Essen. Die Stadt tue alles, um die Freibäder zu öffnen, sagt Essens Sportdezernentin. Man werbe auf allen Kanälen um Rettungsschwimmer – und zahle gut.

Essens Sportdezernentin Simone Raskob hat sich zu den massiven Einschränkungen bei den Essener Hallen- und Freibädern geäußert und erklärt, beim aktuellen Personalmangel handele es sich um ein bundesweites Phänomen, das durch die Corona-Pandemie verschärft worden sei. Was die Saisonkräfte für die Freibäder angeht, rechnet Raskob erst für den Sommer 2023 mit einer Verbesserung. Für die laufende Saison heißt das, dass die Freibadbereiche in Kettwig und Oststadt in dieser Woche noch geschlossen bleiben.

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Die Dezernentin wies darauf hin, dass die Sport- und Bäderbetriebe den Personalbestand überprüfen, seit Anfang des Jahres werde an einem neuen Personalkonzept gearbeitet – mit dem Ziel, in Zukunft bessere Öffnungszeiten der städtischen Bäder zu ermöglichen. Momentan sind dort 78 Kräfte „im operativen Bereich beschäftigt“, 58 von ihnen arbeiten in der Wasseraufsicht. Auch die Rekrutierung von Festangestellten ist offenbar nicht einfach: Derzeit fehlen zwei Meister für Bäderbetriebe. Außerdem sind drei Badewärterstellen offen. Fallen Mitarbeiter krankheits- oder urlaubsbedingt aus, kann die Stadt den Regelbetrieb nicht mehr gewährleisten: Mehrere Hallenbäder öffnen derzeit nur eingeschränkt.

Sportdezernentin Simone Raskob bei einem Ortstermin im Juli 2020 mit Bürgermeister Rolf Fliß vor dem Grugabad. Damals ging es allerdings nicht um den Badebetrieb, sondern um eine Baumpflanz-Aktion.
Sportdezernentin Simone Raskob bei einem Ortstermin im Juli 2020 mit Bürgermeister Rolf Fliß vor dem Grugabad. Damals ging es allerdings nicht um den Badebetrieb, sondern um eine Baumpflanz-Aktion. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Den Vorwurf, die Stadt lasse trotz des Personalmangels drei angehende Fachkräfte ziehen, die in diesem Jahr ihre Ausbildung beenden, weist Raskob entschieden zurück. „Alle drei Auszubildenden werden, vorausgesetzt sie bestehen ihre Prüfung, in ein festes Arbeitsverhältnis als Fachangestellte für Bäderbetriebe übernommen.“ Wie man hört, war das noch vor einigen Wochen keineswegs so sicher.

Was die Gewinnung von Saisonkräften angeht, betont Raskob, dass diese in den vergangenen Jahren „immer schwieriger“ geworden sei. „Das Interesse der Studierenden, die über viele Jahre die überwiegende Anzahl der Stellen besetzt haben, hat stark nachgelassen.“ Das liege möglicherweise daran, dass es erhöhte Anforderungen ans Studium gebe oder an der Rückkehr zum Studium in Präsenz.

Essen will dauerhafte Arbeitsplätze in den Bädern bieten

Es handele sich jedenfalls um einen deutschlandweiten Trend, der auch von der DLRG bestätigte werde. Dass während der Pandemie viele Bäder lange geschlossen bleiben mussten, habe das Problem in mehrfacher Hinsicht verschärft: So seien in den Jahren 2020 und 2021 deutlich weniger Rettungsschwimmer ausgebildet worden, als noch vor Corona. Außerdem hätten sich Hilfskräfte in dieser Zeit umorientiert. Auch potenzielle Saisonkräfte seien übrigens abgewandert, etwa zu Lieferdiensten, die ihnen ganzjährige Minijobs bieten. Bei der Stadt gibt es nun offenbar Überlegungen, Ganzjahresverträge bei der städtischen Servicegesellschaft RGE zu schaffen: Wer sommers im Freibad arbeitet, könnte im Winter nahtlos in eine andere Aufgabe wechseln.

Raskob betont aber auch: „Die Konditionen für die befristete Beschäftigung in einem Zeitraum von maximal sechs Monaten sind zumindest in finanzieller Hinsicht nicht unattraktiv.“ Rettungsschwimmer würden in die Entgeltgruppe 3 TVöD eingruppiert, was bei einer Wochenarbeitszeit von 19,5 Stunden gut 1200 Euro ausmache; dazu könnten Zuschläge kommen. Die Suche nach Saisonkräften starte frühzeitig: „Die ersten Bewerbungen und Aufrufe für Saisonpersonal, auch mit gezielter Ansprache der Beschäftigten aus den Vorjahren, beginnen in der Regel im Februar/März eines jeden Jahres.“ Man werbe Rettungsschwimmer über den Essener Sportbund (Espo), die Schwimmvereine, die Uni oder das Sportinternat Rüttenscheid, habe Zeitungsannoncen geschaltet, soziale Kanäle bespielt; in den Hallenbädern werben Plakate für den Job.

Der Kettwiger Ratsherr Daniel Behmenburg (SPD) freut sich, dass der Freibadbereich in Kettwig in dieser Saison doch noch geöffnet werden soll.
Der Kettwiger Ratsherr Daniel Behmenburg (SPD) freut sich, dass der Freibadbereich in Kettwig in dieser Saison doch noch geöffnet werden soll. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Ob Februar/März tatsächlich früh genug ist, um mit der Suche zu beginnen, ist indes fraglich. Die Stadt schreibt „den Abschluss eines geregelten Arbeitsvertrages vor“, dazu gehört ein Verfahren zur Stellenfreigabe mit Beteiligung des Personalrats. Einstellungsuntersuchung, Nachweis der Ersten Hilfe und der Rettungsfähigkeit und Abfassung des Arbeitsvertrages nehmen laut Raskob „mehrere Tage bis hin zu Wochen Zeit in Anspruch“. Um Einstellungen zu vereinfachen, hatte der Kettwiger Ratsherr Daniel Behmenburg (SPD) dieser Tage vorgeschlagen, die Betriebsform der Bäderbetriebe zu prüfen. Dazu erklärt die Sportdezernentin nun: „Grundsätzlich ist die Betriebsform nicht ursächlich dafür, dass keine geeigneten Bewerber akquiriert werden können.“ Personalmangel bei Rettungsschwimmern gebe es auch „bei anderen Badbetreibern in unterschiedlichsten Betriebsformen in den umliegenden Städten“.

In den Sommerferien sollen die Freibäder Oststadt und Kettwig öffnen

Essen setze vielmehr auf ein Organisationskonzept, das mit einem Dienstleister abgestimmt sei: „Somit würde voraussichtlich der Problematik des fehlenden Saisonpersonals ab dem Jahr 2023 begegnet werden können“, hofft Raskob. Am Plan, das Grugabad zum Kombibad umzubauen, womit dort ganzjährig Personal benötigt würde, hält sie fest. Perspektivisch, verspricht sie, sollte dort „ein Regelbetrieb ausschließlich für die Öffentlichkeit an mindestens sechs Tagen in der Woche angeboten werden“.

In der Gegenwart sind das Grugabad und das vom Verein Ruwa Dellwig betriebene Hesse die einzigen geöffneten Freibäder in Essen. Sollte man neue Rettungsschwimmer einstellen, wolle man den Freibadbereich in Oststadt in der kommenden Woche öffnen, sagt Raskob. Glaubt man Ratsherr Behmenburg, dürfen auch die Kettwiger hoffen. Nach einem Gespräch von Verwaltung und Sportpolitikern, postete er am Montag (13.6.) auf Facebook: „Die Bewerbersituation lässt die Hoffnung zu, die noch geschlossenen Freibäder Kettwig und Oststadt zumindest im Einschichtbetrieb kurzfristig zu öffnen. Vielleicht noch bis zum Beginn der Sommerferien.“ Das wäre in zwei Wochen.