Essen. Werden in Essen Straßen und Plätze bald von „intelligenten Kameras“ überwacht? Die Stadtverwaltung soll dies prüfen. Was bisher bekannt ist.

Die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen bringt eine „intelligente Kameraüberwachung“ für mehr Sicherheit im öffentlichen Straßenraum ins Spiel. Die Essener Stadtverwaltung soll prüfen, ob eine solche nach dem „Mannheimer Modell“ auch in Essen zum Einsatz kommen könnte, heißt es in einem gemeinsamen Antrag beider Fraktionen für den Ordnungsausschuss des Stadtrates.

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„Mannheimer Modell“ – dahinter verbirgt sich eine vom Fraunhofer Institut entwickelte technische Innovation, die seit 2017 in der an Rhein und Neckar gelegenen Universitätsstadt erprobt wird. Ausgesuchte Straßen und Plätze werden dort von Kameras beobachtet. Die neue Technik wertet die Bilder automatisch aus und erkennt mit Hilfe von Algorithmen Verhaltensmuster, die auf eine Straftat hindeuten. Wird jemand geschlagen oder getreten? Rennt jemand plötzlich davon? In solchen Fällen löst das System in der Leitstelle der Polizei Alarm aus. Die Beamten können sich die Bilder dann ansehen und entscheiden, ob sie eine Streife zum Ort des Geschehens schicken.

Subjektives Sicherheitsgefühl der Essener Bevölkerung im Blick

Der Vorteil: Es muss nicht ständig jemand am Bildschirm sitzen. In Mannheim kommt das selbstlernende Kamerasystem bei der Bekämpfung von Drogen- und Straßenkriminalität zum Einsatz.

Essens CDU-Fraktionsvorsitzender Fabian Schrumpf könnte sich vorstellen, das „Mannheimer Modell“ in einem Pilotprojekt auf die Ruhrstadt zu übertragen. Personelle Ressourcen könnten so gezielter eingesetzt werden als es bislang der Fall sei. Datenschutzbedenken sieht Schrumpf dadurch ausgeräumt, dass die Kameras nicht wahllos Bilder aufzeichnen, sondern nur dann, wenn sie dafür einen gegebenen Anlass erkennen: den Verdacht, es könnte sich um eine Straftat handeln.

Es gehe darum, das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger an ausgewählten Orten zu steigern, und keinesfalls darum „überall in der Stadt Kameras zu installieren“, ergänzt CDU-Ordnungspolitiker Luca Ducree.

Die Grünen reagieren zurückhaltend, die „intelligente“ Technik habe ihre Tücken

Aufseiten der Grünen äußert man sich zurückhaltender. Ratsfrau Elke Zeeb betont im Gespräch mit der Redaktion, dass es sich bei dem gemeinsamen Antrag an den Ordnungsausschuss um einen Prüfantrag handelt. Parteiintern sei eine Videoüberwachung des öffentlichen Raumes sehr wohl umstritten, so Zeeb. Auch habe die in Mannheim eingesetzte Technik ihre Tücken. „Man kann auch jemanden aus Spaß auf die Schulter hauen“, sagt Elke Zeeb. Dies zu erkennen wäre dann Sache der Polizei.

Dem gemeinsamen Vorstoß mit der CDU wollen sich die Grünen jedoch nicht verschließen. Haben beide Parteien in ihrem Kooperationsvertrag für die laufende Ratsperiode doch ausdrücklich festgeschrieben, dass geprüft werden soll, ob intelligente Überwachungsverfahren für Essen in Betracht kommen – unter Berücksichtigung des Datenschutzes und, wie Elke Zeeb für ihre Fraktion betont, auch mit Blick auf die Kosten.

Die Stadt Mannheim lässt sich die intelligente Kameraüberwachung laut Medienberichten 900.000 Euro kosten, das Land Baden-Württemberg beteiligt sich mit weiteren 700.000 Euro an dem Projekt.

Am Rheinischen Platz ging die Zahl der Straftaten bereits im ersten Jahr zurück

Bei der Frage, wo Kameras installiert werden könnten, hätte die Polizei wohl ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Denn laut Polizeigesetz darf Überwachungstechnik nur an sogenannten Kriminalitätsschwerpunkten zum Einsatz kommen. Ob das „Mannheimer Modell“ der Stadt darüber hinaus Spielräume eröffnet, sei ebenfalls Gegenstand der Prüfung, sagt CDU-Ratsherr Fabian Schrumpf.

Der Rheinische Platz wird seit 2016 von Kameras überwacht. Installiert wurde die Technik seinerzeit wegen der dort aktiven Drogendealer. Bereits im ersten Jahr sank die Zahl der Straftaten deutlich. Die Drogenszene wich jedoch an andere Orte in der Stadt aus. Der Einsatz von Überwachungskameras am Rheinischen Platz werde regelmäßig überprüft. Laut Polizei ist er nach wie vor gerechtfertigt.