Essen/München. Stefan Soltesz ist nach einem Zusammenbruch auf der Bühne des Münchner Nationaltheaters gestorben. In Essen war er zuvor 16 Jahre lang aktiv.
Der Dirigent Stefan Soltesz ist während einer Vorstellung im Münchner Nationaltheater zusammengebrochen und anschließend gestorben. Er wurde 73 Jahre alt. Von 1997 bis 2013 war er Generalmusikdirektor der Essener Philharmoniker und Intendant des Aalto-Musiktheaters.
Mit Entsetzen und großer Trauer gebe die Bayerische Staatsoper den Tod des 73-Jährigen bekannt, teilte ein Sprecher mit. Der Vorfall ereignete sich demnach am Freitagabend (22. Juli), während Soltesz die Komische Oper „Die schweigsame Frau“ von Richard Strauss dirigierte.
Ein Werk von Strauss war es auch, mit dem sich Soltesz vor genau neun Jahren aus Essen verabschiedete. Mit Richard Strauss verbanden Soltesz und die Essener Philharmoniker eine besonders intensive Geschichte, die Aufführungen zählten zu den Höhepunkten seiner Intendanz. Über 16 Jahre lang hatte Soltesz das Aalto zu einer nationalen Spitzenadresse mit glänzenden Auslastungszahlen gemacht. Die Titel „Opernhaus des Jahres“ und „Orchester des Jahres“ zeugten vom enormen Qualitätswillen des Maestros, der gleichwohl auch für seine Streitbarkeit und seinen straffen Führungsstil bekannt war.
Auch den Konflikt mit der Politik scheute Soltesz nicht: etwa, als er sich weigerte, den maroden Saalbau weiter als Konzertsaal zu bespielen, und auch den Umbau des Traditionshauses lehnte er zunächst vehement ab. Nachdem sein Vertrag nicht weiter verlängert worden war, kehrte er der Stadt eher enttäuscht den Rücken. Gleichwohl reagiert Essens Oberbürgermeister auf den Tod des Dirigenten.
Dirigent Stefan Soltesz gestorben: „Verlieren einen begnadeten Dirigenten“
„Wir trauern um einen großen Dirigenten und einen Freund unserer Stadt“, schreibt Thomas Kufen auf Facebook. „Unser Opernhaus und unsere Philharmoniker verdanken ihm hochrangige Auszeichnungen und Anerkennung“, heißt es weiter. Durch das Wirken von Soltesz habe dieser maßgeblich zum kulturellen Stellenwert des Aalto-Theaters und der Stadt Essen beigetragen.
Mit großer Betroffenheit hat auch die Belegschaft der Theater und Philharmonie Essen (TUP) den plötzlichen Tod von Stefan Soltesz aufgenommen. „Ich bin erschüttert und traurig. Mit Stefan Soltesz verlieren wir eine außergewöhnliche Musikerpersönlichkeit, die das Aalto-Theater und die Essener Philharmoniker 16 Jahre lang maßgeblich geprägt hat“, reagierte Karin Müller, Geschäftsführerin der TUP, schockiert auf die Nachricht. Sie hebt seine unglaubliche Musikalität und Energie, seine Leidenschaft für die Oper sowie das besondere Gespür für große Stimmen und talentierte Regisseure hervor.
Für die Jubiläumssaison 2023/2024 sollte Soltesz nach Essen kommen
„Die Musikwelt verliert einen großartigen Künstler. Die Verdienste von Stefan Soltesz für das Aalto-Theater und die Essener Philharmoniker sind nicht hoch genug einzuschätzen. Das hohe Niveau, mit dem das Orchester regelmäßig unser Publikum begeistert, geht nicht zuletzt auf das langjährige Wirken meines Vorvorgängers zurück“, zeigt sich Merle Fahrholz, ab der kommenden Spielzeit 2022/2023 Intendantin des Aalto-Musiktheaters und der Essener Philharmoniker, berührt. Nun werde Essen leider auch die Rückkehr Soltesz’ nicht mehr erleben: Für die Jubiläumssaison 2023/2024 der Essener Philharmoniker war dieser als musikalischer Leiter der Wiederaufnahme von ‚Tristan und Isolde‘ sowie als Dirigent eines Jubiläumskonzertes bereits fest eingeplant.
Stefan Soltesz, geboren in Ungarn, war von 1997 bis 2013 in Personalunion Intendant und Generalmusikdirektor des 1988 eröffneten Aalto-Theaters und der Essener Philharmoniker. Studiert habe er Dirigieren, Komposition und Klavier an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Hans Swarowsky, teilt die TuP zu seinem Werdegang mit. Nach Stationen als Dirigent in Wien und Graz und als Musikalischer Assistent von Karl Böhm, Christoph von Dohnányi und Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen sei er Dirigent der Staatsoper Hamburg, der Deutschen Oper Berlin sowie Generalmusikdirektor am Staatstheater Braunschweig gewesen.
Auf Anregung von Soltesz wurde Orchesterakademie der Essener Philharmoniker gegründet
Von 1992 bis 1997 war er Chefdirigent der Vlaamse Opera in Antwerpen/Gent. Gastdirigate führten ihn regelmäßig an die großen Opernhäuser Deutschlands sowie nach Wien, Paris, Rom, Budapest, Warschau, Amsterdam, London, zu den Festivals in Aix-en-Provence, Glyndebourne und Savonlinna, nach Buenos Aires, Japan und in die USA.
In Essen bleiben zahlreiche Musiktheaterproduktionen unvergessen, darunter Richard Strauss’ „Die Frau ohne Schatten“ oder Mozarts „Don Giovanni“, der dem Aalto-Theater in der Regie von Stefan Herheim den Titel „Opernhaus des Jahres“ bescherte, auch daran erinnert die TUP zum Tod von Stefan Soltesz. Verbunden sei seine Intendanz in Essen vor allem mit dem Wirken von Dietrich W. Hilsdorf, der in dieser Zeit etliche Opern von Giuseppe Verdi („Aida“, „Un Ballo in maschera“ u.a.), aber auch Bizets „Carmen“, Beethovens „Fidelio“ und Wagners „Walküre“ inszeniert habe.
Auf Anregung von Stefan Soltesz sei zudem 1999 – zum 100. Jubiläum der Essener Philharmoniker – die Orchesterakademie der Essener Philharmoniker gegründet worden, die seitdem jungen Musikern und Musikerinnen die Möglichkeit biete, praktische Erfahrungen in einem professionellen Orchester zu sammeln. Nun nehmen auch die Essener Abschied: „Die Theater und Philharmonie Essen wird Stefan Soltesz ein ehrenvolles Andenken bewahren und ist in Gedanken bei seiner Frau Michaela.“
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„Die Nachricht über den Zusammenbruch und das Ableben von Stefan Soltesz macht mich zutiefst traurig“, hieß es bereits am Tag zuvor aus München von Serge Dorny, dem dortigen Intendanten. „Wir verlieren einen begnadeten Dirigenten. Ich verliere einen guten Freund. Meine Gedanken sind bei seiner Frau Michaela.“
Mit ihm trauert auch das Publikum, das Stefan Soltesz als einen Generaldirektor vom alten Schlag gekannt hat, einen Dirigenten und Workaholic zugleich, der bis zum letzten Augenblick für und mit der Musik lebte. So starb Stefan Soltesz an jenem Ort, an dem er viel Zeit seines Lebens verbracht hat – im Orchestergraben. (dpa, Mas)