Essen. Philharmonie Essen präsentiert „Sounds Of East To West“. Auch Geflüchtete von einst stehen beim Festival nun als Weltmusik-Akteure auf der Bühne.

Musik, da sind sich alle einig, ist eine Sprache, die über alle Landesgrenzen funktioniert. Manchmal jedoch gerät die Verständigung an den Türen zu den Konzertsälen trotzdem ins Stocken. Weil drinnen gespielt wird, was draußen nicht zum vertrauten Klangkosmos gehört. Die Philharmonie Essen will die Türen ein Stück weiter offen halten. Mit dem Weltmusik-Festival „Sounds of Heimat“ wurde 2018 ein neues Format geschaffen, das die Künstlerszene und die Musiktradition anderer Kontinente in den Mittelpunkt rückt. Auf die „Sounds of Africa“ folgen nun die „Sounds Of East To West“. Vom 12. bis 15. Mai steht die Musik des Orients in all ihren Facetten auf dem Programm.

Das Angebot reicht von Konzerten über Kinderprogramme und Filme bis zu Podiumsdiskussionen. Und beim großen Fest der Kulturen am Samstag, 14. Mai, ab 16 Uhr im Essener Stadtgarten darf das Publikum bei freiem Eintritt nicht nur den Klängen von besonderen Instrumenten wie Oud oder Darbuka lauschen, sondern auch orientalische Spezialitäten kosten, einen Kalligrafiekurs besuchen oder im Percussion-Workshop selber die Rhythmik des vorderasiatischen Raums kennenlernen.

Die gefeierte Sängerin Aynur vereint die Sehnsucht traditioneller, kurdischer Klagelieder mit westlichen Einflüssen.
Die gefeierte Sängerin Aynur vereint die Sehnsucht traditioneller, kurdischer Klagelieder mit westlichen Einflüssen. © Mushin Akgün

Für Marie-Babette Nierenz, Leiterin der Essener Philharmonie, ist das Festival, das mit Unterstützung der Krupp-Stiftung ermöglicht wird, ein großes Anliegen. Es sei die Aufgabe eines Konzerthauses, „alle Musikstile abzubilden“. Neben großen Orchestern, Chormusik, Jazz oder Entertainment sei das selbstverständlich auch die Weltmusik. „Die Philharmonie ist als Haus für alle Essener eröffnet worden, das wollen wir auch immer wieder unter Beweis stellen.“ Damit die Einladung auch ankommt, hilft das Kommunale Integrationszentrum der Stadt Essen mit. Dort sorgt man dafür, dass die Programmflyer zu den entsprechenden Migrantenverbänden und Bildungseinrichtungen gelangen.

Musikerinnen und Musiker aus dem Iran, dem Libanon, der Türkei, aus Tunesien und Syrien kommen für das Weltmusik-Festival nach Essen. Manche von ihnen seien während der Flüchtlingskrise 2015 als Geflüchtete nach Deutschland gekommen und stünden nun als bedeutende Akteure der Weltmusik auf der Bühne, freut sich Marie-Babette Nierenz. Sie treffen auf etablierte Stars der Szene wie die gefeierte Sängerin Aynur, den tunesischen Meister der Kurzhalslaute Oudm Anouar Brahem und den syrischen Klarinettisten und Opus-Klassik-Preisträger Kinan Azmeh, der am 13. Mai, 19 Uhr, in der Philharmonie mit seiner 2006 in New York gegründeten „City Band“ zu Gast ist.

Im Stadtgarten wird ein großes Fest der Kulturen gefeiert

Aber auch jüngere Formationen sind dabei wie das Ensemble Mondomuziko NRW, ein multinationales Kooperationsprojekt nordrhein-westfälischer Musikschulen, oder das AABF Orchester mit Baglama-Spielern und Sängerinnen und Sängern der Alevitischen Gemeinde Deutschlands. Beide Gruppen gestalten Open-air das Konzertprogramm beim großen Weltmusikfest im Stadtgarten am 14. Mai, das um 20.15 Uhr bei freiem Eintritt mit einem Auftritt der international gefragten Morgenland All Star Band ausklingt, die herausragende Künstler des Vorderen Orients mit hiesigen Jazzgrößen vereint.

Der als „syrischer Troubadour“ bekannte Sänger Ibrahim Keivo lässt das Festival am 15. Mai, ab 18 Uhr, zusammen mit der syrischen Jazz-Formation Hewa ausklingen. In den Stücken der Musiker verbinden sich Elemente westlicher Klassik mit arabischen Musiktraditionen und Einflüssen des Jazz zu einer faszinierenden Mischung. Und auch die ausdrucksstarke Sängerin Aynur verbindet ab 20.30 Uhr Lieder aus ihrer kurdischen Heimat mit Elementen aus Pop, Klassik und Jazz.

Ein Teil des Kartenkontingents geht auch an Geflüchtete aus der Ukraine

Dass Essener Vereine wie der RAA, Verein für gegenseitigen Respekt, Anerkennung und Achtsamkeit, oder der MKB, Verein für Medien, Bildung und Kultur, als Multiplikatoren für das Festival fungieren, sei eine wichtige Unterstützung „für die Brücken, die wir bauen möchten“, sagt die Philharmonie-Leiterin Marie-Babette Nierenz. Ein Teil der beispielsweise vom RAA gekauften Konzerttickets sei außerdem kostenlos an Geflüchtete aus der Ukraine weitergegeben worden. „Aus ehemals Geflüchteten werden nun Helfer für Neuankömmlinge“ freut sich Tuncer Kalayci vom Essener Integrationsrat