Essen. Ab sofort sollen alle Essener Schulhöfe auch sonn- und feiertags geöffnet bleiben. Doch besonders Schulen im Norden fürchten Vandalismus.

Auf zwiespältige Reaktionen bei den Schulen stößt die Entscheidung der Essener Stadtspitze, dass sämtliche Essener Schulhöfe ab sofort auch sonn- und und feiertags geöffnet bleiben. Die Regel richtet sich an Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren und löst eine 51 Jahre alte Satzung ab. Seit 1971 galt: Schulhöfe sind nach Unterrichtsende nur an Werktagen geöffnet, im Sommer bis 19 Uhr und im Winter bis zum Anbruch der Dunkelheit.

Besonders im Norden der Stadt reagieren manche Schulleiterinnen und -leiter mit Zurückhaltung: „Wir haben große Sorge, dass dann die Vandalismus-Schäden zunehmen“, sagt ein Pädagoge aus Altenessen. Erst zuletzt sei ein Klettergerüst auf dem Hof seiner Schule ersetzt worden. Es habe zwei Jahre gedauert, bis das neue Gerüst montiert wurde.

Schulhöfe haben viele uneinsehbare Ecken – das zieht Jugendliche an

Schulhöfe sind wegen ihrer vielen uneinsehbaren Ecken beliebte Treffpunkte für Jugendliche. In manchen Vierteln stoßen Schulleiter montagmorgens nicht nur auf Pizzakartons, Bierflaschenscherben und Zigarettenkippen. Manche Pädagogen müssen auch vor Schulbeginn benutzte Spritzen von Drogenabhängigen aufheben, bevor die ersten Kinder das Gelände betreten.

Längst ist es nicht mehr üblich, dass ein Hausmeister im Schulgebäude wohnt und das Gelände somit stets bewacht ist. Die meisten Schulen müssen sich Hausmeister teilen. „Es passiert schon jetzt, dass im Schulgarten Beete zerstört werden, die die Kinder angelegt haben“, berichtet die Leiterin einer anderen Grundschule im Essener Norden.

In einigen Stadtteilen haben Grundschulen wegen andauernder Vandalismusprobleme Videoüberwachungen installiert. Es gilt als wahrscheinlich, dass diese Schulen – und womöglich viele andere – von dem angekündigten Recht Gebrauch machen, „eine abweichende Regelung herbeizuführen“. So hatte es die Stadt in Aussicht gestellt. Man wolle auf die „Besonderheiten an einigen Schulstandorten“ Rücksicht nehmen. Konkret heißt das: Wer begründen kann, dass der Schulhof besser sonntags geschlossen bleibt, kann auf eine entsprechende Genehmigung der Stadt hoffen.

Die Entscheidung gilt nach Angaben von Stadt-Sprecherin Jasmin Trilling nicht nur für Grundschulen, sondern auch für sämtliche weiterführenden Schulen. „Ich hätte Sorge, dass der Schulhof künftig ungehindert und intensiv für Partys und Treffen von Jugendlichen benutzt wird“, sagt spontan der Leiter einer Realschule im Stadtgebiet.

Stadt Essen öffnet sonntags Schulhöfe, weil in den meisten Stadtteilen Spielplätze fehlen

Die Verwaltung hatte die Entscheidung des Verwaltungsvorstands, die Höfe sonntags zu öffnen, damit begründet, dass in nahezu jedem Stadtteil Spielplätze fehlen. Schulhöfe seien „für die Kinder bekannte und vom Verkehr geschützte Spielorte.“ Dass Essen mit Spielflächen unterversorgt sei, habe eine aktuelle Erhebung von Grün und Gruga bestätigt.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine Elterninitiative im Stadtteil Gerschede: Dort war der Schulhof nach Beschwerden eines Anwohners über Lärm spielender Kinder immer schon freitagnachmittags nach Unterrichtsende geschlossen worden. Ein Sturm der Entrüstung brach los, Eltern organisierten einen Schließdienst für die Samstage. Knapp 1000 Unterschriften kamen zusammen, Politiker aus dem Stadtteil und Bezirk machten sich für die Belange der Familien stark. „In Gerschede gibt es kaum eine andere Möglichkeit für Kinder, zu spielen oder Rad zu fahren“, sagt Kathleen Lyß, die Pflegschaftsvorsitzende. Entsprechend dankbar sei man jetzt für den Grundsatzbeschluss der Stadt Essen.

Ob das Vandalismusproblem durch die Sonntagsöffnung wirklich größer werde, müsse man abwarten, sagen manche Schulleiter: „Es ist ja schon jetzt so – wer auf den Schulhof möchte, kommt trotz geschlossener Tore auch drauf“, heißt es vielerorts. Dass vor allem Jugendliche ihren Müll hinterlassen, sei im Übrigen kein exklusives Problem des Essener Nordens. Doch der Vandalismus ist südlich der A40 ganz offenbar weniger verbreitet: „Der hält sich in minimalen Grenzen“, bestätigt Anke Seifert, Leiterin der Ardey-Grundschule in Rellinghausen. Sie begrüßt die Sonntagsöffnung der Schulhöfe ausdrücklich.