Essen. Der Wasserturm am Steeler Berg steht sinnbildlich für die Essener Tafel und ihren Chef Jörg Sartor. Warum die Zeit hier trotzdem bald abläuft.
Seit vielen Jahren ist der Wasserturm am Steeler Berg die Zentrale der Essener Tafel, und zum kämpferischen Wesen von Tafel-Vorsitzender Jörg Sartor will der Trutzbau durchaus passen. Doch als Sitz für ein Unternehmen mit 120 ehrenamtlichen Mitarbeitern und rund 5000 Kunden war der Turm nie gedacht. Für Sartor ist deshalb klar, dass die Tafel in absehbarer Zeit umziehen muss, um leistungsfähig im Sinne ihres gemeinnützigen Auftrags zu bleiben.
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Wann und wohin es die Tafel zieht, will er nicht sagen: „Die politischen Entscheidungen sind offiziell noch nicht gefallen, daher halte ich mich zurück.“ Aus Verwaltungskreisen ist aber zu hören, dass die Einrichtung zur Verteilung überzähliger Lebensmittel in der Nähe bleiben und voraussichtlich ein leerstehendes städtisches Gebäude bekommen wird. Noch seien aber Details zu klären.
Im Wasserturm müssen Waren und Kunden durch einen kleinen Eingang
Wäre mit einem größeren Gebäude der für Mai angekündigte Aufnahmestopp vielleicht zu vermeiden, zumindest hinauszuzögern? So einfach sei es nicht, meint Sartor. Wünschenswert wäre der Umzug aber auf jeden Fall: „Hätten wir ein Gebäude wie zum Beispiel einen Supermarkt, einen Flachbau mit 2000 Quadratmetern, wäre alles viel einfacher.“ Im Wasserturm müssen die Waren durch einen kleinen Eingang, ebenso Mitarbeiter und Kunden. Für die Größe, die die Tafel vor fast zwei Jahrzehnten hatte, sei das allemal ausreichend gewesen. Doch für die heutigen Dimensionen genüge das nicht mehr und es erschwere die Arbeit unnötig.
Begonnen hat man mal mit einem Transporter, inzwischen stehen sieben am Wasserturm. „Es könnten auch zehn sein, aber mir ist wichtig zu betonen, dass wir trotz unserer Kapazitätsgrenzen die größeren Supermärkte alle anfahren.“ Kleinmengen allerdings lasse man liegen. „Wir können nicht wegen drei Broten quer durch Essen fahren“, so Sartor. Aufwand und Ertrag müssten zusammenpassen, Effizienz gelte durchaus auch für Tafeln. Auch daran sei zu denken, wollte man einen Aufnahmestopp vermeiden und die Zahl der Berechtigten weiter erhöhen.
Auch die ehrenamtlichen Strukturen der Tafel kommen an Grenzen
An Grenzen komme man aber auch mit den ehrenamtlichen Strukturen. Sieht man ab von vier Hilfskräften, für die es Zuschüsse vom Amt gibt, lebt die Essener Tafel ausschließlich vom Ehrenamt – und zwar angefangen bei Sartor selbst, der faktisch Geschäftsführer ist, aber nicht so heißt. Der frühere Bergmann, der rüstig mit 49 in Rente gehen konnte, ist seit Jahren praktisch jeden Tag im Wasserturm und denkt nach eigenen Angaben auch jetzt, mit fast 66, noch nicht ans Aufhören.
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Das gilt, obwohl die Essener Tafel unter den Großstadt-Einrichtungen dieser Art schon fast ein Unikat ist. Vielfach gebe es Geschäftsführer und hauptamtliche Stäbe, weiß Sartor, er selbst aber ist nach wie vor der Meinung, dass zur Tafel-Idee die Ehrenamtlichkeit am besten passt. Auch wenn das vielleicht selbst in Essen irgendwann nicht mehr durchzuhalten ist.