Essen. Auch einen Monat nach Saisonstart bleiben zwei Essener Freibäder geschlossen. Mehr noch: Auch die Hallenbäder schränken ihre Öffnungszeiten ein.
Bei Badegästen wie bei Essener Lokalpolitikern rumort es: Mit wachsender Irritation beobachten sie, dass ihnen eine Schwimmbadtür nach der anderen vor der Nase zugemacht wird. Oder ein Bad erst gar nicht öffnet: „Es ist eine unerträgliche Situation, dass der Freibadbereich des Kettwiger Bades im Juni noch immer nicht in die Saison gestartet ist“, sagt etwa der Kettwiger SPD-Ratsherr Daniel Behmenburg. Verärgerte Bürger aus dem Süden der Stadt haben nun einen Appell an die zuständige Sportdezernentin Simone Raskob adressiert.
Essener Freibäder bleiben bei blauem Himmel geschlossen
Behmenburg hat Verständnis für die Verärgerung: „Der Himmel blau, der Rasen getrimmt und am Eingang ein Schild ,Freibad geschlossen’: Wer soll das verstehen?“ In ihrem Schreiben an die Dezernentin, erklären die offenbar deutlich über 100 Unterzeichner, dass sie das Kettwiger Bad täglich besuchen und es für „nicht akzeptabel“ halten, dass sie auch an schönen Tagen in der Halle bleiben müssen – von der aus sie übrigens einen guten Blick auf das so makellose wie leere Freibadgelände haben. Sie treibt die Vorstellung um, dass sie diesen Anblick den ganzen Sommer über ertragen müssen, dass das Freibad auch bei 30 Grad geschlossen bleiben könnte. Diesen „Super-Gau“ müssten die Sport- und Bäderbetriebe verhindern.
Daniel Behmenburg ist klar, dass das nicht leicht wird: Als Mitglied des Sportausschusses weiß er genau, wie verzweifelt die Stadt nach Saisonkräften für die laufenden Freibadsaison sucht. Die Personalnot ist nicht neu, hat sich aber so verschärft, dass auch der Freibadbereich im Oststadtbad in Freisenbruch weiterhin geschlossen ist. Zum regulären Starttermin Anfang Mai öffnete allein das Grugabad, kurz darauf folgte das Freibad Dellwig (Hesse), das vom Verein Ruwa Dellwig betrieben wird.
„Die gestaffelte Öffnung der Bäder resultiert aus der erschwerten Suche nach Personal“, schrieb die Stadt in einer Mitteilung vom 27. April und erklärte man erhoffe sich, für die weiteren Bäder „eine zeitnahe Öffnung im Laufe des Monats Mai“. Diese Hoffnung hat sich inzwischen zerschlagen. Fest steht, dass es auch an diesem Wochenende (11./12. Juni), das mit steigenden Temperaturen gesegnet sein soll, die Freibadbereiche in Kettwig noch im Oststadtbad geschlossen bleiben.
Stadt Essen sucht verzweifelt nach Saisonkräften
Auf allen Kanälen – von der Zeitungsannonce über Plakate in den Bädern bis zu sozialen Medien – suchen die Sport- und Bäderbetriebe nach Saisonkräften mit dem DLRG-Rettungsschwimmabzeichen in Silber. Motto: „Arbeiten, wo andere Urlaub machen.“ Behmenburg würde das umformulieren: Wo andere gern Urlaub machen würden. „Viele können sich nicht leisten zu verreisen, die würden gern mit den Kindern ins Freibad gehen.“ Kunden, auf die auch der Pächter der Bad-Gastronomie nach zwei Corona-Jahren gehofft habe. Behmenburg hat sich jüngst mit dem Vorschlag gemeldet, über die Betriebsform der Bäderbetriebe nachzudenken, andere Städte machten es vor. Als GmbH könnte man, so seine Hoffnung, flexibler einstellen und müsste die Kandidaten für einen sommerlichen Kurzeinsatz nicht wochenlangen Einstellungsverfahren unterziehen.
Doch längst scheint es bei den Sport- und Bäderbetrieben nicht allein an Saisonkräften zu fehlen: Seit April mussten auch immer wieder Hallenbäder die Öffnungszeiten kürzen, weil die Wasseraufsicht nicht gestellt werden konnte: Vier von zehn Essener Bädern – Altenessen, Kupferdreh, Nord-Ost, Borbeck – meldeten zuletzt „bis auf weiteres“, ihre Öffnungszeiten einzuschränken. Mit 23 Wochenstunden verteilt auf sechs Tage ist das Nord-Ost-Bad hier schon Spitzenreiter, die anderen öffnen nur zwei oder drei Tage pro Woche, jeweils für wenige Stunden.
Bürgerbündnis fordert ein Ende der Notfallpläne
Der stete Verweis auf „krankheits- und urlaubsbedingte Ausfälle“ reicht dem Essener Bürgerbündnis (EBB) inzwischen nicht mehr als Begründung für die eingeschränkten Öffnungszeiten aus: Die Probleme seien „absehbar“ gewesen und müssten „so schnell wie möglich“ behoben werden, fordert EBB-Ratsherr Joachim Kluft. Es könne nicht sein, dass sie Bäder weiter nach Notfallplänen gefahren werden. Die Verwaltung müsse endlich erklären, wie sie eine solche Situation in Zukunft vermieden werde. Wie man nun hört, sollen die Sportpolitiker im Rat tatsächlich in der kommenden Woche informiert werden.