Essen-Bedingrade. Schwerstkranke und Sterbende begleiten: In Essen nehmen auch Ehrenamtliche diese verantwortungsvolle Aufgabe wahr. Das ist ihre Motivation.

Immer mehr schwerstkranke und sterbende Menschen möchten in ihrem gewohnten Umfeld bleiben, ihr soziales Umfeld aufrecht erhalten und von Angehörigen und Freunden umgeben sein. Der von Caritas SKF Essen getragene Ambulante Hospizdienst Cosmas und Damian in Essen-Bedingrade bietet daher unterstützende Begleitungen durch Ehrenamtliche an. Doch die Nachfrage ist groß und neues Personal wird dringend gesucht.

Bei Andrea Reimann und Stefanie Schau laufen die Fäden zusammen. Als hauptamtliche Koordinatorinnen organisieren beide pro Jahr rund 100 solcher Begleitungen – Tendenz steigend. „Wir haben zurzeit 66 ehrenamtliche Hospizbegleiter im Alter von 28 bis 86 Jahren“, erklärt Andrea Reimann. „Betreut wird in Senioren- und Behinderteneinrichtungen, im Krankenhaus und eben sehr oft im eigenen Zuhause.“

Manche Begleitungen im Ambulanten Hospizdienst währen ein halbes Jahr

Viele Ehrenamtliche sind in der Hospizarbeit bereits im Einsatz. Ihre Termine werden an der Pinwand akribisch festgehalten, um nicht den Überblick zu verlieren.
Viele Ehrenamtliche sind in der Hospizarbeit bereits im Einsatz. Ihre Termine werden an der Pinwand akribisch festgehalten, um nicht den Überblick zu verlieren. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Zurzeit laufen 36 Begleitungen, da ist mehr als das halbe Team im Einsatz“, erklärt Stefanie Schau. „Insofern suchen wir händeringend neue Ehrenamtliche.“ Auch deshalb, weil die Begleitungen von wenigen Tagen bis zu einem halben Jahr dauern können, die Mitarbeiter also oft längerfristig gebunden sind.

Hermann Bovens (66) hat bereits den eigenen Vater auf seinem letzten Weg begleitet. Nun möchte er anderen Schwerstkranken und Sterbenden zur Seite stehen.
Hermann Bovens (66) hat bereits den eigenen Vater auf seinem letzten Weg begleitet. Nun möchte er anderen Schwerstkranken und Sterbenden zur Seite stehen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Zwei, die sich künftig in der Hospizarbeit engagieren wollen, sind Velma Tenié-Schneider und Hermann Bovens. Beide werden an einem Vorbereitungskurs teilnehmen, den der Ambulante Hospizdienst am 2. Juli in den Räumen an der Laarmannstraße anbieten wird. Velma Tenié-Schneider, 52 Jahre alt, spricht über ihre Motivation. „Als Segen“ empfand sie es damals, als ihre Großmutter 1996 ins Hospiz einzog. „Dort sei sie vom Stress befreit worden, den ein hektischer Klinikalltag leider so mit sich bringe. „Meine Oma war schon ganz nach innen gekehrt und durfte im Hospiz zwei friedliche Wochen lang in Ruhe sein.“

Berührungspunkte mit dieser Arbeit hatte es jedoch für sie schon vorher gegeben: „Ich habe selbst schon in der ambulanten Pflege gearbeitet“, sagt sie. Eine inzwischen verstorbene Freundin sei Schwester gewesen im Hospiz.

Den eigenen Vater zuhause gepflegt

Für Hermann Bovens (66) war es eine prägende Zeit, als er seinen Vater zuhause pflegte bis zuletzt. 2015 sei dann die Mutter verstorben, ihre Demenz hatte sich stetig verschlimmert. Nur durch eine Patientenverfügung sei ihr eine weitere Operation erspart geblieben. Im Vorbereitungskurs sei ihm wichtig, so manches Thema neu aufzuarbeiten: „Und dass ich im Raum Großborbeck bleibe.“

Kontakt zur Ambulanten Hospizarbeit

Weitere Informationen über die Ambulante Hospizarbeit, den Vorbereitungskurs und seine Kosten sind bei Andrea Reimann und Stefanie Schau unter 319375760 oder ambulantes-hospiz-cosmas-damian@cse.ruhr zu erhalten.

Der Ambulante Hospizdienst Cosmas und Damian ist zu finden an der Laarmannstraße 21 in Bedingrade. Die Bürozeiten sind von 9 bis 16 Uhr.

Auch im Beruf kamen beide schon mit den Themen Sterben und Tod in Kontakt. Für Velma Tenié-Schneider sind solche zentrale Themen menschlichen Daseins gelebter Alltag: „Ich arbeite als Heilpraktikerin und begleite Frauen durch ihre Schwangerschaft.“ Auch sei sie Erzählerin von Märchen, die von Tod und Sterben handelten. Diesem beruflichen Begleiten wolle sie nun das Ehrenamt hinzufügen: „Für mich schließt sich da ein Kreis. Das Ende menschlichen Lebens.“ Solch ein Begleiten fördere auch persönliches Wachsen. Gerade in diesen angstbesetzten Zeiten sollte man sich um andere kümmern, denen es nicht gut gehe. „Niemand sollte da allein sein, der das nicht möchte.“

Ukraine-Krieg: „So nahe am Sterben und Tod war unsere Generation noch nie“

„Unsere Generation war nie so nah am Thema Tod und Sterben wie aktuell“, sagt Velma Tenié-Schneider mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Auch sie will nun ehrenamtlich in der Hospizarbeit helfen.
„Unsere Generation war nie so nah am Thema Tod und Sterben wie aktuell“, sagt Velma Tenié-Schneider mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Auch sie will nun ehrenamtlich in der Hospizarbeit helfen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Dabei blickt sie auf das aktuelle Kriegstreiben in der Ukraine: „So nahe dran an Sterben und Tod war unsere Generation noch nie.“ Mit ihrem beruflichen Hintergrund wollte sie sich schon länger einbringen in der Hospizarbeit. Es habe aber Jahre gedauert, bis es endlich zeitlich geklappt habe mit dem Vorbereitungskurs: „Immer kam etwas dazwischen.“

Ähnlich ging es Hermann Bovens. Nach einem Sozialen Jahr war er Altenpfleger geworden, leitete später die Borbecker Sozialstation der Caritas und ging 2015 in den Ruhestand: „Durch meinen Beruf habe ich die Anfänge des Hospizdienstes 1993 miterlebt. Die Verbindung zum Hospiz und zum Förderverein Cosmas und Damian war immer da.“ Der 66-jährige Rentner hält fest: „Jetzt habe ich die Zeit, die immer fehlte. Bei meiner eng getakteten Arbeit in der Pflege kamen die Angehörigen oft zu kurz, die ihre Lieben rund um die Uhr pflegen und keine Verschnaufpause bekommen. Das hat mir sehr leid getan damals.“

Ein Aspekt, den Andrea Reimann nicht stark genug betonen will: „Der ambulante Hospizdienst kommt eben nicht nur Sterbenden zugute. Auch für die Angehörigen biete das Angebot wertvolle Verschnaufpausen: „Wir kommen, wenn uns jemand fragt. Und wir gehen wieder, wenn wir nicht mehr benötigt werden

Flexible Einsatzzeiten für ehrenamtliche Helfer

ass nach Hospizarbeit so große Nachfrage herrscht, hat Gründe: „Viele Menschen fürchten Corona und holen ihre Angehörigen aus den Heimen und Krankenhäusern nach Hause“, erklärt Andrea Reimann. Die Ehrenamtlichen stehen daher vor einer ganz besonderen Aufgabe.

Ihre ehrenamtlichen Schützlinge liegen ihr sehr am Herzen. „Wir gratulieren ihnen zum Geburtstag, dreimal im Jahr feiern wir zusammen“, betont Andrea Reimann das Zwischenmenschliche im Team. Darüber hinaus leistet sie und ihre Kollegin Stefanie Schau natürlich konkrete Informationsarbeit: „Wir bieten Fortbildungen an zu Themen wie Tumore, Kneipp- und Aromatherapie, Demenzschulungen“, sagt Schau. Der Vorbereitungskurs, der nun anstehe, umfasst 120 Einheiten mit je 45 Minuten Länge und ein mehrtägiges Praktikum in Hospiz, Alteneinrichtung, Palliativstation oder auch Demenz-WG. Die Einsatzzeiten seien für die ehrenamtlichen Helfer weitgehend flexibel: „Doch natürlich muss niemand fürs Ehrenamt auf seine gewohnten Aktivitäten oder gar Urlaube verzichten.“

Die Arbeit von Andrea Reimann und Stefanie Schau beinhaltet darüber hinaus auch die Terminabsprachen mit den Schwerstkranken, Sterbenden und deren Angehörigen. Beide wollen ihnen den Weg zum Angebot der Caritas ebnen: „Wir Koordinatorinnen helfen gerne weiter. Es entstehen keine Kosten für unsere Klientel. Weder bei der Beratung noch bei der Begleitung.“

Die persönlichen Daten und Gespräche unterliegen der Schweigepflicht und dem Datenschutz. Daher ihr Appell an alle, die Begleitung auf ihrem letzten Weg brauchen und suchen: „Sprechen Sie uns einfach an

.“