95 Euro pro Person.
Für größere Gruppen gibt es auch die Möglichkeit, einen individuellen Workshop zu buchen. Dabei kann man sich unabhängig vom jeweiligen Monatsprogramm drei verschiedene Produkte aussuchen, die gemeinsam hergestellt werden.
Freitags und samstags ist der Laden an der I. Weberstraße 8 von 12 bis 18 Uhr für den Verkauf von kosmetischen Rohstoffen geöffnet.
Bei „Miss Planty“ bietet sie nun Kurse vor Ort an und verkauft Pflanzenöle, Tenside, Buttern oder Wachse, die man nach dem Unverpackt-System abfüllen lassen kann. Außerdem bietet sie kosmetische Beratungen und Behandlungen an. Für den Standort in der Innenstadt hat sich Dalia bewusst entschieden, würde man einen Laden wie ihren doch vielleicht eher in Rüttenscheid oder im Südviertel vermuten. Aber: „Ich habe viele Kundinnen, die von weiter wegkommen. Die verbinden mit Essen immer noch den Limbecker Platz und die City.“
Jeden Monat werden in den Workshops bei „Miss Planty“ drei verschiedene, wechselnde Produkte hergestellt. Das können Puder oder ein Deostick sein, die Gruppen haben aber auch schon Insektenschutzmittel oder Gleitgel angefertigt. Heute sind neben meiner Kollegin Laura Lindemann und mir noch Sabrina (41) und Melanie (48) dabei. Für sie ist der Workshop zum Ritual geworden: Einmal im Monat kommen sie zu „Miss Planty“, um ihre eigene Kosmetik herzustellen. „Ich kaufe eigentlich gar nichts mehr, Creme oder Duschgel mache ich mir selbst“, berichtet Melanie. Sabrina ergänzt: „dm ist für mich nutzlos geworden.“
Naturkosmetik-Workshop in Essen: Der erste Versuch geht schief
Heute machen wir einen Lippenstift, Lidschatten und sogenanntes Mizellenwasser zur Gesichtsreinigung. Und ich gebe offen zu: Dinge mit den eigenen Händen herstellen, das ist nicht meine große Stärke. Ich kaufe gerne. Entsprechend merke ich, wie mein Stresslevel angesichts der Vorstellung steigt, alle Zutaten in korrekten Mengen und der richtigen Reihenfolge zu vermischen. Dalia beruhigt mich: „Hier geht es nicht um Perfektion.“
Zum Glück. Denn mein Lidschatten-Gemisch muss beim ersten Versuch weggekippt werden, weil ich zwei – zumindest für mein Auge – identisch wirkende Pulver verwechselt habe und überdies noch das Öl viel zu früh hinzugegeben habe. „Nicht schlimm“, versichert mir Dalia und lässt mich einen neuen Versuch starten. Wenn ein Produkt einmal nicht so gelingt wie gewünscht, bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, es noch einmal zu machen.
Rezepte kann man mit nach Hause nehmen
Zwischen den verschiedenen Bastelrunden bekommen wir ein wenig Theorieunterricht zum Thema Naturkosmetik. Dalia erklärt uns, welche verschiedenen Siegel es gibt und worauf man beim Kauf im Drogeriemarkt achten sollte. Außerdem führt sie aus, warum genau Stoffe wie Parabene, Aluminium oder Aceton in Kosmetik schädlich sind. Alle Informationen hat sie in einem elfseitigen Handout zusammengefasst, das wir nach dem Workshop mit nach Hause nehmen können. Dort drin stehen auch die Rezepte, sodass wir sie später noch einmal nachmachen können.
Für den Lippenstift verwenden wir Jojobaöl, Bienenwachs, Sheabutter, Pigmente in der Farbe unserer Wahl und das ätherische Öl, das uns am meisten anspricht. Bevor wir loslegen, dürfen wir an allen Zutaten riechen. Die ätherischen Öle duften zum Beispiel intensiv nach Limette, Tangerine oder Lavendel. Alle Zutaten werden mit einem kleinen Spatel vorsichtig aus dem Glas gehoben und abgewogen, anschließend verrührt.
Bei niedriger Hitze erhitze ich die Zutaten auf dem Herd, bis sie zu einer rot schimmernden Masse zerschmolzen sind. Diese Masse gieße ich in die Form, die Dalia schon bereitgestellt hat. Nun muss mein Lippenstift nur noch trocknen und ich kann mich dem nächsten Produkt widmen. Drei Stunden lang dauert der Workshop insgesamt. Genug Zeit, um in Ruhe alle drei Kosmetikartikel zu fertigen und nebenbei zu plaudern. Das Fazit am Ende des Tages: Unter Dalias geduldiger Anleitung ist es doch überraschend einfach, die Artikel herzustellen – wenn man richtig zuhört.