Essen-Kettwig. Ein Tunnel vom S-Bahnhof Essen-Kettwig zur Ruhr sollte 2024 kommen. Die Bahn verschiebt den Bau. Das ist der Grund und so reagiert die Politik.
So nah – und doch so fern: Wer auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofs Kettwig steht, hört die Ruhr zwar plätschern und erahnt den Strom durch das dichte Blattwerk, aber der direkte Weg zum Wasser ist ein weiter Umweg durchs Dorf.
Und wird es auch bleiben. Eigentlich sollte der direkte Durchstich vom Bahnhof zum Leinpfad entlang der Ruhr im Jahr 2024 begonnen werden. Doch inzwischen ist die Deutsche Bahn (DB) wieder zurückgerudert. Sie kündigt eine Verschiebung des Projektes um mindestens zwei Jahre an. Weshalb die Essener Politik jetzt Druck machen will.
Für den Tunnelbau ist eine Streckensperrung notwendig
Um die Arbeiten durchführen zu können, muss die Schienenstrecke gesperrt werden. Denn der Tunneldurchtrieb erfolgt direkt unter dem Gleisbett. Nach Aussage der DB AG ist jedoch mit der Sperrung der Strecke nicht vor dem Jahr 2026 zu rechnen. Derzeit haben bei der Bahn Großbaustellen Vorrang – und davon gibt es bekanntlich reichlich.
Die Fraktionen von CDU und Grünen haben nun im Ausschuss für Verkehr und Mobilität einen Antrag auf den Weg gebracht, in dem an den zuständigen Infrastrukturbetreiber DB Station & Service appelliert wird, die Realisierung des Tunneldurchstichs vom S-Bahnhof Kettwig zur Ruhr deutlich vor dem Jahr 2026 vorzunehmen. Die Bahn AG solle prüfen, ob auch frühere Zeitfenster für eine Streckensperrung und die Realisierung der Maßnahme genutzt werden könnten.
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„Für die mögliche Nutzung unvorhergesehener Zeitfenster sollen alle Vorarbeiten getroffen werden“, heißt es in dem Beschluss des Gremiums und weiter: „Die Stadtverwaltung Essen wird gebeten, das weitere Agieren engmaschig und mit Nachdruck zu begleiten.“
Tourismus profitiert von der Wegeverbindung
Die Schaffung eines Tunneldurchstichs für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer vom S-Bahnhof Kettwig zum Ruhrufer werde schließlich seit vielen Jahren von der Bezirksvertretung IX, den Fahrradverbänden und den Betreibern des Alten Bahnhofs Kettwig gefordert, begründen CDU und Grüne ihre Forderung. Durch eine solche Wegeverbindung würden unter anderem zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner der neuen Siedlung Am Kettwiger Ruhrbogen einen besseren Zugang zum S-Bahnhof Kettwig erhalten. Eine Verkürzung des Fußwegs zum öffentlichen Nahverkehr würde diesen im Sinne der Verkehrswende erheblich attraktiver gestalten.
IG Bahnhof reagiert mit Zuversicht
„Wenn der Tunneldurchstich 2026 kommt“, so Wolfgang Lettow, Vorsitzender der Interessengemeinschaft (IG) Bahnhof Kettwig lakonisch, „können wir eine Party zur Volljährigkeit geben“. Die IG Bahnhof habe 2008 begonnen, sich aktiv für eine solche Zuwegung zur Ruhr stark zu machen.
Nach wie vor drängend sei zudem das Parkplatzproblem an der Kettwiger Kultureinrichtung. Der Bau einer Parkpalette wurde 2018 beschlossen. Sie soll laut Information der Stadt 2024 realisiert werden – sechs Jahre später. „Das Projekt wäre dann im Grundschulalter“, ist Lettow mit einem Augenzwinkern optimistisch.
Die IG feiert im September den 150. Geburtstag des Bahnhofs und 25-jähriges Vereinsjubiläum.
Aber auch der Tourismus könne von einer solchen Lösung profitieren. Bislang werde den Ausflüglern und Sporttreibenden in Kettwig der direkte Weg zum Wasser unnötig erschwert. „Ein direkter Zugang zum Ruhrufer würde den Bahnhof und seine Umgebung erheblich aufwerten“, sagt Ulrich Beul, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Mit dem Durchstich würde unsere vorgeschlagene Achse des Sports von den Sportplätzen über das Sportzentrum Alter Bahnhof Kettwig bis zum Tennis und Rudersport wesentlich vereinfacht.“
Nicht unerheblich seien auch die Bemühungen der Weißen Flotte: „Sie erklärte sich bereits bereit dazu, ihren Anleger in den Bereich des S-Bahnhofes zu verlegen, so dass dann ein direkter Zugang möglich wäre.“
Forderung nach Durchstich besteht seit 1994
Die ersten Forderungen nach einem Durchstich zur Ruhr existieren, laut Beul, seitens der CDU Kettwig bereits seit 1994. Die Bezirksvertretung IX, die Fahrradverbände und die Betreiber des Alten Bahnhofs Kettwig plädierten in den Folgejahren ebenfalls nachdrücklich für einen Tunneldurchstich am S-Bahnhof. „Wir erwarten, dass alle möglichen Vorarbeiten unserer Verwaltung bereits jetzt eingeleitet werden“, bekräftigt der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion. So könnten unvorhergesehene Zeitfenster für die Streckensperrung genutzt werden und es bestünde die Chance, den Prozess zu beschleunigen.